Das Juister Inselhospiz steht vor dem Aus

Von Stefan Erdmann

Das Inselhaus Vielfalt – bekannter unter dem alten Namen „Inselhospiz“ – soll verkauft werden. Eigentümer ist die Lippische Landeskirche in Detmold, deren Landessynode hat auf ihrer Tagung am vorvergangenen Wochenende die Schließung und den Verkauf der Begegnungsstätte im Ostdorf der Insel Juist beschlossen. Das teilte die Landeskirche nun in einer Pressemitteilung mit. Der Pachtvertrag mit der Stiftung Eben-Ezer läuft Ende November aus, solange soll das Haus, das in diesem Sommer wieder gut ausgelastet ist, noch weiterbetrieben werden.

Sechs Millionen Euro für

eine Sanierung

Zur Alternative stand ein Weiterbetrieb des Hauses in Kooperation mit der Stiftung Eben-Ezer. Beide Möglichkeiten wurden intensiv in der Synode diskutiert. Letztlich folgten die Synodalen dem Vorschlag des Finanzausschusses, der einstimmig für den Verkauf votiert hatte. Zwar sei bei einer Kooperation der Erhalt des beliebten Übernachtungs- und Tagungshauses möglich gewesen, aber die Landeskirche hätte hier weniger Einfluss auf die Entwicklung des Hauses gehabt und weitere finanzielle Risiken einkalkulieren müssen.

Das Haus selbst weiterzuführen, stand nicht mehr zur Debatte. Für die notwendige Modernisierung des Hauses hätten mindestens sechs Millionen Euro aufgebracht werden müssen. Zudem musste bereits in den letzten Jahren viel Geld in eine neue Heizungsanlage und Brandschutzeinrichtungen investiert werden.

Nach der Schließung des Jugendfreizeithauses Seeferienheim ist der geplante Verkauf des Inselhospizes die nächste Hiobsbotschaft für die Inselvertreter. Bürgermeister Dr. Tjark Goerges zeigte sich verstimmt darüber, dass man bisher mit der Gemeinde noch gar nicht gesprochen hat: „Ich kläre nun als Erstes, wie wir rechtlich sicherstellen können, dass dort kein Hotel oder eine Ferienhaussiedlung hinkommt.“

Juristischer Kirchenrat Dr. Arno Schillberg geht von einem Grundstücks- und Hauswert von 3,5 Millionen Euro aus. Gegenüber der Lippischen Landeszeitung betonte er aber, dass es sich dabei um einen fiktiven Wert handelt. Immerhin sehe der Bebauungsplan der Gemeinde in dem Bereich nur Gebäude mit ausschließlich kirchlicher Nutzung vor.

Möglicherweise mache die Gemeinde von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch, vermutet der Vertreter der Landeskirche. Bekannt ist in Detmold auch der Dortmunder Fall „Seeferienheim“, wo die Gebäude verfallen, weil eine gerichtliche Entscheidung immer noch aussteht. Schillberg: „So etwas wollen wir unbedingt vermeiden.“

Früher war ein Hospiz

eine Herberge

Am 1. April 1928 begann die Geschichte des „Inselhospizes“, als der Verband Christlicher Hospize aus Berlin das Grundstück in der Dünenstraße kaufte und zwei Häuser baute. Anfänglich sollte es Haus Daheim – Christliches Hospiz auf Juist heißen, aber ein Haus Daheim gab es bereits. Zu der Zeit stand das Wort „Hospiz“ – anders als heute - noch für „Herberge“. Im Krieg wohnten Soldaten der Jaguar-Nachrichtengruppe im Haus, danach Flüchtlinge aus dem Osten. Ab 1949 führte man die Häuser wieder im eigentlichen Betrieb, jetzt vom evangelischen Hilfsverein Bielefeld, der später Johanniswerk hieß.

Eine wechselvolle

Geschichte

Am 1. Januar 1982 übernahm die Lippische Landeskirche Detmold die beiden Gebäude, wobei das Haus Eckart, welches zuvor die Jugend- und Kindergruppen beherbergte, an die evangelische Kirchengemeinde Juist ging, die dort altengerechte Wohnungen einrichtete. Geleitet wurde das verbliebene Haupthaus von Evelyn und Rolf Schaar, die zuvor das Seeferienheim führten.

Als sie in den Ruhestand gingen und nach Großheide zogen, übernahm Thea Lange am 1. Januar 1999 die Leitung. Sie war bereits seit 1988 auf Juist und vorher im Müttergenesungsheim tätig. In ihrer Zeit wurde das kirchliche Feriendomizil wieder nach vorn gebracht, zahlreiche Auszubildende lernten dort den Beruf der Hauswirtschafterin, aus den 68 Betten wurden die heutigen 90 Schlafplätze, ein Anbau entstand, unter anderem mit einem Tages- und Seminarraum.

2005 übernahm die evangelische Kirchengemeinde Detmold-West den Betrieb als Pächterin, Lange wechselte dorthin und blieb als Hausleiterin. Vor sechs Jahren gab Detmold-West das Haus wieder ab, nicht weil es nicht lief, so Thea Lange, „sondern weil in Detmold alles ehrenamtlich gemacht wurde, was einfach zu viel wurde“. Die Stiftung Eben-Ezer übernahm nun das Haus, Lange wechselte erneut den Arbeitgeber und führte das Haus weiter.

Die Stiftung änderte den Namen nun in Inselhaus Vielfalt, weil man heute mit dem Begriff „Inselhospiz“ andere Dinge als Urlaub, Erholung und Freizeit verbindet. Neue Ideen wie zum Beispiel ein öffentliches Café im Haus waren indes von wenig Erfolg gekrönt. „Der Sanierungsstau ist zweifelsohne vorhanden, es gibt immer noch zahlreiche Zimmer nur mit Waschbecken, die Duschen und Toiletten sind dann am Ende des Ganges“, so Thea Lange. Allerdings habe sie nicht vermutet, dass es zum Verkauf kommen würde, denn immer wieder wurde zu ihrer Zeit nach anderen Lösungs- und Finanzierungsmöglichkeiten gesucht, zumal es sich im Kirchenkreis Detmold immer großer Beliebtheit erfreute.

Das Ende bleibt ihr nach 24 Jahren der Leitung erspart, denn seit Kurzem konnte sie in Rente gehen. Ihre Stellvertreterin Manuela Krey hat bis zur Schließung im November die Hausleitung übernommen. Besonders hart trifft es die Mitarbeiterin Anett Bergholz, die ihren Arbeitsplatz im Seeferienheim nach der Schließung im Herbst 2019 verloren hatte, beim Inselhaus Vielfalt eine neue Stellung fand und für die sich jetzt alles wiederholt.