Dörpmuseum Münkeboe: Am letzten Aktionstag wird gefeiert
Herbst- und Erntedankfest: Doornkaat-Labor und 400 Jahre alte Apotheke im Dörpmuseum Münkeboe
Münkeboe Am Sonnabend findet im Dörpmuseum in Münkeboe der letzte Aktionstag in diesem Jahr statt, der als krönender Abschluss mit einem Herbst- und Erntedankfest verbunden ist. Unter anderem können die Besucher die Produktion von Sauerkraut miterleben.
An diesem Tag dürfte auch der Dorfkrug wieder viele Interessierte anziehen. Dort kann man an einem selbst gebauten Tresen ein zünftiges Bier genießen, das Martin Redenius gezapft hat, und gleichzeitig zusehen, wie Björn Meyer in einer Brennblase Wein in Weinbrand verwandelt. Gezeigt wird der erste Schritt der Destillation, der sogenannte Rohbrand, bei dem Wein unverdünnt in eine Brennblase gegeben und auf 78 Grad Celsius erhitzt wird, sodass das im Wein enthaltene Ethanol anfängt zu sieden. Der Alkohol steigt auf, durchläuft ein Kühlrohr, wobei er abkühlt, kondensiert und flüssig wird und schließlich in einem Auffangbehälter landet.
Der Methylalkohol, der dabei gewonnen wird, hat ein Volumen von 30 bis 35 Prozent. In dieser Form kann er noch nicht unbedenklich genossen werden, wie Meyer erläutert. „Man kann dadurch sein Augenlicht verlieren.“
Im zweiten Brenngang, dem sogenannten Feinbrand, wird der Rohbrand in einer Brennblase auf ein Volumen von 20 Prozent reduziert. In einem dritten Brand können Geschmacks- und Aromastoffe (zum Beispiel von Sauerkirschen und Heidelbeeren) dazugegeben werden. In Münkeboe werden nur geringe Mengen produziert, die allenfalls für ein Probiergläschen reichen. Meyer, der von Beruf Banker ist, wurde von dem 89-jährigen Zöllner und Brennmeister Eckhard Kruse in die Brennkunst eingeweiht. Er ist ebenfalls an allen Aktionstagen im Dorfkrug anzutreffen.
Labor von Doornkaat
Die Laborgeräte, an denen Meyer die Destillation vorführt, stammen von der Norder Firma Doornkaat und wurden von Kruse gerettet, der damals für das Hauptzollamt Emden tätig war. Er sorgte dafür, dass sie einen Platz im Dörpmuseum Münkeboe erhielten.
Kruse hatte die Doornkaat-Brennerei jahrelang überwacht und versteuert, wie er erläutert. Um in alle Feinheiten des Brennvorganges eingeweiht zu werden, absolvierte er eine Zusatzausbildung. „Ich wusste genau, wie das bei Doornkaat läuft.“ Der Zöllner erlebte mit, wie das Norder Traditionsunternehmen 1997 von Berentzen übernommen wurde und erhielt die Erlaubnis, die Laborgeräte mitzunehmen.
Er sei früher beim Bundesgrenzschutz tätig gewesen, bevor er vom Zoll übernommen wurde, erzählt er. Damals habe er zusammen mit der Kriminalpolizei Bundeskanzler Konrad Adenauer regelmäßig von seiner Wohnung in Rhöndorf abgeholt und zum Palais Schaumburg in Bonn gebracht, blickt er auf sein facettenreiches Berufsleben zurück, das er in Nord- und Süddeutschland absolviert hatte.
Lieblingsplatz im Fernsehen
Kruse ist der älteste Aktive im Dörpmuseum, aber bei Weitem nicht der Einzige, der sich dort im Ruhestand engagiert. Der Hager Apotheker Tilemann Schäffer hat sich dort gar seinen Lieblingsplatz eingerichtet, den er unlängst in der NDR-Sendung „Hallo Niedersachsen“ vorstellte. Die Ausstellungsstücke in der 2023 eröffneten Museums-Apotheke, die in einem neu gebauten Geschäftshaus auf dem Gelände des Dörpmuseums untergebracht wurde, stammen aus der inzwischen geschlossenen Marienhafer Adler-Apotheke von 1822 und der Hager Apotheke, die vor fast genau fünf Jahren, im September 2019, nach 413 Jahren im Familienbesitz ihren Betrieb einstellte.
„Wir haben aus beiden Apotheken eine Museumsapotheke gemacht“, sagt Otto Klatt. Der 75-Jährige leitet das Museum, das am 20. Juni 1992 eröffnet wurde, seit 16 Jahren – genau so lange wie sein Vorgänger Rolf Diekmann, der im September im Alter von 90 Jahren verstorben ist.
An den Aktionstagen wechseln sich der Marienhafer Apotheker im Ruhestand, Ulrich von Knorring, der die Adler-Apotheke geführt hatte, und Schäffer ab, der über 40 Jahre lang in Hage gewirkt hatte. Er erzählt den Museumsbesuchern gern, wie der Arbeitsalltag eines Apothekers früher aussah, als es noch eine 24-Stunden-Bereitschaft an sieben Tagen gab. „Wir haben alles selbst hergestellt – bis auf 4711.“ Als Praktikant hatte er jeden Morgen zwei Stunden lang Salben und Augentropfen produziert. „Für jedes Wehwehchen hatte die Apotheke etwas.“
Für Potenzprobleme gab es zum Beispiel Bibergeil in Pulverform. „Der Biber ist in Europa für Lust und Laune fast ausgerottet worden“, informiert Schäffer. Stolz präsentiert er über 40 Kirschholzgefäße, in denen die Arzneien untergebracht wurden, nebst einer Botanisiertrommel, in der Arzneipflanzen gesammelt wurden, sowie einen hermetisch verschlossenen Drogen- und einem Giftschrank. Einst sammelten Kinder und Erwachsene Marschkamille, die auf über 2000 Quadratemetern getrocknet wurde, unter anderem auf den Dachböden der Hager Apotheke, der Ansgarikirche und der zweiten bis achten Schulklassen. Sie wurden wegen ihrer hervorragenden Qualität bis nach Bayern versandt.
Damals war das deutsche Gesundheitswesen noch nicht auf Medikamente aus China angewiesen – von daher war es eine gute alte Zeit. „In der besten Zeit hatten wir 24000 Apotheken“, blickt Schäffer zurück, „heute sind es keine 18000 mehr – jeden Tag stirbt eine Apotheke.“ An diesem Sonnabend steht Knorring für Informationen zur Verfügung, während Schäffer an einer ornithologischen Exkursion in Österreich teilnimmt. Ende Oktober beginnt die Winterpause im Dörpmuseum Münkeboe.