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13. Mai 2023, 12:05 Uhr

15 000 Ziegel für ein neues Dach - aber Photovoltaik ist verboten

Lesedauer: ca. 2min 59sec
Holger Rodiek vor seinem Gulfhof in Freepsum. Das Dach musste dringen saniert werden, der Denkmalschutz entschied immer mit. Aber ein Abriss und Neubau kam für ihn trotzdem nicht in Frage.

Holger Rodiek vor seinem Gulfhof in Freepsum. Das Dach musste dringen saniert werden, der Denkmalschutz entschied immer mit. Aber ein Abriss und Neubau kam für ihn trotzdem nicht in Frage. © hw

Freepsum Auf dem Gelände des Kulturhofs in Freepsum stehen mehrere Handwerker-Bullis und ein großer Kran. Das Gebäude ist ummantelt von einem großen Baugerüst. Auf dem Dach arbeiten eine handvoll Dachdecker, die in den kommenden Wochen insgesamt 15000 Tonpfannen verlegen werden. Jede Pfanne wiegt 2,9 Kilo, das neue Dach wird also knapp 42 Tonnen Gewicht tragen müssen. An einer der Außenmauern brechen Maurer die alten Steine heraus, um sie später wieder neu aufzuziehen. Bis alles fertig ist, werden noch Wochen vergehen, sagt Bauherr Holger Rodiek bei einem Rundgang über den Hof.

Es gibt noch vier Gulfhöfe in Freepsum

In Freepsum gibt es aktuell noch vier Gulfhöfe – es waren mal neun. Die meisten der ortsprägenden Gebäude sind zwischen 1970 bis 2019 verschwunden, weil es für sie einfach keine Nutzung mehr gab, sagt Rodiek. Holger Rodiek und seine Frau Lydia Kuhlmann-Rodiek haben ihren Gulfhof aus den 1850er-Jahren vor etwa 20 Jahren gekauft. Scheune und Pferdestall bauten sie zum Veranstaltungsort um, im Wohnbereich leben sie selbst.

Nicht mehr laut, nicht mehr kalt - dank Dämmung

Bei den aktuellen Arbeiten wird das Dach energetisch erneuert und gedämmt. „Dazu wurde es neu verschalt und mit einer Reflexionsdämmfolie versehen.“ Der Effekt ist jetzt schon spürbar. „Man merkt die Wärmedämmung total. Es ist auch nicht mehr so laut, wenn es draußen weht“, sagt Lydia Kuhlmann-Rodiek. Auch die Außenmauern, Fenster, Türen und Tore werden erneuert.

Dabei soll später möglichst alles so aussehen, wie zum Zeitpunkt der Erbauung. „Dazu schauen wir uns gemeinsam mit dem Architekten zum Beispiel Fotos aus den 50er-Jahren an. Wie mag das damals wohl ausgesehen haben?“, sagt Holger Rodiek. Da das Dach durch die Sanierung etwa zehn Zentimeter höher wird, müssen die Maueranschlüsse angepasst werden. Die Maurer wiederum machen Platz für die neuen Sprossenfenster, die – nach originalem Vorbild – höher werden als die aktuellen Fenster. Die Arbeiten der verschiedenen Firmen greifen also ineinander über.

Das kostet die Sanierung

Die Kosten für die Sanierung muss das Ehepaar zu Teilen selber aufbringen. Das Amt für regionale Landentwicklung fördert das Vorhaben mit 116000 Euro, die Stiftung Denkmalschutz mit 100000 Euro und der Landkreis Aurich mit 60000 Euro. Bleiben Restkosten in Höhe von etwa 200000 Euro. Eine Summe, für die man sich auch ein neues Haus hätte bauen können. Doch das kommt für das Ehepaar nicht in Frage. „Allein energetisch gesehen ist es immer ein Desaster, bestehende Gebäude abzureißen“, sagt Holger Rodiek. Die Fördermittel gibt es nur für den Substanzerhalt und nicht für die technische Sanierung des Hauses.

Photovoltaik geht nicht

Zu Beginn der Sanierungsplanungen hatte es zunächst einen Dämpfer gegeben, als die Stiftung Denkmalschutz festgeschrieben hatte, dass die Photovoltaikanlage, die sich vor der Sanierung auf dem Dach befand, anschließend nicht wieder angebracht werden dürfe. Eine solche PV-Anlage vertrage sich nicht mit einem denkmalgeschützten Gebäude, hieß es dazu damals. Hat sich in der Zwischenzeit etwas getan? „Ich denke, dass sie ihre Positionen ändern werden“, sagt Rodiek. Es sei logisch, dass während der aktuellen Energiekrise nicht nur bei Neubauten auf erneuerbare Energien gesetzt werden müsse, sondern auch bei historischen Gebäuden.

Die damalige PV-Anlage war satte 400 Quadratmeter groß und 18 Jahre alt. Heutzutage wäre dank technischer Entwicklung bei gleichem Ertrag nur noch eine Fläche von etwa 100 Quadratmetern notwendig. Eine Entscheidung dazu steht aber aktuell noch aus.

So geht es weiter

Ursprünglich wollte das Ehepaar Ende Mai mit den Renovierungsarbeiten fertig sein. „Das ist aber nicht mehr zu schaffen“, sagt Lydia Kuhlmann-Rodiek. Das regnerische Wetter im März habe die Dachdecker aufgehalten. Nun hoffen die beiden, dass im Sommer die Fenster eingebaut werden können und spätestens zum Ende des Herbstes alles fertig wird. „Es würde mich frustrieren, wenn beim internationalen Gitarrenfestival im September noch ein Gerüst stehen würde“, sagt Holger Rodiek.

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