Bürgerentscheid in der Krummhörn: Was soll ich wählen?
Der Pilsumer Leuchttumr, weithin bekanntes Symbol für die Krummhörn. Am Sonntag entscheiden die Bürgerinnern und Bürger über eine wichtige Zukunftsfrage.
Krummhörn Was wählen am morgigen Sonntag? Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Bürgerentscheid über die zukünftige Schullandschaft in der Krummhörn zusammengefasst.
Worum geht es überhaupt?
Zurzeit hat Krummhörn noch vier Grundschulstandorte: Greetsiel, Loquard, Jennelt und Pewsum. Aufgrund sinkender Schülerzahlen und weil kleine Grundschulen nach Ansicht von Experten nicht gut und kostengünstig zu führen sind, sind die Gemeinden im Zugzwang: Sie müssen entscheiden, wie es mit jeder einzelnen Schule weitergeht.
Deswegen hat der Gemeinderat am 6. Juli 2023 beschlossen, die Grundschulen in Greetsiel und Loquard zu schließen und die Gebäude in Kitas oder Krippengruppen umzuwandeln. Es würden die Schulen in Pewsum und Jennelt übrigbleiben. Kleine Kitas (die nicht entwicklungsfähig sind) würden geschlossen, dafür würden größere entwicklungsfähige Kitas modernisiert.
Und worum geht es genau?
Es ist schwierig, für sehr kleine Grundschulen Lehrer zu finden. Auch die Ganztagsbetreuung, die von Eltern verstärkt angefragt wird und ab 2026 verpflichtend angeboten werden muss, ist in größeren Schulen besser zu organisieren. Die Schulen in Greetsiel und Loquard haben pro Jahrgang nur eine Klasse.
Und wo ist das Problem?
In Greetsiel und Loquard gäbe es keine Grundschule mehr. Kinder müssten jeden Morgen nach Pewsum oder Jennelt gebracht werden. Schulen sind zudem oft Mittelpunkt einer Gemeinde und Teil des Kulturlebens. Auch als Statussymbol funktionieren die Schulen: Ein Ort ohne Grundschule wird in den Augen vieler Einwohner als nicht mehr zukunftsfähig erachtet.
Und was ist mit den Kindertagesstätten?
Auch diese unterliegen veränderten Ansprüchen und müssen den gesetzlichen Qualitätsanforderungen genügen. Eltern fordern immer längere Öffnungszeiten, doch die werden zurzeit nicht angeboten. Es fehlen Betreuungsplätze bei den Unter-Dreijährigen sowie in der Ganztagsbetreuung der Drei- bis Sechsjährigen. Die klassische Familie „Vater arbeitet – Mutter betreut die Kinder“ verschwindet mehr und mehr. Viele Familien können es sich angesichts steigender Kosten nicht mehr leisten, dass ein Elternteil nicht arbeitet. Deswegen wird eine verlässliche Betreuung von Kindern immer wichtiger. Die kann aber besser in großen als in kleinen Kitas geleistet werden.
Und was ist stattdessen geplant?
In den ehemaligen Schulgebäuden von Loquard und Greetsiel sollen Kindertagesstätten geschaffen werden, auch mit Ganztagsbetreuung. Auch die schon bestehenden Tagesstätten in Pewsum, Woquard, Eilsum, Jennelt und Pilsum sollen entsprechend ausgebaut werden, wo möglich.
Die Kindertagesstätte Pewsum soll nur noch drei Kindergartengruppen (drei bis sechs Jahre) haben, aber keine Krippengruppe mehr.
Die Kindertagesstätte Woquard soll ausgebaut werden. Hier sind zwei Krippengruppen geplant. Pilsum soll ausgebaut werden, wenn die Feuerwehr aus dem Nebengebäude auszieht. Die Standorte Jennelt und Eilsum sind sanierungsbedürftig.
Und wo ist jetzt das Problem?
Sowohl die CDU und die S.W.K. sowie Teile der fbl im Gemeinderat als auch eine Elterninitiative lehnen die vom Rat beschlossene Schließung der Schulen in Greetsiel und Loquard ab. Ihre Begründungen: Im Wesentlichen zielen sie darauf ab, dass in einer Flächengemeinde wie Krummhörn die Fahrtwege zu den Schulen nicht zu groß werden dürfen, weshalb Schulen vor Ort erhalten werden sollen. Kinder könnten nicht mehr mit Nachbarskindern die Schule vor Ort besuchen. Sie sagen auch, dass die kleinen Grundschulen in Greetsiel und Loquard nicht saniert werden müssen, einen Ganztagesbetrieb erlauben und auch bei der Lehrerversorgung keine Probleme haben. Die individuelle Förderung der Kinder sei sehr gut.
Und was ist in Jennelt los?
In Jennelt hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, deren Ziel es ist, die Grundschule im Ort zu erhalten. Sie übernimmt im wesentlichen die Argumente des Gemeinderatsbeschlusses. Sie hält die Grundschule Jennelt für „pädagogisch wegweisend“. Der Grundriss der Schule sei für eine „XXL-Kita“ nicht geeignet, weshalb sie eine Schließung der Grundschule ablehnt.
Und jetzt mal in einem Satz bitte!
Will Krummhörn viele kleine Schulen und Kitas direkt vor Ort, in die aber viel investiert müsste, um sie zukunftsfähig zu machen – oder lieber weniger Standorte, die dann aber größer sind, mehr Angebote und bessere Betreuungszeiten anbieten könnten?
Was kostet das Ganze?
Die Variante des Gemeinderates kostet rund 17,2 Millionen Euro. Das Geld flösse hauptsächlich in die Sanierung und den Ausbau der Grundschulen Jennelt und Pewsum sowie in den Ausbau der verbleibenden Kita-Standorte. Wird die Variante der Gegner umgesetzt, rechnet die Gemeinde mit Kosten in Höhe von 14,1 Millionen Euro. Gutachter sagen jedoch, dass bei dieser Variante eine neue, moderne Kita im Süden der Krummhörn gebaut werden müsse, um gemeindeweit genügend Krippen u. Ganztagesplätze anbieten zu können. Das würde rund sieben Millionen Euro kosten. Die Gesamtkosten lägen also bei 21 Millionen Euro.
Und nun?
Am morgigen Sonntag können die Bürger der Krummhörn von 8 bis 18 Uhr darüber abstimmen, ob der Ratsbeschluss aufrechterhalten wird oder ob die Variante der Gegner verwirklicht wird. Alle Wahlberechtigten haben eine Nachricht von der Gemeinde bekommen.
Was kriege ich, wenn ich mit „Ja“ stimme?
Dann stimmt man für den Vorschlag der Elterninitiative Krummhörn: Ja, der Ratsbeschluss wird aufgehoben. Drei von vier Grundschulen bleiben erhalten (Loquard, Greetsiel, Pewsum). Die Grundschule Jennelt wird in eine Kita umgewandelt. Alle Kitas bleiben erhalten, auch die sehr kleinen.
Was kriege ich, wenn ich mit „Nein“ stimme?
Dann stimmt man für den ursprünglichen Beschluss des Gemeinderates (und auch für die Bürgerinitiative Jennelt): Nein, der Ratsbeschluss wird nicht aufgehoben. Die Grundschulen Greetsiel und Loquard werden in Kita-Standorte umgewandelt, Jennelt und Pewsum bleiben allein übrig. Kleine Kitas (die nicht entwicklungsfähig sind) würden geschlossen, dafür würden größere entwicklungsfähige Kitas modernisiert.
Wo und wann erfahre ich das Ergebnis des Bürgerentscheides?
Am Sonntagabend auf der Website des Ostfriesischen Kuriers: www.ostfriesischer-kurier.de
Und warum ist das alles so kompliziert?
Weil viele Faktoren in die Schulentwicklungsplanung und Kita-Planung einer Gemeinde hineinspielen, und dann kommt auch noch das Gefühl obendrauf: Wie viele Kinder wird es künftig in welchem Ort geben? Wie viele Eltern fragen Ganztagsbetreuungsplätze nach? Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es, was die Betreuungszeiten angeht, aber auch die räumliche Ausstattung? Wie viel Geld hat die Gemeinde zur Verfügung? Kann man es sich leisten, künftig in jedem Ort alles vorzuhalten: Grundschule und Kita, oder eben nicht? Findet man ausreichend Personal?
Und ganz zum Schluss spielt das Bauchgefühl noch eine große Rolle: Es ist natürlich, dass Eltern die Grundschule in ihrem eigenen Ort erhalten und lieber die Schule im Nachbarort schließen wollen. Es ist auch natürlich, dass Eltern am liebsten kurze Wege für ihre Kinder haben wollen um sie nicht jeden Morgen mit dem Bus oder dem „Elterntaxi“ zur Schule zu bringen zu müssen. Diese höchst individuellen Wünsche machen eine Entscheidung, die für alle passt, extrem schwierig. Denn alles kann man nicht haben, in der Krummhörn.
Und jetzt noch einmal ganz kurz:
Ja, der Ratsbeschluss wird aufgehoben
• Die Grundschulen Loquard, Greetsiel und Pewsum bleiben erhalten
• Die Grundschule Jennelt wird in eine Kita umgewandelt
• Alle Kitas bleiben erhalten, auch die ganz kleinen.
Nein, der Ratsbeschluss wird nicht aufgehoben
• Die Grundschulen Greetsiel und Loquard werden geschlossen und in Kitas umgewandelt.
• Die Grundschulen Jennelt und Pewsum bleiben erhalten.
• Kleine Kitas werden geschlossen, große modernisiert.