Die Ostfriesische Küstenbahn steht im Fokus
So sieht der Streckenabschnitt bei Dornum derzeit aus. Archivfoto
Über die Nutzungsmöglichkeiten der Bahnstrecke Emden-Abelitz-Aurich läuft gerade eine Machbarkeitsstudie. Wie Landrat Olaf Meinen am Mittwoch in der Wirtschaftsausschusssitzung des Landkreises Aurich verlauten ließ, sollen die Ergebnisse Ende diesen Jahres vorliegen. Auf der Tagesordnung stand aber auch eine weitere Bahnstrecke und die Frage, ob und wie sie reaktiviert werden könnte, nämlich die ehemalige Verbindung zwischen Norden und Esens. Die zuständige Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) sieht hier einstweilen noch keinen Handlungsbedarf, Wolfgang Konukiewitz vom Nahverkehrsbündnis Niedersachsen hingegen schon. Um die Frage zu klären, will der Landkreis Aurich nach Aussage von Landrat Meinen auch in diesem Falle eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.
Strecke vor 140 Jahreneröffnet
Der Abschnitt zwischen Norden und Esens ist Teil der ehemaligen Ostfriesischen Küstenbahn, die 2023 einen runden Geburtstag gehabt hätte. Denn sie wurde im Juni 1883 eröffnet, und zwar nicht zuletzt deswegen, um eine bessere Anbindung für den Fremdenverkehr zu den Badeorten entlang der Küste zu gewährleisten. Übrig geblieben ist davon lediglich der Ostabschnitt, der als Neubaustrecke bis nach Wilhelmshaven geht und seit Anfang der 2000er Jahre von der NordWestBahn bedient wird. Ursprünglich bildete die Küstenbahn die Verlängerungder Strecke von Emden und führte von Norden über Esens nach Asel zur damaligen Landesgrenze mit Anschluss an die Großherzoglich-Oldenburgische Eisenbahn. Der Personenverkehr zwischen Norden und Esens wurde 1983 und der Güterverkehr 1989 eingestellt. Allerdings verkehrt seit 1987 im Abschnitt Norden-Dornum regelmäßig die touristische Museumseisenbahn MKO. Das Teilstück von Dornum nach Esens ist seit Mitte der 1980er Jahre stillgelegt und die Schienen sind demontiert worden. Auf der ehemaligen Trasse verlaufen seit 1990 ein Fahrradweg und eine Straße.
Die Bestrebungen, den Abschnitt Norden-Esens für den regulären Bahnbetrieb zu reaktivieren, sind nicht neu. Inzwischen ist aber das Bewusstsein für die Bedeutung eines leistungsfähigen Personennahverkehrs deutlich gewachsen. Und an dieser Stelle setzte der Experte am Mittwoch an. „Hinter unseren Reaktivierungsbemühungen im Jahr 2013 stand kein politischer Druck“, erklärte Wolfgang Konukiewitz während seines Vortrags. „Es lief nach dem Motto: Kann man machen oder auch nicht. Mit dem Ruf nach einer Verkehrswende angesichts des Klimadesasters und der Diskussion um die Entwicklung der ländlichen Räume hat sich die Lage dramatisch verändert.“
Reaktivierung kann
gefördert werden
Zudem wies der Vertreter des Nahverkehrsbündnisses Niedersachsen darauf hin, dass die Reaktivierung von Bahnstrecken mit bis zu 90 Prozent der Kosten durch das Bundesgemeindefinanzierungsgesetz möglich geworden ist. Auch für flankierende Maßnahmen wie die Durchführung von Machbarkeitsstudien gibt es mittlerweile Fördergelder. Die finanzielle Belastung würde sich also für die beteiligten Kommunen in überschaubaren Grenzen halten.
Dass die LNVG eine Reaktivierung der Strecke zwischen Norden und Dornum derzeit (noch) nicht in Erwägung zieht, liegt an verschiedenen Kriterien wie Mängel in der Infrastruktur gegenüber anderen ehemaligen Bahnstrecken, die genau deshalb zunächst priorisiert werden. Jedoch ist diese Haltung keineswegs in Stein gemeißelt. Der Landkreis Aurich als eine der betroffenen Kommunen kann und sollte laut Empfehlung von Wolfgang Konukiewitz unbedingt selbst aktiv werden, um die Entwicklung voran zu treiben, indem man für entsprechende verbesserte Rahmenbedingungen sorgt. Eine Machbarkeitsstudie wäre ein erster Schritt in diese Richtung. Sie könnte die notwendigen Argumente liefern, um die LNVG davon zu überzeugen, dass und warum sich eine Wiederbelebung des regulären Bahnbetriebs des ehemaligen Streckenabschnitts zwischen Norden und Esens eben doch lohnen würde.