Ein Eindringling überwuchert Ostfriesland - doch nicht jeder erkennt die Gefahr
Der Japanische Staudenknöterich verdrängt einheimische Pflanzen, wenn er nicht rechtzeitig bekämpft wird. Foto: dpa
Ostfriesland Mit den steigenden Temperaturen erwacht nicht nur die einheimische Flora wieder zum Leben – auch Pflanzen, die ursprünglich kein Teil des hiesigen Ökosystems sind, irgendwann aber (ob gewollt oder zufällig) hier Wurzeln schlagen konnten. Jetzt zeigt sich vielerorts, wie weit verbreitet manche von ihnen bereits sind. Oft stellt das ein großes Problem dar, denn diese invasiven Neophyten sind, im besten Fall, wertlos für andere Pflanzen und auch für Tiere. Oft aber schaden sie dem einheimischen Gleichgewicht in der Natur immens.
Die Herkulesstaude zum Beispiel kann bis zu fünf Meter hoch werden, breitet sich schnell aus und verdrängt einheimische Pflanzenarten, was immense ökologische Schäden verursacht. Darüber hinaus kann der Kontakt mit der Pflanze bei Menschen zu Hautreizungen führen, insbesondere wenn diese dem Saft der Pflanze und dann Sonnenlicht ausgesetzt sind (phototoxische Reaktion).
Für den Menschen ungefährlich, dafür aber ein massives Problem für das Ökosystem nicht nur in Ostfriesland, ist dagegen der Japanische Staudenknöterich. Der wurde im 19. Jahrhundert gewollt aus Ostasien nach Europa gebracht, um hier erfolglos als Erosionsschutz und Futterpflanze eingesetzt zu werden. Durch seine massive Verbreitung ist er längst zu einem ernsthaften Konkurrenten für die heimische Vegetation geworden. Denn dort, wo die bis zu vier Meter hohen Pflanzen wachsen (zehn bis 30 Zentimeter pro Tag), gedeiht nichts anderes mehr. Dazu ist der Japanische Staudenknöterich äußerst robust, und es reichen kleinste Stücke seiner Wurzeln, um neue Pflanzen entstehen zu lassen.
Jan Fuchs, Leiter der Regionalgeschätsstelle des Nabu in Aurich, findet für den Neophyten deutliche Worte: „Beim Japanischen Staudenknöterich überwiegt der Schaden eindeutig den geringen Nutzen. Die Pflanze verdrängt aktiv einheimische Flora und lässt sich nur schwer zurückdrängen.“ Trotz der eindeutigen Gefahr, die von den Invasoren ausgeht, erhalte der Nabu keine Anfragen von Gemeinden, um bei der Bekämpfung der Pflanzen zu helfen. „Manchmal melden wir Vorkommen“, sagt Fuchs.
Wie sieht es im Landkreis Aurich und in der Stadt Emden aus? Auf KURIER-Anfrage antwortete Oliver Janssen, Leiter des Fachbereichs 4 (Personal, Gremien- und Öffentlichkeitsarbeit) der Gemeinde Krummhörn, dass man im eigenen Zuständigkeitsbereich von keinen Vorkommen der Problempflanze wisse. Allerdings seien die Mitarbeiter des Bauhofs mit dem Thema vertraut, und man arbeite gerade daran, „geeignete Aktionspläne zu erstellen, um möglichen zukünftigen Befall effektiv zu bekämpfen und die Ausbreitung einzudämmen“. Das bedeutet also, die Krummhörn hat derzeit noch keine festgelegten Handlungsweisen bei Auftauchen der Pflanze.
Ähnlich fällt die Antwort aus Hinte aus, hier antwortet der Leiter des Geschäftsbereichs Gemeindeentwicklung, Norbert Dubbels, dass die Verbreitung der Pflanze „bisher noch nicht zum Problem geworden“ sei, die Kommune habe deswegen auch keine Erfahrung mit der Bekämpfung.
Die Gemeinde Südbrookmerland hält sich bedeckt. Die KURIER-Anfrage beantwortete Pressesprecherin Martina Dirksen zwar gewohnt schnell und freundlich, aber ohne inhaltliches Ergebnis. Eine direkte Nachfrage beim Bauhof der Gemeinde blieb unbeantwortet.
Deutlich entschlossener liest sich dagegen die Antwort aus Emden. Stadtsprecher Eduard Dinkela kennt und nennt die Stellen, an denen der Japanische Staudenknöterich bereits wächst. „Wenn sich erst einmal Bestände gebildet haben, helfen nur noch mühsames Ausgraben, Abdecken, Ausbaggern und schnellstes Entsorgen über den Hausmüll“, so Dinkela. Chemie käme nicht mehr infrage, da die Zulassungen der systemischen Mittel ausgelaufen seien. Man versuche also, die Pflanze samt der Rhizome (waagerecht verlaufende, verdickte Sprossachsen, die sich unterirdisch ausbreiten) auszugraben. Und: „Rechtzeitiges Handeln ist wichtig, bevor der Japanische Staudenknöterich in voller Stärke auftaucht und dominante, flächige Bestände bildet.“ Die Bekämpfung sei nur am Anfang Erfolg versprechend, etablierte Pflanzen werde man nur sehr, sehr mühsam wieder los. Da gehe es dann nicht ohne Baggern.
Rainer Müller-Gummels, Pressechef des Landkreises Aurich, berichtet, dass das Amt für Kreisstraßen, Wasserwirtschaft und Deiche die Bestände im Blick habe und die Pflanze deshalb derzeit kein Problem darstelle. Das gilt allerdings nur für den Kreis – die Stadt Aurich hat auf die KURIER-Anfrage bisher nicht reagiert.