Ems: Wirtschaft und Naturschutzverbände wollen auf Klagen verzichten
Seit Jahrzehnten behakeln sich um Umweltverbände und die Wirtschaft über die Nutzung der Ems. Die wollen klares Wasser, die anderen genügend Tiefgang. Jetzt deutet sich ein historischer Kompromiss an.
Autoverladung im Emder Außenhafen Die Schiffe haben immer größeren Tiefgang; auch, weil E-Autos schwerer sind als normale PKW. Doch eine Vertiefung von Fahrrinne und Liegeplätzen stieß bisher auf erbitterten Widerstand bei Naturschutzverbänden.
Emden Die Industrie- und Handelskammer Emden und Papenburg gibt sich hoffnungsvoll: „Wir gehen davon aus, dass die Pläne zur Emsvertiefung noch in diesem Jahr ausgelegt werden. Ich halte einen Baubeginn im Jahr 2024 weiterhin für möglich“, sagt IHK-Präsident Dr. Bernhard Brons.
Damit relativiert er Aussagen des Bundes, denen zufolge man erst ab Jahresende 2024 überhaupt „konkretisieren“ könne, wann die Unterlagen öffentlich ausgelegt werden können.
Die Unterlagen für das notwendige Planfeststellungsverfahren für die Vertiefung der Ems um einen Meter bestehen aus rund 6000 Seiten. Diese würden gerade komplettiert und dann ins Niederländische übersetzt. Die öffentliche Auslegung ist Teil des Genehmigungsverfahrens für große Bauvorhaben. Jedermann kann sich die Pläne anschauen und Bedenken äußern. Die werden dann von den Behörden geprüft. Doch auch, wenn dann ein Planfeststellungsbeschluss gefasst wird – was einer Baugenehmigung gleichkommt – kann noch Klage erhoben werden. Potenzielle Kandidaten sind oft die Naturschutzverbände.
Doch wenigstens dieses Szenario haben die örtlichen Akteure wohl abgewendet. Es gibt ein „gentleme’s agreement“, also eine formlose Vereinbarung. Das bestätigte gestern auch der Chef des Wasser- und Schifffahrtsamtes Emden, Hermann Poppen.
Und der Kompromiss geht so:
•Die Naturschutzverbände möchten weniger Schlick in der Ems, um dort die Lebensbedingungen für Fische, Vögel und Pflanzen zu verbessern. Um das zu erreichen, soll das Sperrwerk Gandersum künftig die Tide-Spitzen abfedern, indem es häufiger geschlossen wird. Folge: Es wird weniger Schlick mit der Flut eingetragen und mehr mit der Ebbe ausgetragen. Poppen: „Das ist ein wesentliches Ziel des Masterplanes Ems.“
•Die Verbände sind jedoch prinzipiell gegen jede Vertiefung der Ems. Sowohl in der Nähe des Emder Hafens, als auch in der Außenems.
•Die Emder Hafenwirtschaft indes sieht Nachteile durch die Tidesteuerung. Denn regelmäßig bei Ebbe sinke der Wasserstand innerhalb von zehn Minuten um rund 40 Zentimer. Dies könne während der Autoverladung über Schiffsrampen nicht ausgeglichen werden. Abhilfe schaffen können nur schräge Slipanlagen. Die sollen auch kommen, aber später.
•Zugleich will die Hafenwirtschaft die Aussenemsvertiefung, um auch weiterhin große Schiffe abfertigen zu können.
Also hätten beide Seiten Grund, das Projekt des jeweils anderen zu beklagen. Doch genau das wird – höchstwahrscheinlich – nicht passieren. Im November gibt es eine Lenkungskreissitzung für den Masterplan Ems. Darin wird sich zeigen, ob alle Beteiligten weiterhin dazu stehen, das Projekt des jeweils anderen klaglos passieren zu lassen.
IHK-Präsident Bernhard Brons sagt es deutlich: „Aus Sicht der Hafenwirtschaft ist die Zustimmung der Naturschutzverbände zur Vertiefung der Außenems erforderlich. Dann gibt es auch einen Konsens beim Masterplan.“