Happy Birthday, Otto!

Von Werner Jürgens

Der Blödelbarde feiert heute seinen 75. Geburtstag

Happy Birthday, Otto!

Emden Er ist einer der erfolgreichsten und beliebtesten Komiker Deutschlands. Und er ist ein waschechter Ostfriese. Spätestens jetzt dürfte fast jedem klar sein, dass damit niemand anderes als Otto Waalkes gemeint sein kann. Heute feiert er seinen 75. Geburtstag. Richtig in Gang kam seine Karriere vor ziemlich genau 50 Jahren, als seine Debüt-Langspielplatte die deutschen Album-Charts stürmte und im August 1973 die erste „Otto Show“ im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

Der Babysitter-Boogie

war der Startschuss

Der Wunsch Künstler zu werden offenbarte sich dem gebürtigen Emder jedoch bereits lange zuvor. Im Sommer 1962 nahm Otto einen Monat vor seinem vierzehnte Geburtstag an einer vom Kaufhaus „Hertie“ in Emden organisierten Talent-Veranstaltung teil. Er sang den „Babysitter Boogie“ und landete immerhin auf Rang zwei. 1964 war er Mitglied in einer Beat-Formation namens „The Rustlers“. Die spielte Cover-Versionen britischer Vorbilder wie „Beatles“, „Rolling Stones“, „Kinks“ und dergleichen. Damit mauserten sie sich zu einer lokalen Größe, gewannen diverse regionale Nachwuchs-Wettbewerbe und begleiteten Stars wie Ted Herold oder Tony Sheridan in Ostfriesland.

1968 von Emdennach Hamburg

Als er 1968 sein Abi in der Tasche hatte, zog es Otto nach Hamburg, wo er ein Pädagogik-Studium begann und 1970 auf Kunst umsattelte. Während dieser Zeit gehörte er kurz zu einer Wohngemeinschaft, in der unter anderem Udo Lindenberg und Marius Müller-Westernhagen lebten. Zur Aufbesserung seiner Finanzen sorgte der hibbelige Blondschopf mit der Gitarre in kleinen Clubs für Stimmung. Die Gage betrug zunächst fünf Mark die Viertelstunde. „Ich habe halt so ein bisschen rumgedödelt und Folklore gemacht“, erinnerte sich Otto im Nachhinein. „Mir ist immer das Mikro runtergefallen. Und ich habe mich dafür entschuldigt. Die Entschuldigungen sind immer besser angekommen als die Lieder.“ Kein Wunder.

Die Clubs, in denen er singen und spielen durfte, wurden stetig größer. 1972 traf Otto den Pharmastudenten Hans Otto Mertens, der sein Manager wurde. Sie beschlossen, einen Live-Auftritt im Hamburger Universitätshörsaal „Audimax“ mitschneiden zu lassen. Weil etablierte Plattenfirmen mit dem Material nichts anzufangen wussten, gründeten die Geschäftspartner Waalkes und Mertens Ende des Jahres kurzerhand eine eigene Plattenfirma und nannten sie „Rüssl Räckords“. Zu ihrem Markenzeichen wurden die von Otto entworfenen Elefantenkarikaturen, die als „Ottifanten“ bald mindestens genauso populär wie ihr Schöpfer werden sollten

Otto war lange nicht

mehr als ein Geheimtipp

Einstweilen blieben beide jedoch noch ein Geheim-Tipp. Was Ottos besondere Talente betraf, waren die unterdessen bereits auf seinem ersten Tonträger hinlänglich dokumentiert. Mal abgesehen davon, dass die Langspielplatte unvergessene Klassiker wie den „Tarzanruf“ („Greif die Liane Jane!“) oder das live nach wie vor regelmäßig mit dem Publikum kanonartig zelebrierte „Nasdrovje womm“ enthielten, wirkte der Ostfriese in seiner ganzen Art ungemein frech und spontan. Vor allem war er für damalige Verhältnisse irrsinnig schnell. Manche Gags dauerten kaum mehr als ein paar Sekunden. Für das bis dahin eher bieder-gemütliche Humorverständnis der meisten Deutschen war das neu, zumal Otto seine Darbietungen häufig zusätzlich mit ungewöhnlicher Stimmakrobatik effektvoll zu untermalen verstand. Außer Folklore – Vorlage für „Nasdrovje womm“ war ein russisches Volkslied – parodierte er auf seinem Debütalbum eine Reihe bekannter Hits. Beispielsweise ergänzte er die „See me, feel me“-Passage aus der Rock-Oper „Tommy“ um die Worte „Kill me, grill me“.

Am Anfang seiner Karriere bediente sich Otto ab und an auch bei Komikerkollegen. So befanden sich auf seiner ersten LP gleich zwei Gedichte von Heinz Erhardt („Das Gewitter“ und „König Erl“), eine englischsprachige Comedy-Nummer des amerikanischen Entertainers Tiny Tim („The Viper“) und das Lied „Er war einsam, aber schneller“, das Peter Ehelbracht von der Ulk-Truppe „Insterburg & Co.“ verfasst hatte.

Die Initialzündung liefertedas Fernsehen

Die Initialzündung lieferte einmal mehr das Fernsehen. Der visionäre TV-Macher Rolf Spinrads erkannte das Potenzial des jungen Komikertalents und produzierte für den WDR vor der Kulisse eines kleinen Studiopublikums die erste „Otto Show.“ Die Sendung wurde am 27. August 1973 abends in der ARD ausgestrahlt. Im Wesentlichen wiederholte Otto darin weite Teile seines Bühnenprogramms. Indes traute Rolf Spinrads dem Fernsehfrischling wohl nicht so ganz. Jedenfalls stellte er ihm mit Peter Horton und dem Gesangs-Duo „Cherry Cats“ sicherheitshalber Gaststars an die Seite. Otto musste mit ihnen sogar Sketche spielen. Und die wirkten nicht von ungefähr etwas verkrampft. Er legte zur E-Gitarre zwei fulminante Rock’n’Roll-Nummern aufs Parkett und interpretierte im Duett mit Peter Horton auf einer akustischen Gitarre die „Beatles“-Ballade „The Fool on the Hill“. Der Musiker Otto Waalkes geriet beim breiten Publikum jedoch zur Nebensache. Die meisten fanden den Mann aus Ostfriesland einfach nur komisch. Der freche Humor und die ungewöhnliche Stimmakrobatik wurden durch zappelige Körpersprache und urige Grimassen auch optisch perfekt abgerundet. Otto wurde zu einer Art medialem Gesamtkunstwerk.

Die meisten kugeltensich vor Lachen

Nichtsdestotrotz kugelten sich viele bereits vor Lachen, wenn sie ihm bloß zuhörten. Und das brachte den Absatz seiner Schallplatte mächtig in Schwung. Am 31. August 1973 kletterte sie auf Platz eins der Deutschen Album-Charts und hielt sich vier Wochen an der Spitze. Noch besser lief es für die Nachfolge-LP „Otto (die Zweite)“, bei der die Zusammenarbeit mit dem Autorenteam Knorr, Eilert und Gernhardt erstmals voll zum Tragen kam. Sie wurde im April 1974 veröffentlicht und war 18 Wochen lang Deutschlands Langspielplatte Nummer eins. Bis 1983 erschienen sieben weitere Otto-Alben, die alle jeweils mindestens den Sprung auf einen Top-10-Rang schafften. Parallel dazu sendete die ARD bis 1979 einmal im Jahr eine neue Otto-Show. Die Einschaltquoten erreichten bis zu 44 Prozent. Bis 1983 folgten drei weitere Fernsehen-Shows. Dann wagte der Ostfriese den Schritt auf die große Leinwand – und war dort nicht minder erfolgreich. „Otto – Der Film“ lockte 1985 in der Bundesrepublik und in der DDR 14,5 Millionen Zuschauer in die Lichtspielhäuser. Kein anderer deutscher Streifen hat diese Rekordmarke bisher knacken können. In der Ewigen-Bestenliste der zwölf erfolgreichsten deutschen Kinofilme aller Zeiten ist Otto nach aktuellem Stand der Dinge darüber hinaus noch mit „Otto – Der neue Film“ (1987) und „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ (2004) vertreten.

Mit Preisen wurde ergeradezu überschüttet

In Anerkennung seiner schier grenzenlos anmutenden Kreativität ist der Ostfriese im Verlaufe seiner Karriere mit Preisen geradezu überschüttet worden. Außer diversen Schallplatten in Platin und Gold erhielt er mehrere „Bambis“, den „Adolf-Grimme-Preis“, die „Goldene Kamera“, die „Goldene Leinwand“, den „Deutschen Comedy Preis“ und den „Echo“, um nur ein paar der wichtigsten Auszeichnungen zu nennen. Schließlich und endlich war und ist Otto Waalkes ja auch auf etlichen anderen Gebieten aktiv, wie zum Beispiel als Buchautor, Zeichner oder Synchronsprecher (siehe „Ronny's Pop-Show“ oder „Ice Age“).

Selbst nach gut 60 Jahren im Rampenlicht zeigt der Blondschopf aus Emden kaum nennenswerte und bewegt sich nach wie vor überraschend nahe am Puls der Zeit. Erst im Mai diesen Jahres veröffentlichten die beiden Rapper Ski Aggu und Joost Klein einen Techno-Remix von Ottos altem Hit „Friesenjung“.

Die Kooperation des Trios sorgte viral für mächtig viel Wirbel mit der Konsequenz, dass der Song vier Wochen lang den ersten Platz der deutschen Single-Charts belegte.