Der Automatensprenger kommt vor Gericht
Mit Sprengungen von Geldautomaten machen offenbar gut organisierte Tätergruppierungen nicht nur fette Beute und richten erheblichen Schaden an, sondern verbreiten auch Angst und Schrecken. Es grenzt an ein Wunder, dass bislang keine Menschen zu Schaden kamen, denn die Täter interessiert es augenscheinlich nicht, wenn sich oberhalb des Objekts ihrer Begierde Räumlichkeiten befinden, die von Menschen bewohnt werden.
Die Strafverfolgungsbehörden schienen lange machtlos zu sein. Denn die Täter entfernen sich buchstäblich rasend schnell in meist gestohlenen hochmotorisierten Fahrzeugen. Spuren sind nach den oft verheerenden Explosionen kaum zu finden.
Doch seit die Strafverfolgungsbehörden ihre Kräfte bündeln und Staatsanwaltschaften besondere Schwerpunkte eingerichtet haben, kommt Bewegung in die Sache. Dabei stehen auch drei Taten in Ostfriesland im Fokus.
Prozess am Landgericht
Die 3. Große Strafkammer des Landgerichts Aurich verhandelt am 28. und 29. Juni gegen einen 28-Jährigen Niederländer mit marokkanischen Wurzeln. Ihm wird mit der Anklage der Staatsanwaltschaft Osnabrück zur Last gelegt, an insgesamt acht Sprengungen von Geldautomaten beteiligt gewesen zu sein. Zwei Tatorte liegen in Ostfriesland.
Emden, 21. März 2019
Die Sprengung eines Geldautomaten in einer Bankfiliale erfolgte um 3.45 Uhr in der Nacht Die Täter sollen rund 146000 Euro erbeutet haben. Noch weit höher wurde der Sachschaden beziffert. Er soll sich auf rund 200000 Euro belaufen. Die Täter sollen mit einem Motorroller geflüchtet sein.
Hinte, 4. Mai 2019
Wieder knallte es in der Nacht gegen 4.35 Uhr. Diesmal traf es den Eingangsbereich eines Supermarktes, in dem der Geldautomat untergebracht war. Die Täter machten keine Beute, sondern ergriffen die Flucht, weil der Brandmelder auslöste. Aber auch hier lag der Schaden mit rund 31000 Euro im fünfstelligen Bereich. Wieder handelte es sich bei dem Fluchtfahrzeug um einen neuwertigen Motorroller. Bei der Fahndung setzte die Polizei einen Hubschrauber ein.
Die Tat in Hinte war im Frühjahr 2021 schon einmal Gegenstand eines Verfahrens vor dem Landgericht Osnabrück. Auf der Anklagebank saß dort ein 31-jähriger Niederländer. Das Verfahren wegen des Falles in Hinte wurde eingestellt. Der Angeklagte wurde aber wegen Beteiligung an drei anderen Taten zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Der nunmehr vor dem Landgericht Aurich angeklagte 28-Jährige soll neben den Sprengungen in Emden und Hinte auch an weiteren Taten in Lüneburg, Tübingen, Ulm, Ingolstadt und Saarbrücken beteiligt gewesen sein.
Ermittlungen laufen noch
Fünf Festnahmen, neun Durchsuchungen und Sicherstellung umfangreichen Beweismaterials meldete in dieser Woche die Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Die Maßnahmen fanden in mehreren Städten in den Niederlanden in Kooperationsarbeit von Bundeskriminalamt und niederländischer Polizei statt. Die fünf Festgenommenen, niederländisch-marokkanische Staatsangehörige im Alter von 23 bis 38 Jahren, wurden aufgrund von europäischen Haftbefehlen in den Niederlanden in Untersuchungshaft genommen. Die Düsseldorfer Strafverfolgungsbehörden haben Auslieferungsanträge gestellt.
Gegen die fünf Männer besteht der Verdacht, an insgesamt 22 Sprengungen in fünf Bundesländern sowie in Luxemburg im Zeitraum vom 20. Mai 2021 bis 30. August 2022 beteiligt gewesen zu sein.
Ihlow, 20. Juli 2021
In die Liste der Taten wurde auch eine Sprengung in Ihlow aufgenommen. Es wurde an dem Geldautomaten zwar ein Schaden in Höhe von rund 7000 Euro angerichtet, Beute machten die Täter aber nicht.
Etwa zwei Monate später, am 2. September, wurde gegen 2 Uhr erneut ein Geldautomat gesprengt. Der Tatort lag an einem Parkplatz an der Friesenstraße im Industriegebiet Riepe. Diesmal erbeuteten die Täter Bargeld und flüchteten mutmaßlich mit einem dunklen Fahrzeug in Richtung A 31. Über die Höhe der Beute und des Sachschadens machte die Polizei seinerzeit keine Mitteilungen. Tatverdächtige wurden bislang nicht benannt. Es bleibt also für Ermittler und Justiz noch viel zu tun.