„Die Menschen ertragen das Hickhack in Berlin nicht mehr“
Thomas Erdwiens (Freie Wähler), Bürgermeister von Südbrookmerland
Südbrookmerland Mit 24,45 Prozent der Wählerstimmen ist die AfD in Südbrookmerland stärkste Partei geworden. Bürgermeister Thomas Erdwiens über das Ergebnis:
Herr Erdwiens, die AfD ist stärkste Partei bei Ihnen. Was ist da los in Südbrookmerland?
Das hat überhaupt nichts mit dem Geschehen hier in der Kommune zu tun und es ist auch nicht vergleichbar mit unseren Wahlergebnissen bei der Bundestags- oder der Kommunalwahl.
Womit dann?
Ich glaube, daraus spricht eine große Verängstigung und Verunsicherung von großen Teilen der Bevölkerung, selbst der jungen. Diese allgemeine Tendenz ist ja in ganz Ostfriesland und auch Deutschland zu beobachten.
Was treibt die Menschen Ihrer Meinung nach um?
Die vollkommen undurchsichtige Politik im Bund. Dieses Hin und Her. Die Menschen ertragen das nicht mehr, weil es Unsicherheit erzeugt. Viele wissen gar nicht mehr, was auf sie zukommt. Und die Menschen merken auch, dass es immer mehr Forderungen auf Europa- und Bundesebene gibt, die wir hier vor Ort ausbaden müssen. Nehmen wir nur die Wärmeplanung...
...eine Verpflichtung für jede Kommune zu untersuchen, wie sie künftig Wärme in die Häuser liefern will...
...ja genau. Wir müssen das machen, aber wir kriegen keinen Cent dafür vom Bund. Und die Bürger wissen auf Jahre nicht, woran sie sind, wenn es um die Heizung im eigenen Haus geht.
Stichwort Heizungsgesetz. War das der Sargnagel der Koalition in Berlin?
Es war ein Hickhack, es war ein Schnellschuss, es war nicht strukturiert, es hat Menschen Angst gemacht. Und dann wird es verkündet und man merkt, dass es nicht funktionieren wird. Dann wird es zurückgezogen.
Was macht das mit den Menschen?
Es hat vor allem der älteren Generation einen Riesenschreck versetzt. Sie sahen sich für einige Zeit mit der Forderung konfrontiert, innerhalb kürzester Zeit für Zigtausend Euro eine neue Heizung einbauen zu müssen.
Auffallend viel junge Menschen haben die AfD gewählt. Warum ist das so?
Früher sind Jugendliche in Sicherheit aufgewachsen, man konnte sich auf die Politik verlassen, die Rahmenbedingungen waren vorhersehbar. Doch jetzt erleben Jugendliche eine Phase der Unsicherheit. Wenn sie eine Familie gründen und ein Haus bauen wollen: Sie wissen heute nicht, ob morgen vielleicht völlig andere Rahmenbedingungen herrschen. Und bei dieser ganzen Unsicherheit in der gesamten Bevölkerung kommt dann die AfD und bietet einfache Lösungen an.
Die aber vermutlich nie funktionieren werden.
Nein, aber das Wahlergebnis zeigt, dass die Menschen das Hickhack in Berlin satt haben. Das AfD-Thema „Migranten“ ist bei uns in Südbrookmerland kein Thema, hier ist alles ruhig. Aber trotzdem schafft es die AfD, über das Thema Migranten Verängstigung und Beunruhigung in der Bevölkerung zu säen.