Droht eine „graue Wohnungsnot“?
Die Gefahr einer wachsenden ‚grauen Wohnungsnot‘ zeichnet sich ab: Im Laufe von zwanzig Jahren wird die Altersgruppe „67plus“ im Landkreis Aurich voraussichtlich um etwa 56500 Menschen ansteigen - eine Steigerung von mehr als 14400 gegenüber heute. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) weist darauf hin, dass aufgrund dieser bevorstehenden Rentnergeneration der Baby-Boomer eine wachsende Knappheit an altersgerechten Wohnungen droht. Diese Feststellung basiert auf den neuesten Daten des Pestel-Instituts, das landesweit für Städte und Landkreise Prognosen zur zukünftigen Wohnsituation älterer Menschen im Auftrag des Bundesverbands des Deutschen Baustofffachhandels (BDB) erstellt hat.
„Im kommenden Jahrzehnt werden immer mehr ältere Menschen im Kreis Aurich Wohnungen benötigen, die barrierefrei gestaltet sind - ohne Treppen, dafür mit bodengleicher Dusche und ausreichend Platz für Rollatoren und Rollstühle“, erklärt Gabriele Knue von der IG BAU.
Aktuelle Zahlen sind
besorgniserregend
Die aktuellen Zahlen sollten die Verantwortlichen in der Wohnungspolitik bereits jetzt besorgt stimmen: Laut dem Pestel-Institut benötigen derzeit bereits über 7550 Haushalte im Kreis Aurich altersgerechte Wohnungen, da in ihnen Menschen im Rentenalter mit eingeschränkter Mobilität leben.
Die Wissenschaftler prognostizieren, dass in zwanzig Jahren im Kreis Aurich mehr als 9500 Wohnungen benötigt werden, die für die Nutzung mit Rollatoren oder Rollstühlen geeignet sind. „Bereits jetzt herrscht ein erheblicher Mangel an Seniorenwohnungen. Mit dem nahenden Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand steuern wir auf eine ‚graue Wohnungsnot‘ zu“, warnt die Bezirksvorsitzende der IG BAU Nordwest-Niedersachsen.
Neben der Knappheit an altersgerechten Wohnungen befürchtet die IG BAU auch eine steigende Altersarmut im Zusammenhang mit Wohnkosten. Hierbei könnten zwei Faktoren der Boomer-Generation zukünftig „fatal aufeinandertreffen“: Die mögliche Reduzierung des Rentenniveaus und steigende Wohnkosten. Dies betrifft sowohl Mieter als auch Eigentümer, wenn Sanierungen an Einzelhäusern oder Eigentumswohnungen erforderlich werden.
Altersarmut aufgrundsteigender Wohnkosten
„Wenn die Wohnkosten weiterhin in dem Tempo der letzten Jahre steigen, werden viele Senioren, die dies bisher noch nicht erwartet haben, gezwungen sein, ihren Konsum massiv einzuschränken. Die hohen Mietpreise werden für ältere Menschen oft unbezahlbar. Für viele wird es finanziell sehr eng werden. Deshalb werden im Kreis Aurich in Zukunft mehr Menschen als heute auf staatliche Unterstützung angewiesen sein, um überhaupt eine Unterkunft zu haben“, so Knue.
Um den Wohnungsmarkt besser auf die kommende Rentnergeneration vorzubereiten, fordert die IG BAU die Schaffung von mehr kostengünstigem und vor allem altersgerechtem Wohnraum. Die Bezirksvorsitzende der IG BAU Nordwest-Niedersachsen betont: „Wir benötigen klare finanzielle Anreize auch für den heimischen Wohnungsmarkt. Angesichts der drohenden ‚grauen Wohnungsnot‘ ist deutlich mehr finanzielle Unterstützung für den Neubau von Seniorenwohnungen sowie die altersgerechte Renovierung bestehender Wohnungen erforderlich.“ Hierbei seien gleichermaßen Kommunen, Land und Bund gefragt.
Das Bundesbauministerium stellt in diesem Jahr einen Fördertopf von 75 Millionen Euro über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für den altersgerechten Umbau von Wohnungen zur Verfügung. „Dieses Geld wird dringend benötigt. Allerdings reicht es bei weitem nicht aus. Dies wurde im letzten Jahr deutlich. Damals stand exakt die gleiche Fördersumme zur Verfügung, die jedoch innerhalb von nur sechs Wochen aufgebraucht war. Hier muss mehr getan werden“, fordert Gabriele Knue von der IG BAU.
Zusätzlich schlägt die IG BAU vor, dass große Wohnungskonzerne sich verpflichten sollten, einen bestimmten Anteil ihrer freiwerdenden Wohnungen altersgerecht umzubauen. „Angesichts des deutlichen Mangels an Seniorenwohnungen sollten Wohnungsunternehmen mindestens 20 Prozent der freiwerdenden Wohnungen entsprechend umgestalten“, so Gabriele Knue.