Asbest in der Forschungsstelle?

Mitarbeiter verklagt das Land Niedersachsen wegen angeblicher Verheimlichung der Schadstoffbelastung

Bis 2021 hatte die Forschungsstelle Küste ihren Sitz auf Norderney unter der Adresse An der Mühle, direkt neben der Inselmühle. Ab 1935 wurden hier angeblich bombensichere Häuser gebaut, um das Personal der insularen Luftwaffe unterzubringen. Gegen die Umsiedlung der Forschungsstelle nach Norden/Norddeich gab es nicht nur lokale Proteste. Sollte sich der Verdacht einer Schadstoffbelastung jedoch bestätigen, kann jeder froh sein, nicht mehr in diesem Gebäude arbeiten oder wohnen zu müssen.

Ein Mitarbeiter der Forschungsstelle Küste, die seit 2005 dem Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) angegliedert ist, verklagt zur Zeit das Land Niedersachsen wegen der Verheimlichung einer Asbestbelastung. In der vergangenen Woche ist vor dem Amtsgericht in Norden am Mittwoch ein Prozess gestartet, in dem der Mann der NLWKN vorwirft, dass die Gebäude der Forschungsstelle Küste auf Norderney mit Schadstoffen belastet sind. Nach seiner Aussage seien er und seine Familie, als Mitarbeiter und Mieter, einer Schadstoffbelastung ausgesetzt gewesen. Angeblich soll es sogar ein Gutachten über die Asbestbelastung der Gebäude gegeben haben, von dem jedoch weder die Personen wussten, die für die Forschungsstelle Küste gearbeitet haben, noch die, die in den betroffenen Räumlichkeiten zur Miete wohnten.

Der Familienvater, der seit 2018 für den NLWKN arbeitet, hatte aufwendig eine marode Wohnung renoviert, die sich im gleichen Haus befand, wie sein Arbeitsplatz. Nun befürchtet er, dass sowohl seine Gesundheit, als auch die seiner Frau, die zur Zeit der Renovierungsarbeiten schwanger war, beeinträchtigt wurde.

In der ersten Phase des Prozesses wurde ein Zeuge geladen, der im Jahre 2020 Proben sowohl im Wohngebäude der Forschungsstelle genommen hat, als auch im öffentlichen Dienstgebäude. Eine Schadstoffbelastung haber er nach eigener Aussage nicht feststellen können, allerdings waren die Räumlichkeiten des Klägers nicht unter den untersuchten Einheiten.

In der kommenden Prozessphase soll nun untersucht werden, ob überhaupt eine Schadstoffbelastung vorlag. Falls dem so sei, ist daraufhin zu klären, ob die Familie des Klägers oder das Land Niedersachsen davon gewusst haben. Um hier Licht in das Dunkel zu bringen sollen am nächsten Verhandlungstag, 12. Juli, die Verantwortlichen für das Asbestgutachten und ein thematisch relevanter Sachverständiger befragt werden.

Bei Asbest handelt es sich um Mineralfasern, die heutzutage in bestehenden Gebäuden noch immer weit verbreitet sind. Sie befinden sich zum Beispiel in Fliesenklebern, Putzen, Kitten und Spachtelmassen. Asbest wird gefährlich, wenn Fasern freigesetzt und eingeatmet werden, zum Beispiel im Rahmen von Renovierungsarbeiten oder einer Sanierung. Fachleute unterscheiden zwischen sogenannten schwach gebundenen Produkten wie Asbestpappe und fest gebundenen Asbestprodukten wie Asbestzement. Von Materialien und Produkte mit schwach gebundenem Asbest geht konstant eine Gefahr aus, da sie leicht Asbestfasern als feinen Staub abgeben. Für solche Produkte gelten schon seit langem die Asbestrichtlinien der einzelnen Bundesländer, die ebenso wie die Gefahrstoffverordnung besagen, dass nur Fachfirmen mit der notwendigen Sachkunde für die Sanierung von schwach gebundenem Asbest beauftragt werden dürfen.

Die meisten Berufskrankheiten mit Todesfolge werden auch heute noch durch Asbest verursacht. Asbestfasern können tief in die Lunge eindringen, in angrenzende Gewebe und Organe wandern und dort nach etwa 30 Jahren Tumore in Kehlkopf, Lunge und anderen Organen bilden.