Er hat sich bei der Drogenberatung entblößt: Gutachter sagt, Rückfälle nicht ausgeschlossen

Von Martina Ricken

Der Richter am Amtsgericht Aurich sah keine andere Möglichkeit als eine Haftstrafe. Foto: Ute Bruns

Einen widerwärtigen Verlauf nahm am 11. Mai ein Beratungsgespräch bei der Drogenberatungsstelle in Aurich. Der 34-jährige Ratsuchende begann während des Gesprächs vor der Mitarbeiterin der Drogenberatungsstelle (Drobs) zu masturbieren. Das Amtsgericht Aurich verurteilte den Heseler wegen Exhibitionismus zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten. Eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung kam für Richter Markus Gralla nicht in Betracht, denn es war nicht das erste Mal, dass der vielfach vorbestrafte Angeklagte mit diesem Delikt auffällig wurde. „Ich habe ehrlich gesagt nicht die Erwartung, dass der Angeklagte damit aufhören wird“, sagte Richter Gralla.

Der Angeklagte räumte die Tat vor dem Amtsgericht ein. Er habe vor dem Gesprächstermin, den er zuvor vereinbart hatte, Drogen konsumiert und vier Tage nicht geschlafen. „Da habe ich die Kontrolle verloren“, gab er vor Gericht an. Drei Tage nach der Tat hatte er sich per E-Mail bei der Mitarbeiterin entschuldigt. „Sie wollen mir ja eigentlich helfen“, hieß es in dem Schreiben. „Ich hoffe, Sie können mir verzeihen und ich hoffe, dass die Drobs mir trotzdem hilft.“

Ob dem 34-Jährigen tatsächlich zu helfen ist, daran zweifelte nicht nur der Richter, sondern auch die Staatsanwältin. „Sechs von 15 Eintragungen im Bundeszentralregister sind einschlägig“, stellte die Staatsanwältin fest. In der Vergangenheit hatte der Angeklagte auch bei Videogesprächen beispielsweise mit einer Verbraucherberatungsstelle solche Taten begangen.

Erst zwei Wochen vor dem Vorfall in der Drogenberatungsstelle war der Angeklagte aus der Haft entlassen worden. Neben exhibitionistischen Handlungen lautete die damalige Verurteilung auch auf Verstöße gegen Weisungen der Führungsaufsicht. Der 34-Jährige hatte gegen die Auflage verstoßen, keine Drogen zu konsumieren. Angewiesene Kontrolltermine hatte er ignoriert.

Der Drogenkonsum, der schon einmal vergeblich durch einen Aufenthalt im Maßregelvollzug bekämpft werden sollte, hat der Angeklagte ein zweites Problem, dass bislang erfolglos durch eine Therapie angegangen wird. Der Heseler weist eine Sexualstörung auf, die sich immer wieder in exhibitionistischen Handlungen niederschlägt. Es sei ein „komplexes und verfestigtes Störungsbild“, zitierte Richter Gralla eine Stellungnahme aus der Sexualtherapie. „Rückfälle können leider nicht ausgeschlossen werden“, hieß es in dem Bericht. Die Staatsanwältin griff diese düstere Voraussage auf. „Es besteht keine Aussicht, dass der Angeklagte in Zukunft weitere Taten unterlassen wird“, sagte sie.

Angesichts dieser Prognose ist eine Inhaftierung das einzige Mittel, das der Justiz derzeit zur Verfügung steht. „Vielleicht sollte man auch mal bei der Drogensucht ansetzen“, meinte Richter Gralla etwas ratlos. Die Weichen für eine Drogentherapie könne der Angeklagte ja aus der Haft heraus stellen. Die Zeit im Gefängnis könnte sich für den Angeklagten aber länger als vier Monate hinziehen. Denn es sind noch Bewährungen offen, die vermutlich aufgrund der notorischen Wiederholungstaten widerrufen werden.