Endlagersuche in Deutschland: Warum Westdorf trotzdem auf der BGE-Karte bleibt
Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff (SPD) stellt klar: Wenn Söder Atomkraft befürwortet, sollte Bayern auch die Folgen tragen – nicht Küstenregionen wie Ostfriesland.
Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff findet klare Worte gegen ein Endlager.
Auf einer unscheinbaren Wiese am Rande Westdorfs hat sich am Sonnabend der SPD-Ortsverband Dornum-Baltrum mit dem Bundestagsabgeordneten Johann Saathoff (SPD) getroffen – an einem Ort, der nach derzeitigen Kriterien der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) weiterhin als möglicher Standort für ein Atommüll-Endlager gilt. Die Stimmung war klar: Skepsis und deutliche Ablehnung eines Endlagers vor Ort. Saathoff bestärkte die Anwesenden darin, sich frühzeitig zu positionieren.
Ein Prozess, derJahrzehnte dauert
Eigentlich sollte nach dem Standortauswahlgesetz bis 2031 ein Endlagerstandort feststehen. Doch diese Frist sei unrealistisch, betonte Saathoff. Die BGE selbst rechne inzwischen mit einer Entscheidung erst um das Jahr 2050. Zudem ist absehbar, dass das Gesetz novelliert werden muss.
Deutschland befindet sich derzeit in Phase eins der Standortsuche. Diese ist nochmals in zwei Prüfschritte gegliedert. Ostfriesland – darunter auch der Salzstock Dornum-Westdorf – befindet sich wie viele Regionen erst am Anfang des Verfahrens. „Die Prüfschritte sind noch nicht abgeschlossen, deswegen kann man für Ostfriesland keine verlässliche Aussage treffen“, so Saathoff.
Bis Mitte 2026 sollen die ersten beiden Prüfschritte abgeschlossen sein und ein deutschlandweites Lagebild entstehen. Für zahlreiche Regionen werde dann feststehen, dass sie die Kriterien nicht erfüllen und aus dem Verfahren ausscheiden. Ende 2027 will die BGE schließlich einige wenige Standortregionen für übertägige Erkundungen vorschlagen. Der Bundestag müsste diese Regionen anschließend zusätzlich gesetzlich festlegen.
Warum Westdorf im Verfahren ist
Der Salzstock Westdorf ist – wie andere Salzformationen an der ostfriesischen Küste – bislang nicht ausgeschlossen. Denn als sogenannte Wirtsgesteine für hochradioaktiven Abfall gelten Steinsalz, Tongestein und Kristallingestein. Deshalb befindet sich das Areal weiterhin „in der Karte“ der BGE. Der Salzstock verlaufe unterhalb der Küstenregion und bilde dabei immer wieder „Rücken“, die besonders in Westdorf, aber auch in der Krummhörn, eine Nutzung als Endlager – zumindest auf dem Papier – ermöglichen.
Für die Bevölkerung vor Ort ist diese Vorstellung schwer zu akzeptieren. Ein Endlager direkt unter den Küstenregionen, die bereits massiv zur Energiewende beitragen, hält Saathoff für fragwürdig. Er betonte, Ostfriesland könne „stolz auf seinen Beitrag zur Energiewende“ sein – mit Windkraft an Land und auf See, die bundesweit Strom liefere – erneuerbare Energien. Angesichts dessen sei es „schräg“, zusätzlich auch noch die Altlasten anderer Regionen tragen zu sollen. So etwas müsse in die politischen Entscheidungen mit einbezogen werden. Es gibt schließlich noch andere Regionen in Deutschland.
„Herr Söder soll ein großer Fan davon sein und wenn er das so gern mag, dann kann er eigentlich auch die Folgen der Atomeenergie gern in seinem Bundesland für sich verantworten“, betont Saathoff.
Gutachten des Landkreises spricht gegen Westdorf
Bereits 2023 hatte der Landkreis Aurich ein umfangreiches geowissenschaftliches Gutachten zur Endlagersuche in Auftrag gegeben. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Salzstock Westdorf erscheine aufgrund geologischer Komplexität und aktiver Störungszonen als „gänzlich ungeeignet“. Saathoff verwies ausdrücklich darauf, dass diese Störungszonen bedeuten, „dass der Salzstock in sich nicht homogen ist, sondern dass da Risse drin sind“, durch die radioaktives Material nach außen dringen könnte.
Damit erfüllt Westdorf zentrale Mindestanforderungen nicht und sollte bei weiteren Prüfungen ausscheiden.
Politische Botschaft: Früh Position beziehen
Auch wenn eine endgültige Entscheidung weit in der Zukunft liegt: Saathoff forderte die Anwesenden auf, frühzeitig Haltung zu zeigen. „Man kann gar nicht früh genug damit anfangen zu sagen, dass man das nicht gut findet, wenn Atommüll in unserem Grund lagern soll.“
Er machte deutlich, dass selbst im Fall eines BGE-Vorschlags für Westdorf im Jahr 2050 der politische Widerstand vor Ort unmissverständlich wäre. Zugleich kritisierte er die energiepolitische Debatte rund um Atomkraft als wirtschaftlich und sicherheitstechnisch fragwürdig. Beispiele aus Fuku-shima und Tschernobyl prägten seine Position ebenso wie Kostenargumente gegen neue Atomkraftwerke.
„Wenn wir unseren Kindern nicht die Rechnung geben wollen, ist Atommüll teurer als Solar- und Windenergie“, sagt Saathoff.