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25. April 2023, 06:30 Uhr

Nasse Winter und Starkregen gefährden Ostfriesland

Auch eine Auswirkung des Klimawandels: Bald müssen extreme Wassermengen gesielt werden. Die Verbände fordern Millioneninvestitionen.

Lesedauer: ca. 2min 12sec
Je mehr rot, desto höher der Wasserstand, wenn die Sielwerke ausfallen.

Je mehr rot, desto höher der Wasserstand, wenn die Sielwerke ausfallen. ©

Ostfriesland/Norden In nüchterner Gründlichkeit hielten zwei Wissenschaftler einen langen Vortrag voller Grafiken, Zahlen und Eventualitäten. Das Fazit ist klar: Ohne Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe wird Ostfriesland das nächste Jahrhundert nicht erleben.

Zumindest nicht trocken.

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Der menschengemachte Klimawandel verursacht nicht nur heiße, trockene Sommer, sondern auch eine andere Verteilung der Niederschlagsmengen – und mehr Regen wird es insgesamt auch.

Um rund 25 Prozent wird die Wassermenge steigen, die künftig aus dem Land heraus ins Meer gesielt werden muss, sagte Dr. Helge Bormann von der Jade-Universität voraus. Die Atmosphäre nehme mehr Energie von der Sonne auf, es verdunstet also mehr Wasser, und das regnet dann verstärkt wieder heraus. Vor allem im Winter und häufig als „Starkregen“.

Vertreter der vier Entwässerungsverbände in Ostfriesland und Wissenschaftler aus Oldenburg und Wilhelmshaven gestern am Sperrwerk Leyhörn: Es ist Zeit zu handeln. Foto: Stefan Bergmann

Vertreter der vier Entwässerungsverbände in Ostfriesland und Wissenschaftler aus Oldenburg und Wilhelmshaven gestern am Sperrwerk Leyhörn: Es ist Zeit zu handeln. Foto: Stefan Bergmann ©

Ein Horrorszenario

Wenn dann die veralteten Sielwerke ausfallen oder es keinen Strom gibt, dann versinkt Ostfriesland in den Wassermassen. Dieses Horrorszenario liegt nicht so fern in der Zukunft, wie man es wünschen mag. Setzt sich der Klimawandel so fort wie bisher, wird es schon in 30 Jahren kritisch, meint Bormann. Die Sommer werden dürrer, die Winter nasser.

Die, die sich gestern im Sperrwerk Leyhörn zum wissenschaftlichen Exkurs versammelt hatten, waren die Vertreter der vier Entwässerungsverbände in Ostfriesland. Allein Aurich ist fein raus. Es liegt bereits so hoch, dass es nicht viel befürchten muss bei Hochwasser. Doch die anderen Gebiete benötigen dringend einen besseren Hochwasserschutz, betonte Emdens Obersielrichter Reinhard Behrends.

Was ist zu tun? Einen Überblick gab Jan Spiekermann von der Uni Oldenburg: Alte Schöpfwerke modernisieren und erweitern, neue Schöpfwerke bauen (auch im Binnenland) und Wasserrückhalteflächen an Land schaffen. Diese würden eingedeicht und bei Bedarf, also wenn es lange regnet und Schöpfwerke nicht mehr hinterherkommen, vollgepumpt.

Großes Meer noch größer

Eine billige und schon jetzt machbare Variante eines Regenrückhaltebeckens stellt das Große Meer dar. Da waren sich Wissenschaft und Sielrichter einig. „Würden wir den Wasserspiegel des Großen Meers im Notfall um 30 Zentimeter erhöhen, dann könnte es eine Million Kubikmeter Wasser kurzzeitig speichern“, sagte Behrends, „wir sollten es einmal ausprobieren!“

Doch das Große Meer allein wird nicht reichen, Bormann schätzt die jährliche zusätzliche Wassermenge auf 20 Millionen Kubikmeter.

Ostfriesland steht vor großen Veränderungen. Die wissenschaftliche Basis steht, selbst eine Priorisierung haben die Forscher geliefert. Zunächststünde Emden mit seinen zahlreichen Kanälen und dem Ems-Jade-Kanal als Hauptentwässerungsader des südlichen Ostfrieslands im Fokus.

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