Emden soll in seiner Mitte zu Erlebnisstadt werden
In der vollen Nordseehalle hatten Kinder ihren Spaß, es gab Erbsensuppe, Fisch und Tee - und Oberbürgermeister Kruithoff sparte nicht mit Kritik an Volkswagen. Auf dem Neujahrsempfang kündigte er viele Projekte für die Stadt an.
Emden Schon bei den Protestaktion war er mit dabei und kämpfte an der Seite der VW-Mitarbeitenden - beim Neujahrsempfang sprach Oberbürgermeister Tim Kruithoff dann noch einmal Tacheles: Was VW betrieben habe, sei „ein Vertrauensbruch zu den Beschäftigten und der Gewerkschaft“, eine „lange, perfide Phase der Unklarheit“ habe „Familien in Angst und Schrecken versetzt“. Kruithoff: „Das hatte mit verantwortungsvollem Unternehmertum nichts zu tun und so geht man nicht mit Menschen um“. Applaus.
Ein bunter Jahrmarkt in der Nordseehalle
Die Neujahrsempfänge der Stadt Emden waren früher steif, formal und langatmig. Der Wechsel kam mit dem neuen Oberbürgermeister und auch am Sonnabend zeigte sich in der Nordseehalle: Das Konzept geht auf. Vermutlich über 1000 Menschen waren da, Kinder spielten an den Ständen, städtische Vereine und Institutionen präsentierten sich auf einem Jahrmarkt, es gab Musik, Gespräch und natürlich Thiele-Tee und Neujahrsröllchen.
Kein Sprint, sondern ein Marathon
Nach Auftritt von Sternsingern und Stadtorchester ging es dann ans Eingemachte. Die Rede vom Chef ist immer der Höhepunkt, 38 eng beschriebene Seiten waren es diesmal. Ganz klar: Der Rückblick aufs Jahr und die Vorausschau sind kein Sprint, sondern ein Marathon.
Die Bundespolitik streifte er kurz, aber kräftig. Wohlstand könne es nur durch wirtschaftliche Stärke geben, die aber fehle zurzeit. „Das Land ist nicht wettbewerbsfähig“, sagte er und forderte von der neuen Bundesregierung einen Wumms, „gerne auch einen Doppelwumms“. Man müsse dazu nicht immer „neue Sozialleistungen“ schaffen, sondern investieren. Die Gegenfinanzierung über Steuern oder Schulden gehöre dann dazu. Die Schuldenbremse, die Invests verhindere, nannte er „völlig unsinnig“.
Während am Thiele-Stand der Kluntje in den Tassen klackerte und die Feuerwehr ihre Erbsensuppe anwärmte, ging es dann jedoch zu den Themen, die den Emdern - nach dem VW-Desaster - gefühlt den meisten Verdruss bereiten: die Neutorstraße und die Trogstrecke.
Die eine war im vergangenen Jahr Opfer von Verkehrsversuchen, bunten neuen Straßenmarkierungen und der - gelungenen - Möblierung mit Sitzbänken und anderen Außenanlagen. Doch das alles sei Teil eines „weiten und langen Weges“; ab Ende Januar könnten die Bürger in einer Ausstellung aussuchen, wie sie es sich wünschen: welches Pflaster, welche Stadtmöbel? Kruithoff: „Die Schwarmintelligenz wird gefordert“. Was es aber nicht geben werde, ist ein Zurück zum alten Zustand (Autoverkehr in beide Richtungen, Anm. d. Red.). Emden werde seine Strategie, in seiner Mitte eine Erlebnisstadt zu werden, konsequent weitergehen.
Der Trog, die unendliche Geschichte
Kruithoff machte seinem Ärger über die öffentliche Kritik an den Bauarbeiten an der Trogstrecke Luft. Es werde der Eindruck verbreitet, „Emden bekomme nichts auf die Reihe“. Doch nun sei der Trog trockengelegt, obwohl die tatsächlichen Gegebenheiten ganz anders waren, als es die Pläne von damals suggeriert hätten.
Er lobte das Bürgerengagement, gedachte der Toten, führte zahlreiche städtische Projekte auf, die die Stadt lebenswerter machen sollen. Angesichts der Masse an Themen gingen die 38 Seiten erstaunlich schnell vorbei - und offenbarten viele kleine Doppelwummse für Emden.