Angeklagter hält sich für den Teufel – und für den „Duke of Wales“
Einem 48-jährigen Wittmunder werden zwölf Straftaten vorgeworfen, doch seine geistige Gesundheit steht im Fokus
Aurich/Wittmund In zwei Anklageschriften werden einem 48-jährigen Wittmunder vor dem Landgericht Aurich insgesamt zwölf Straftaten zur Last gelegt. Es ist allerdings fraglich, ob er dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Denn Richter Jan Klein erteilte gleich zu Beginn des Prozesses den rechtlichen Hinweis, dass möglicherweise auch eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht kommen könnte.
Dass der Angeklagte womöglich psychisch schwer krank ist, zeigte sich im Gerichtssaal noch während der Richter die Personalien des Wittmunders abfragte. „Ich will überhaupt keine Aussage machen. Ich bin Diplomat“, kündigte der 48-Jährige an. Ähnlich merkwürdige Behauptungen stellte er auch während einiger seiner Taten auf.
Da sind beispielsweise die Ladendiebstähle. So soll der Angeklagte am 16. Oktober vergangenen Jahres in einem Supermarkt seinen Einkaufswagen mit Waren im Wert von rund 80 Euro gefüllt haben und damit einfach an der Kasse vorbei spaziert sein. Eine Verkäuferin fragte bei ihrer Kollegin nach, ob er dort die Waren bezahlt habe, was aber nicht der Fall war. „Ich bin zu ihm hingegangen und habe höflich gefragt, ob er mir seinen Kassenbon zeigen könnte“, erzählte die Wittmunderin im Zeugenstand. „Er sagte, er bräuchte mir den Kassenbon nicht zeigen. Der Laden würde seiner Mutter gehören.“ Auf die Frage, wer denn seine Mutter sei, war für die Verkäuferin klar, dass die Behauptung des Angeklagten nicht der Realität entsprach.
Auch gegenüber den herbeigerufenen Polizisten machte der 48-Jährige wirre Angaben. Er wiederholte, dass er keinen Ladendiebstahl begangen habe, weil er doch der Sohn der Ladenbesitzerin sei. Nach seinen Personalien gefragt, identifizierte sich der Angeklagte als ein englischer Adeliger. Schließlich sei man hier ja auch in England.
Es war nicht der einzige Ladendiebstahl, der dem Angeklagten von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird. So soll er sich in einem Schuhgeschäft ein Paar Schuhe und in einer Tankstelle Tabak und Blättchen angeeignet haben, ohne den fälligen Obolus zu entrichten.
Weitaus beängstigender sind die Taten, unter denen die Nachbarn des Angeklagten zu leiden hatten, mit denen er gemeinsam in einem Mietshaus lebte. Von März bis Oktober vergangenen Jahres kam es laut Anklage immer wieder zu Vorfällen, die die Nachbarn nicht nur empörten, sondern auch verängstigten. Demnach wurden die Nachbarn immer wieder massiv beleidigt und sogar mit dem Tode bedroht.
So soll sich der Wittmunder im Mai 2023 vor das Küchenfenster der Nachbarn im Erdgeschoss gestellt und hineingerufen haben: „Ich bin der Teufel und werde euch umbringen. Ich zünde jetzt gleich eure Wohnung an.“
In einem anderen Fall zerstörte er mit einem Zimmermannshammer das Vorhängeschloss des Stromkastens und nahm eine Sicherung heraus, sodass die Nachbarn keinen Strom mehr hatten. Gegenüber den Polizisten, die von den Nachbarn alarmiert worden waren, stellte sich der Angeklagte als „Duke of Wales“ vor. Er behauptete, den Stromkasten nur aufgebrochen zu haben, weil sein Nachbar ihm den Strom abgestellt hätte.
Später ging er mit dem Hammer in der Hand wieder nach unten zu den Nachbarn, schlug mit der Faust gegen die Tür, kratzte mit dem Hammer über die Scheibe und forderte den Nachbarn auf, herauszukommen. „Ich schmeiß dich gleich durch die Wand“, soll der Wittmunder gerufen haben. Einige Monate zuvor soll der 48-Jährige angekündigt haben, den Nachbarn mit einem Hammer totzuschlagen.
Der Prozess wird fortgesetzt.