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29. Juni 2023, 14:04 Uhr

Emden angelt sich Energiewende-Projekt

Es ist nicht die ersehnte Batterie-Produktion, aber doch ein mutmaßlich großer Wurf für den Wirtschaftsstandort Ostfriesland:

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Zwischen Hafen und Knock liegt der Wybelsumer Polder. Hier wird Livista Energy Europe bis 2026 eine Lithium-Raffinerie bauen. Die Stadt Emden erwartet davon einen Pull-Effekt. Foto Tobias Bruns

Zwischen Hafen und Knock liegt der Wybelsumer Polder. Hier wird Livista Energy Europe bis 2026 eine Lithium-Raffinerie bauen. Die Stadt Emden erwartet davon einen Pull-Effekt. Foto Tobias Bruns © Tobias Bruns

Emden Es ist nicht die ersehnte Batterie-Produktion, aber doch ein mutmaßlich großer Wurf für den Wirtschaftsstandort Ostfriesland: Das luxemburgische Chemieunternehmen Livista Energy Europe investiert massiv, kolportiert wird eine Summe von 600 Millionen Euro, in den Bau einer Lithium-Raffinerie im Emder Hafengebiet. Die Grundsatzvereinbarung zwischen der Firma und dem Hafenbetreiber Niedersachsen Ports (NPorts) wurde am Mittwoch im Emder Rummel unterzeichnet, der Produktionsstart wird angepeilt für das Jahr 2026.

Energiecluster Ostfriesland

Mit den Vertragsunterschriften feiert die Seehafenstadt den erfolgreichen Abschluss eines drei Jahre andauernden Verhandlungsmarathons. Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff (parteilos) äußerte sich anschließend entsprechend erfreut über den Deal: „ Eine wichtige Entscheidung für den Wirtschaftsstandort Emden, sie ergänzt unser Energiecluster Ostfriesland und wird eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in der Region schaffen.“ Der Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft werde durch eine Kooperation von Livista und Hochschule Emden-Leer sichergestellt, Emden würde durch neue Fähigkeiten und Kompetenzen im Bereich des kritischen Rohstoffs in den Exzellenzpool für die Energiewende eingebunden.

Bestätigt sieht sich auch NPorts-Geschäftsführer Holger Banik. Auf die Ausschreibung hafennaher Flächen habe es eine Vielzahl guter Bewerbungen gegeben. „Das zeigt uns, wie attraktiv und zeitgemäß unser Flächenangebot in den Häfen ist“, so Banik. Die Häfen seien entscheidende Standorte für die Energieversorgung und -sicherheit sowie Innovationen.

Für Daniel Bloor, den Geschäftsführer von Livista Energy Europe, ist die Ansiedlung in Emden „der Beginn unserer Reise, um die Ziele der europäischen Energiewende, der Kreislaufwirtschaft und der Energie- und Rohstoffunabhängigkeit zu erreichen“. Die Lithium-Raffinerie am Wybelsumer Polder soll bis 2030 gut die Hälfte seiner Anlagenkapazität mit recycelten Rohstoffen betreiben. Dass das eine erhebliche Menge an wiedergenutzten anstatt entsorgten Rohstoffen bedeutet, zeigt Bloors Ankündigung, jährlich genügend Lithium in Batteriequalität für die Produktion von bis zu 850 000 Elektrofahrzeuge liefern zu wollen. Das wären bis zu 40 000 Tonnen Lithiumprodukte, davon 30 000 Tonnen Lithiumhydroxid sowie 10 000 Tonnen Lithiumcarbonat. Das Leichtmetall Lithium ist essenziell für die Herstellung wiederaufladbarer Batterien. Da der Bedarf an Lithium hoch ist, der Rohstoff aber selten, setzt Livista auf das Recycling. Die zukunftsweisende Anlage wird in der Lage sein, verschiedene Arten von Lithiumquellen und Rohstoffen zu verarbeiten und zu verbessern. Dazu gehören Spodumen-Gestein aus Australien und Afrika, Sole aus Südamerika sowie Lithium-Zwischenprodukte aus recycelten Batteriematerialien.

Livista Energy Europe, gegründet im Jahr 2019, gibt an, Europas Lieferketten für Elektrofahrzeuge und Batterien verbessern zu wollen. Bisher werden alle Lithium-Raffinerien in Asien betrieben. Durch die Ansiedlung in Emden sollen europäische Auto- und Batteriehersteller in der Lage sein, zukünftige EU-Vorgaben zu erfüllen. Bis 2030 sollen alle in Europa hergestellten Batterien einen Mindestanteil an Lithiumbatterieprodukten aus lokaler Produktion enthalten, so das Unternehmen.

Zweite Anlage ist bereits geplant

Die Umsetzung der Anlage wurde an Technip Energies vergeben, ein französisches Ingenieur- und Technologieunternehmen, das in der Energiewirtschaft und im Chemiesektor tätig ist. Technip Energies hat das Ausschreibungsverfahren gewonnen und ist verantwortlich für die technische Entwicklung, erste Beschaffungsaktivitäten, Kostenschätzungen sowie alle erforderlichen Genehmigungsarbeiten für den Bau der ersten Anlage und die Erweiterung um eine Anlage am gleichen Standort. Zudem wird auf Basis des ersten Raffinerieentwurfs eine Vorprüfung für eine mögliche zweite Raffinerie durchgeführt.

Einen Pull-Effekt erwartet Emdens zum 30. Juni ausscheidender Wirtschaftsförderer Stefan Klaassen, der als maßgeblicher Initiator der Ansiedlung Livistas gilt: „Die Lithium-Raffinierie legt den Grundstein für das nordwestliche Energie-Hub Europas und wird weitere bedeutende Akteure der Energiewende anziehen.“ Emden würde so ein zentraler Bestandteil der Transformation hin zur Elektromobilität.

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