Heimliche Pornos, heimlicher Zugriff aufs Polizeisystem - Polizist steht vor Gericht
Der angeklagtePolizist ist seit Ende 2022 suspendiert. Die Vorwürfe gegen ihn haben es in sich. Symbolfoto: dpa
Ostfriesland Mit einem Teilgeständnis des 30-jährigen Polizisten, der bislang im Polizeikommissariat Emden Dienst tat, begann vor dem Landgericht Aurich der Prozess wegen Bestechlichkeit, Verrats von Dienstgeheimnissen, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen sowie der Verbreitung von pornografischen und kinderpornografischen Darstellungen.
Geheime Infos an Drogenhändler gegeben
Hinter der nüchternen juristischen Terminologie verbergen sich Abgründe. So soll der in Aurich lebende Polizist gegen Geldzahlungen für einen 39-jährigen Mitangeklagten aus Wilhelmshaven Informationen aus dem polizeiinternen System abgerufen haben. Gegen den Mitangeklagten soll wegen Drogenhandels ermittelt worden sein. Der Polizist sollte in Erfahrung bringen, ob gegen ihn ein Haftbefehl vorliege oder ob er bedenkenlos einen Flug in die Türkei antreten könne. Die Information, dass kein Haftbefehl vorlag, gab er laut Anklage nicht direkt an den Wilhelmshavener weiter, sondern sie lief über zwei weitere Mitangeklagte: einen 29-jährigen Jurastudenten aus Bremen und einen 32-jährigen Auricher.
Die beiden letztgenannten Angeklagten sollen auch in einem weiteren ähnlich gelagerten Fall als Mittelsmänner aufgetreten sein. Dabei ging es um ein mutmaßliches Bandido-Mitglied, das sich auf der Flucht in der Türkei befand. Dieser Mann wollte wissen, ob gegen ihn ein internationaler Haftbefehl vorlag, denn er wollte gerne gefahrlos über die Niederlande wieder nach Deutschland einreisen. Die Antwort lautete: Es gibt nur zwei nationale Haftbefehle, für den Schengenraum sei der mutmaßliche Rocker nur zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben.
Zu all diesen Vorwürfen äußerten sich bislang weder der Polizist noch die drei Mitangeklagten. Der Hauptangeklagte ließ über seinen Verteidiger nur zu einem anderen Punkt eine geständige Einlassung abgeben. „Dafür möchte ich mich öffentlich entschuldigen“, hieß es in der Erklärung.
Sechs Frauen missbraucht und erniedrigt
Aus der Welt zu schaffen sind die Taten, um die es geht, damit aber wohl nicht. Es macht vielmehr fassungslos, wie der Polizist das Vertrauen von sechs Frauen missbraucht und sie erniedrigt hat. Einige der Frauen kannten den Angeklagten seit der Jugendzeit. Eine sprach gegenüber den Ermittlern davon, dass sie ein enges freundschaftliches Verhältnis zum Angeklagten gehabt habe.
Mit allen sechs Frauen hatte der Angeklagte einvernehmlichen Sex. Was sie nicht wussten: Er hatte die sexuellen Handlungen heimlich gefilmt. Einem Chatpartner gegenüber soll er damit geprahlt haben, gerade einen „Porno“ gedreht zu haben. Einem anderen Chatpartner schickte er laut Anklage sogar ein zusammengestelltes Filmchen.
Die Frauen waren ahnungslos. Zum Teil hatten sie sich freiwillig fesseln und die Augen verbinden lassen. In einigen Fällen hatte der Angeklagte seine Polizeiuniform an. Zum Teil lief eine abgestellte Handykamera heimlich mit, zum Teil hielt der Angeklagte die Kamera so, dass die Frauen sie nicht sehen konnten. In einem Fall war neben dem Angeklagten ein weiterer Mann beteiligt. Sie filmten sich wechselseitig.
Die Frauen seien aufgelöst und schockiert gewesen, als er ihnen mitgeteilt habe, was passiert sei, berichtete einer der ermittelnden Kriminalbeamten von der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück. „Eine Frau sagte, sie habe dem Angeklagten einen Vertrauensvorschuss gegeben, weil er Polizist war“, erzählte der Kripobeamte.
Die meisten Frauen wollten sich die Videos nicht ansehen. Das konnte ihnen allerdings nicht erspart werden, denn sie mussten sich selbst und den auf den Filmen zu sehenden Sexualpartner identifizieren. Die Tatorte variierten: Mal war es die frühere Oldenburger Wohnung des Polizisten, mal sein Auto auf einem Parkplatz, manchmal sogar im öffentlichen, fließenden Verkehr, mal in der Wohnung einer der Frauen.
Alle angeklagten Taten soll der Polizist im Zeitraum von Mai 2017 bis April 2022 begangen haben. Seit November 2022 ist er vom Dienst suspendiert, bekommt aber immer noch die Hälfte seiner Bezüge.
Der Prozess wird fortgesetzt.