Aufregung um linksextremes Flugblatt: Ende für Volkswagen Emden im Jahr 2030?

Von Till Oliver Becker

Eine linksextreme Kleinstpartei nutzt die VW-Verhandlungen für Stimmungsmache. Foto: Till Oliver Becker

Emden Unter den Volkswagenmitarbeitern, nicht nur am Standort Emden, herrscht eine große Sorge um ihre Existenz. Der Wolfsburger Konzern steht vor großen Umstrukturierungen und Veränderungen, und derzeit ist noch nicht absehbar, in welche Richtung sich der Autobauer entwickeln wird. Seit Wochenbeginn laufen in Hannover die Tarifverhandlungen; es wird eine Lösung im Streit um Lohnkürzungen, Werkschließungen und Entlassungen gesucht. Beide Seiten möchten noch vor Weihnachten zu einer Einigung kommen. Um die 70 Vertreter von Volkswagen und Gewerkschaft haben sich für die inzwischen fünfte Tarifrunde in einem Hotel am Weidetor in Hannover einquartiert. Die Verhandlungen werden von Teilnehmern als höchst sensibel beschrieben, Zwischenstandsmeldungen werden penibel vermieden.

In dieser Situation gießt ein Flugblatt, das letztlich der linksextremistischen Kleinstpartei MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands) zugeordnet werden kann, massiv Öl ins Feuer. In dem Pamphlet, das seit Mittwochabend vorwiegend in den sozialen Medien und via diverse Messengerdienste die Runde macht, wird behauptet, Volkswagen wolle das Werk in Emden bis 2030 schließen.

„Das ist reine Stimmungsmache“, kommentiert Thomas Preuß, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall in Emden, auf KURIER-Anfrage. Es gebe derzeit noch gar kein Verhandlungsergebnis, entsprechend seien die in diesem Flugblatt getroffenen Aussagen „verantwortungslos und egoistisch. Diese Partei spielt mit den Ängsten der Arbeiter“, für die es in Hannover derzeit um die Existenz ginge. Solche Störfeuer seien absolut kontraproduktiv.

Pikant: Das Flugblatt ruft zum „eigenständigen Streik“ auf, also zum Streik aller Mitarbeiter – egal, ob sie gewerkschaftlich organisiert sind oder nicht. „Das ist eine ganz gefährliche Forderung“, weiß Preuß. Denn rechtmäßig sind nur von Gewerkschaften ausgerufene Streiks während Tarifverhandlungen. Streiks anderer Gruppen können arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnung, Kündigung oder Schadensersatzforderungen nach sich ziehen.

Dass die auf dem Flugblatt als Verantwortliche im Sinne des Presserechts vermerkte Person an einer Adresse zu finden sein soll, die es überhaupt nicht gibt, rundet den Eindruck dabei noch ab.

Die MLPD wurde 1982 als Nachfolgepartei des Kommunistischen Arbeiterbunds Deutschlands gegründet und tritt bundesweit – bisher erfolglos – zu Wahlen an. Die IG Metall hat einen Unvereinbarkeitsbeschluss verabschiedet, der eine gleichzeitige Mitgliedschaft in Gewerkschaft und MLPD ausschließt. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di lehnt eine Zusammenarbeit mit Parteimitgliedern ab, kündigt aber keine Mitgliedschaften.