Einkaufstour in den Niederlanden: Drogenkurier gesteht
Vier Verhandlungstage hatte das Landgericht Aurich im Prozess gegen einen 27-jährigen Westoverledinger vorgesehen, der wegen Drogeneinfuhr und Beihilfe zum Drogenhandel angeklagt war. Doch schon am ersten Prozesstag ging alles ganz schnell, weil der Angeklagte ein umfassendes Geständnis ablegte. Der Westoverledinger wurde zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
Auf Einkaufstour in den Niederlanden
Der 27-Jährige gab zu, als Drogenkurier fungiert zu haben. „Ich habe es nicht gemacht, um damit Geld zu verdienen oder große Profite zu machen, sondern für die Sucht“, erklärte der Angeklagte seine Motivlage. Er konsumierte selbst Heroin und Kokain. Das waren auch die Drogen, die er zusammen mit einer Frau in den Niederlanden einkaufte und nach Deutschland brachte. Pro Tour bekam er je ein Gramm Kokain und Heroin für den Eigenbedarf. Bei acht Fahrten im Zeitraum von Februar bis März 2020 schmuggelte das Duo insgesamt 197 Gramm Kokain und 33 Gramm Heroin über die Grenze.
Bis hierhin unterschied sich die Geschichte nicht großartig von anderen Drogenprozessen. Doch es gab einige Aspekte, die durchaus ungewöhnlich waren. Da war zum Beispiel der Onkel des Angeklagten, der gleichzeitig Auftraggeber der Schmuggelfahrten und Dealer des Angeklagten war. Auf die Frage von Richter Björn Raap, ob der Onkel denn keine Skrupel gehabt habe, seinen Neffen einzubinden und mit Drogen zu versorgen, antwortete der Westoverledinger unverblümt: „Er hat gesagt, er findet das nicht gut, er will das eigentlich nicht. Aber er hat keine Anstalten gemacht, mir das nicht zu geben oder mich davon abzubringen.“
Es war auch der Onkel, der seinen Neffen verpfiffen hat, als der 27-Jährige seit Mai mit Haftbefehl gesucht wurde. Denn der Prozess hätte eigentlich schon damals starten sollen. Doch der Angeklagte war nicht vor dem Landgericht erschienen und stattdessen untergetaucht. Erst am 1. August wurde der Angeklagte festgenommen und in „Ungehorsamshaft“ gesteckt. „Der Onkel war an Ihrer Festnahme beteiligt“, wusste Richter Raap aus den Akten. „Ja, ich war bei ihm im Gartenhaus. Es gab Ärger“, erzählte der Angeklagte.
Sein Onkel sei es auch gewesen, der darauf bestand, dass eine Frau bei den Kurierfahrten dabei ist. „Sie sollte dabei sein, um die Drogen wegzupacken“, gestand der Westoverledinger. Damit war gemeint, dass die Frau die Drogen in ihrem Körper über die Grenze brachte. Es sei auch die Frau gewesen, die auf Parkplätzen oder an Tankstellen in den Niederlanden die Drogen entgegennahm und bezahlte. „Und Sie sollten also überwachen, dass sie nichts veruntreute?“, fragte Richter Raap nach. Der Angeklagte bestätigte das.
Die „Ungehorsamshaft“ hatte beim Angeklagten offenbar einiges bewirkt und ihn ins Nachdenken gebracht. „Im Knast wurde über den Maßregelvollzug schlecht geredet. Aber diejenigen, die schlecht darüber reden, haben es ja auch nicht geschafft. Die sind in den Knast zurückgekommen. Die Leute, die es geschafft haben, die sieht man nicht mehr“, berichtete der Angeklagte von seinen Erfahrungen aus dem Gefängnis.
Schluss mit Heroin und Kokain
Er will mit dem Konsum von Heroin und Kokain Schluss machen, ein normales Leben führen, die Beziehung zu seiner Freundin und den beiden gemeinsamen Kindern retten. Die Therapie ist deshalb seine große Hoffnung. Der psychiatrische Sachverständige war hinsichtlich der Erfolgsprognose äußerst positiv gestimmt. Er habe selten einen so „aufgeräumten“ Angeklagten erlebt, hatte der Gutachter gegenüber dem Richter geäußert. Das Gericht sah diesen Eindruck gerechtfertigt, hob den Haftbefehl auf und sorgte mit dem Strafmaß dafür, dass der Angeklagte erst gar nicht wieder ins Gefängnis muss, sondern gleich die Therapie antreten kann. Das Urteil wurde nach Verkündung rechtskräftig.