Die Kosten der Friesland-Umgehung in Emden explodieren

Es geht schief, was schief gehen kann: Warum eine zwei Kilometer lange Straße rund 53 Millionen Euro kostet - und auch noch später fertig wird.

Mit einer Fertigstellung der Straße ist nicht vor Ende 2025 zu rechnen.

Emden Es sind nicht einmal ganz zwei Kilometer, aber diese Strecke hat es in sich: Der vor sieben Jahren begonnene Bau der Friesland-Umgehung in Emden verzögert sich weiter und wird mehr als doppelt so teuer wie ursprünglich geplant. Wie die Planer der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr am Dienstag bei einem Gespräch mit Vertretern der CDU und der Wirtschaft in Aurich mitteilten, soll die neue Verbindung von der A31 in den Hafen voraussichtlich erst Ende 2025 fertig werden.

Die Gesamtkosten des Projektes belaufen sich nach aktuellem Stand auf gut 53 Millionen Euro. Beim Baubeginn im Jahr 2016 war die Landesbehörde noch von 23,6 Millionen Euro ausgegangen. Laut dem Leiter des Fachbereichs Bau, Markus Dinkela, sind allein aufgrund der Inflation und damit verbundener Baukostensteigerungen etwa sieben Millionen Euro hinzugekommen.

Der neue Autobahn-Zubringer, der im Behördendeutsch als „B210n Verlegung südlich Emden“ bezeichnet wird, sollte ursprünglich schon viel früher fertig werden. Zuletzt war von 2024 die Rede gewesen, jetzt kommt aber noch ein weiteres Jahr hinzu. Die Fertigstellung soll Ende 2025 sein.

Nach Darstellung des Vize-Behördenchefs Yasin Kilic und des für den Bau zuständigen Fachbereichsleiters Markus Dinkela gibt es mehrere Gründe dafür, dass Kosten und Zeitplan dermaßen aus den Fugen geraten sind. Einer der wesentlichsten: Die schwierige Überquerung der Bahnstrecke zwischen Emden und Leer musste komplett neu geplant werden.

Ursprünglich sollte die geplante Brücke über die Gleise eine Durchfahrtshöhe von 5,70 Meter haben. Die Deutsche Bahn hatte dieser Höhe im Beteiligungsverfahren zunächst unter Vorbehalt zugestimmt, später aber aufgrund neuer Regelwerke eine Höhe von 8,20 Meter gefordert.

Anderenfalls hätte die Bahn viele Anlagen wie Strommasten und Weichen neu bauen und ein Stellwerk anpassen müssen. Zudem hätte eine geringere Höhe sich bundesweit auf den Fahrplan ausgewirkt, weil die Züge langsamer hätten fahren müssen. „Das alles hätte Mehrkosten von mehreren Millionen Euro verursacht und wäre nicht wirtschaftlich gewesen“, sagte der stellvertretende Behördenleiter.

Hinzugekommen sei, so Kilic, dass der Betreiber einer großen Erdgasleitung, die die Trasse des neuen Autobahn-Zubringers quert, die Kosten für die Umlegung der Leitung falsch angesetzt habe. Sie hätten am Ende das Achtfache der ursprünglichen Summe betragen. „Eine Planänderung war deshalb unausweichlich“, so Kilic. Diese Änderung sei im Dezember 2022 beantragt und im Januar dieses Jahres genehmigt worden. Das wirkt sich auf die gesamte Strecke aus, die entsprechend angepasst werden muss. Jetzt wird eine neue und etwa 200 Meter lange Brücke gebaut, die sowohl die Bahnlinie als auch die Gasleitung überspannt. Der Auftrag dafür ist laut Dinkela im Januar vergeben worden. Erste Arbeiten an den Fundamenten sind im Gang.

Bereits fertig ist ein weiteres Brückenbauwerk über das Fehntjer Tief. Hinzu kommt noch eine dritte Verbindung über den Ems-Seitenkanal. Dieses Vorhaben soll demnächst ausgeschrieben werden.

Die Probleme mit der Bahn und der Gastleitung sind nicht die einzigen Herausforderungen, vor denen die Planer bei dem Bau der Umgehung stehen. Auch der weiche Untergrund und die schwierige Logistik mit dem Bau neuer Baustraßen und einer Behelfsbrücke machten den Verantwortlichen zu schaffen. Die neue Straße sei zwar sehr kurz, biete aber „alles, was die Ingenieurskunst zu bieten haben müsste“, sagt Kilic.

Unterdessen wird man in der Emder Hafenwirtschaft langsam ungeduldig. Timo Siebahn, Aufsichtsratsvorsitzender der Emder Hafenförderungsgesellschaft und Geschäftsführer des Hafenlogistikers Epas, machte die Dringlichkeit auf eine bessere Anbindung seiner Umschlagsflächen für Schwerlasttransporte mit Teilen für Windkraftanlagen deutlich. Mit der erneuten Verzögerung beim Bau der Friesland-Umgehung verpasse das Unternehmen den zweiten Höhepunkt beim Ausbau der Windenergie, der für Mitte 2024 erwartet wird. Es gebe bereits „etliche Absagen“ von Herstellern. Die Verkehre gingen stattdessen über Cuxhaven oder niederländische Häfen. „Das bricht uns zeitweise das Genick“, sagte Siebahn.

Fest steht: Die neue Friesland-Umgehung zählt zu den mit Abstand teuersten Straßen Ostfrieslands. Mit der seit Jahrzehnten von der Wirtschaft und Anliegern geforderten Trasse soll der Emder Stadtteil Friesland entlastet werden. Bislang quälen sich Lastwagen, die zwischen Teilen des Emder Hafens und der A 31 verkehren, durch eine Tempo-30-Zone – dicht vorbei an einer beschaulichen Reihenhausbebauung.