Nur eines von vielen Abschiedsgeschenken für Dr. Paul Weßels (rechts): Michael Recke (links) und Landschaftspräsident RicoMecklenburg überreichten ihm eine historische Karte von Ostfriesland. Foto: Werner Jürgens
Aurich Seit Anfang November ist Dr. Paul Weßels im Ruhestand. Am Dienstag fand im Auricher Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft die offizielle Verabschiedung statt. Zahlreiche Weggefährten nutzen die Gelegenheit, um die Arbeit des langjährigen Leiters der Landschaftsbibliothek zu würdigen. Der war sichtlich gerührt, blieb aber trotzdem bescheiden. „Es war nie allein nur meine Leistung“, betonte Dr. Weßels in einer kurzen Ansprache. „Nur zusammen im Team mit meinen Kolleginnen und Kollegen ist es möglich gewesen, das alles zu erreichen.“
Seit 2008 viele und
vieles bewegt
Bereits lange bevor er 2008 die Leitung der Landschaftsbibliothek übernahm, hat sich Paul Weßels mit der Regionalgeschichte Ostfrieslands beschäftigt. Ab 1989 engagierte sich der gebürtige Münsterländer in einem Arbeitskreis des Auricher Kultur- und Bildungszentrums. Während der 1990erjahren verfasste er Chroniken über die Gemeinden Holtland und Hesel. Seine Dissertation an der Universität Oldenburg hatte das Kloster Barthe zum Thema. Nach der wissenschaftlichen Betreuung des Ziegeleimuseums in Midlum wechselte Dr. Weßels als Referent ans damalige Auricher Staatsarchiv, wo er sich zuletzt um den Aufbau eine historischen Ortsdatenbank für Ostfriesland kümmerte. „Auch wenn es um komplexe historische Zusammenhänge ging, konnte ich mich immer auf seine Expertise verlassen“, meinte Landschaftspräsident Rico Mecklenburg am Dienstag. Wie groß das Vertrauen war, das man Dr. Paul Weßels schon zu Beginn seiner Tätigkeit als Chef der Landschaftsbibliothek entgegenbrachte, ließe sich daran erkennen, dass er „nur knapp ein Jahr nach seiner Einstellung zum Stellvertreter des damaligen Landschaftsdirektors Dr. Rolf Bärenfänger ernannt wurde“, so Mecklenburg weiter.
Tatsächlich sollte sich der neue Leiter bald als äußerst produktiv erweisen. Als eine wichtige Leistung nannte der aktuelle Landschaftsdirektor Dr. Matthias Stenger das Vorantreiben des Digitalisierungsprozesses. Als Dr. Paul Weßels sein Amt antrat, gab es noch keine elektronische Ausleihe, und die meisten Informationsquellen existierten lediglich auf Papier. Inzwischen sind diverse Datensammlungen, Nachschlagewerke und sonstige Dokumente längst online verfügbar.
Analoge Medien bleiben
ein Herzensthema
Das „analoge“ Buch liegt dem Historiker jedoch nach wie vor mindestens genauso sehr am Herzen. So ist Dr. Paul Weßels Mitherausgeber des Emder Jahrbuchs und der Schriftreihen „Abhandlungen und Forschungen zur ostfriesischen Geschichte“ sowie „Quellen zur ostfriesischen Geschichte“. Zudem präsentierte er in der Bibliothek und korrespondierenden Zeitungsartikeln regelmäßig ein „Buch des Monats“ aus dem Bestand seines Hauses. Ferner erinnerte Dr. Matthias Stenger an den erfolgreichen Netzwerker Dr. Paul Weßels, dessen Wirkungskreis stets weit über die ostfriesische Halbinsel hinausreichte. Neben der Beteiligung an Projekten in Oldenburg, dem Emsland und Groningen ist der Leiter der Landschaftsbibliothek Mitglied der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen sowie der Fachgruppe Geschichte des Niedersächsischen Heimatbundes. Zu den Initiativen, die er mit auf den Weg gebracht hat, gehören der alljährliche veranstaltete Tag der ostfriesischen Geschichte, ein Arbeitskreis zur Flurnamenforschung und der seit 2009 ebenfalls einmal im Jahr vergebene Schülerpreis für ostfriesische Geschichte und Kultur.
Vieles davon entstand und lief in enger Kooperation mit dem Auricher Landesarchiv. Deswegen nutzte auch dessen Leiter Dr. Michael Hermann am Dienstag die Gelegenheit, um sich für die langjährige gute Zusammenarbeit zu bedanken.
„Es verging kaum eine Woche, es sei denn einer war krank oder im Urlaub, in dem wir nicht per E-Mail oder telefonisch miteinander kommuniziert hätten“, erklärte Dr. Hermann am Dienstag an die Adresse seines „Mentors“. Der durfte sich noch über einige Präsente inklusive einer ihm gewidmeten Festschrift freuen. Im Ruhestand möchte er sich nun etwas mehr seiner Familie widmen. Seine Aktivitäten als Regionalhistoriker komplett einzustellen, kommt für ihn aber wohl nicht infrage. „Ich werde nicht ganz verschwinden“, versprach Dr. Weßels jedenfalls.