Berliner Künstlerin stellt im Norder Kunsthaus aus

Von Irmi Hartmann

Künstlerin Heike Jeschonnek stellt aktuell ihre Werke im Kunsthaus in Norden aus.

Norden Zeichnungen reichten ihr nicht. Etwas darstellen, etwas festhalten, ja. Aber tiefer eindringen, den Sachen, den Dingen auf den Grund gehen? Dafür, fand Heike Jeschonnek, genüge das Zeichnen nicht – ihr nicht. Bis die gebürtige Gummersbacherin das Wachs für sich entdeckte. Inzwischen beschichtet sie Bildträger, sei es Papier, sei es Pappe, sei es Nesselstoff mit Paraffin. Und arbeitet sich dann vor in die Tiefe. Seit Sonntag stellt die Künstlerin, die heute ein Zuhause hat in der Stadt in Berlin und auf dem Land in Neuruppin, auf Einladung des Norder Kunstvereins ihre Arbeiten im Kunsthaus an der Großen Neustraße aus.

Sich in die Tiefe arbeiten, nicht nur, um Gegenstände, Menschen, Tiere, Eindrücke plastischer darzustellen, sondern auch, um in das selbst gewählte Thema tiefer einzusteigen, sich damit auseinanderzusetzen, ihm eine eigene Note zu geben, zu ergründen, was „dahinter“, was „da drinnen“ sein könnte. Das ist der Anspruch der Künstlerin, die aus derm Bereich der Architektur kommt und sich von da aus der Kunst im Laufe der Jahre und Jahrzehnte weiter annäherte.

Sie schätze das serielle Arbeiten, erzählt Heike Jeschonnek im Gespräch. Nicht nur ein Bild zu einem Thema zu machen, sondern sich durch mehrere Werke - auch da tiefer – in die Auseinandersetzung zu begeben. In Norden präsentiert Jeschonnek Arbeiten aus verschiedenen Serien. Da sind Stillleben, da sind Bilder, angeregt von Fotografien aus der Familie. Und Betrachter werden bemerken, dass sich die Künstlerin intensiv mit der Arbeit der Bienen auseinandergesetzt hat. Ein Bienenstock im Wald, Bienen bei der Arbeit. Landschaftliches hat ebenso seinen Platz im kleinen Kunsthaus wie Persönliches – aber Wachs ist immer dabei… Beschichten mit Paraffin, dann hineinskizzieren, Acrylfarben aufbringen, immer wieder abkratzen – mehrere Arbeitsschritte sind erforderlich, und Heike Jeschonnek geht natürlich auch ein Risiko ein: Wachs ist brüchig. Und im Extremfall auch wärmeempfindlich. „In die Sauna“, sagt Jeschonnek mit einem Lächeln, „sollte man die Bilder nicht mitnehmen.“ Und sie nicht bei Sonneneinstrahlung im Kofferraum des Autos liegen lassen. Da spricht sie aus eigener Erfahrung. Die manche Arbeiten auch „andersherum“ beginnt – dann erst zeichnet, später mit farbigem Wachs beträufelt, später zum Bügeleisen greift, zum erwärmten Pinsel oder oder oder…

Jeschonneks Techniken bringen es mit sich – alle Werke wirken, egal, was sie darstellen, durch das Wächserne zart, manchmal brüchig, immer fragil – selbst, wenn dicke Wachsschichten erkennbar sind, sehr in die Tiefe gearbeitet wurde. Und jede Szene hat etwas Fantastisches, etwas Verwunschenes an sich, Märchenhaftes. Weil wir wie durch eine wächserne Haut blicken, die für Unschärfe sorgt, der Fantasie dafür umso mehr Raum schenkt. Vom konkreten Foto, der Idee, vom klar Gegenständlichen geht es gern ins Surreale, in andere Welten. Wenn das Bild, so in etwa erzählt es auch die Künstlerin selbst, an Eigendynamik gewinnt, seine eigenen Wege geht…

Und doch ist es auch immer wieder erstaunlich, wie exakt sich am Ende Motive herausschälen. Das können einzelne Gräser sein, Blütenstände, das kann der Zahnputzbecher sein oder die Teekanne, die Blumenvase – gern auf Ornamenten platziert und dann in der Struktur dank des Wachses hervorgehoben. Wächserne Kunst, die auch das vermag: bewusst zu sehen, wo und wie Schärfe eingesetzt wird, wo Unschärfe, wo sich Ränder manifestieren, wo sie sich verlieren, wo sich manches klar abgrenzt und an anderer Stelle ineinander verläuft. Eine Ausstellung mit Kunstobjekten der hier eher unbekannten Art.