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22. August 2023, 18:04 Uhr

Auch nach sechs Jahren ist nicht klar, ob es eine Vergewaltigung war

Er spricht von einvernehmlichen Sex, sie davon, dass sie gezwungen wurde: Eine Soldatin und ein Soldat der Wittmunder Kaserne haben unterschiedliche Erinnerungen.

Lesedauer: ca. 2min 13sec
Soldatin (Symbolfoto)

Soldatin (Symbolfoto) © KI/Bing

Wittmund/Aurich Sechs Jahre lang befasste sich die Justiz mit einem Fall von Vergewaltigung, die im Sommer 2015 in der Wittmunder Kaserne stattgefunden hat. Ein heute 47-jähriger Soldat soll auf seiner Stube mit einer Kameradin gegen deren Willen den Geschlechtsverkehr durchgeführt haben. Erst jetzt – acht Jahre nach der Tat - wurde das Strafverfahren durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG) rechtskräftig abgeschlossen. Es bleibt damit bei einer Verurteilung durch eine Berufungskammer des Landgerichts Aurich zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten.

Vieles ist unklar

Das Verfahren war geprägt von unterschiedlichen Darstellungen der Beteiligten und ebenso unterschiedlichen Sichtweisen der Justiz. So war bereits strittig, ob der Soldat und seine Kollegin vor der Tat eine Liebesbeziehung hatten, die vom Angeklagten wegen schlechten Gewissens seiner Frau gegenüber beendet wurde.

Fest stand nur, dass mehrere Soldaten, darunter auch die Frau, die dienstfrei hatte, miteinander in einer Wittmunder Gaststätte feierten und Alkohol tranken. Einige wollten dann auf der Stube des Angeklagten noch einen Absacker nehmen. Die Frau schloss sich ihnen an. Sie wollte schließlich wegen ihres Alkoholkonsums beim Angeklagten übernachten.

Die Schilderungen, was dann in der Nacht geschah, gingen weit auseinander. Die Frau behauptete, der Angeklagte habe plötzlich vor ihrem Bett gestanden und sie dann vergewaltigt. Nach Darstellung des Angeklagten war es ein kurzer einvernehmlicher Geschlechtsverkehr, wobei die Initiative von der Soldatin ausgegangen sei.


Langsames Verfahren

Die Frau wollte den Angeklagten eigentlich nicht anzeigen. Sie verlangte von ihm nur, dass er sich versetzen lassen sollte, was der Angeklagte ablehnte. Sie erzählte einer Freundin von dem Geschehen, die sie wiederum zur Gleichstellungsbeauftragten schickte. Dann kam das strafrechtliche Verfahren ins Rollen.

Und es rollte sehr langsam. Im April 2017 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten zu einer Bewährungsstrafe von 14 Monaten. Es folgte ein Jahr später in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht Aurich ein Freispruch. Das OLG hob auf Revision der Nebenklägerin das Urteil auf. Eine zweite Berufungskammer verurteilte den Angeklagten daraufhin im April 2019 zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten.

Erneut hob das OLG das Urteil auf und ordnete eine aussagepsychologische Begutachtung der Nebenklägerin an. Im Juni vergangenen Jahres folgte dann die letzte Verurteilung zu wiederum zehn Monaten mit Bewährung von der inzwischen dritten Berufungskammer des Landgerichts Aurich. Dieses Urteil hat das OLG Oldenburg nun bestätigt. Ein Rechtsmittel dagegen steht nicht mehr offen.

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