Feuerwehr im Wandel: Mehr als nur Brände löschen

Von Christian Schmidt

Die Feuerwehr rückt auch aus, wenn es gar kein Feuer gibt.

Norden Wie viele Kinder träumten nicht davon, Feuerwehrmann zu werden. So wie Grisu, der kleine Drache, der mit großem Helm auf dem Kopf und Wasserschlauch in der Hand Brände löschen wollte. Das Idealbild dieses Berufs bedeutet ja, dass der Feuerwehrmann – oder auch die Feuerwehrfrau – sich im großen roten Einsatzfahrzeug auf den Weg macht und Menschen vor tödlichen Flammen rettet.

Im Jahr 2022 waren es 123370 Einsätze, zu denen die niedersächsischen Feuerwehrleute ausrückten. Grisu wäre dabei aber nicht immer auf seine Kosten gekommen. Denn zum Tätigkeitsbereich der Helfer gehört es eben nicht nur, Flammen zu ersticken. Oftmals werden die Männer und Frauen auch von Sanitätern um Hilfe gebeten, wenn zum Beispiel Krankentransporte oder Notfalltüröffnungen vorgenommen werden müssen. Macht so etwas den Feuerwehrleuten eigentlich Spaß?

Ja, versichern Thomas Kettler und Thomas Weege von der Freiwilligen Feuerwehr in Norden. Denn sie haben es „in den meisten Fällen mit echten Notsituationen zu tun, bei denen wir Menschen mit unserer Leistung konkret helfen konnten“. Das sei das Wichtige in ihrem Beruf. Da sich die Hilfesuchenden bedanken, kehren die Einsatzkräfte stets mit einem positiven Eindruck in ihre Zentrale zurück. „Solange wir nicht den Eindruck haben, dass unsere Hilfe ausgenutzt wird, helfen wir gern“, versichern Kettler und Weege.

Wird es immer mehr?

Im ersten Halbjahr 2024 waren die Norder Feuerwehrleute 36 Mal im Einsatz, wenn es nicht gebrannt hatte, sondern sie zur Unterstützung angefordert wurden. Bislang ist dies deutlich weniger als im Vorjahr. Damals rückten sie innerhalb von zwölf Monaten 83 Mal aus, um zu helfen. Notfalltüröffnungen (18 Mal) und die Unterstützung des Rettungsdienstes (17 Mal) lagen dabei fast gleichauf an der Spitze.

Tendenziell geht es für solch geartete Einsätze also abwärts – und doch haben Bürgerinnen und Bürger immer wieder den Eindruck, dass die Norder Feuerwehr immer häufiger unterwegs ist, auch wenn es nicht brennt. „Den Eindruck haben wir auch“, geben Weege und Kettler zu. Aber dies ließe sich relativ einfach begründen: „Die Freiwillige Feuerwehr Norden ist nicht nur für den Schutz von über 25.000 Einwohnern zuständig, sondern auch für den von über 300.000 Übernachtungsgästen der Stadt sowie mehreren Millionen durchreisenden Gästen zu den Ostfriesischen Inseln.“ Zudem fordere der Rettungsdienst oftmals Drehleitern zum Patiententransport an - und die Feuerwehr Norden hat die Einzige auf dem Festland. Darum ist sie regelmäßig in der Region unterwegs.

Nicht unterschlagen sollte man, dass die Norder Brandbekämpfer nur zwei Standorte besitzen, von denen sie losfahren. Während es in anderen Gemeinden und Städten anders strukturiert ist, fährt das Norder Team lediglich vom Hilfeleistungszentrum und von Leybuchtpolder ab.

Besser ausgestattet

Ein weiterer Grund, warum die Feuerwehr so oft von Rettungskräften gerufen wird, hängt auch mit ihrer Ausstattung zusammen. So besitzt sie beispielsweise Schleifkorbtragen, die oftmals benötigt werden. „Viele Senioren leben in ihrem Eigenheim, also in älteren Gebäuden, in denen man mit Krankentragen nicht oder nur schwer vorankommt“, verraten die Norder Stadtbrandmeister.

Und die Notfalltüröffnungen? Auch dies läge an der Bevölkerungsstruktur. Die Norder seien älter und viele Senioren lebten allein, wie der KURIER bereits berichtete. „Es ist somit niemand im Haus, der dem Rettungsdienst die Tür öffnen kann“, wissen Kettler und Weege, die dann alarmiert werden.

Feuerwehrkosten kommen auf Menschen in Notlagen übrigens nicht zu. Die Rettung aus Gefahr ist nach dem niedersächsischen Brandschutzgesetz unentgeltlich und wird von der Allgemeinheit bezahlt. Ausnahmen, in denen beispielsweise der Rettungsdienst unterstützt wird, und eine Umrechnung über die Krankenkasse erfolgt, seien sehr selten. „Wenn wir angefordert werden, geht es in der Regel um Rettung“, sagen die Norder Feuerwehrmänner abschließend. Daran dürfte man denken, wenn die Sirenen das nächste Mal aufheulen und keine Rauchsäule zu sehen ist.