Der Gesundheitsausschuss im Landkreis Aurich stimmt zu: Eine Machbarkeitsstudie soll prüfen, ob das Helenenstift saniert werden kann – statt es abzureißen.
Hage Lange galt ein Abriss des ehemaligen Alten- und Pflegeheims Helenenstift in Hage als wahrscheinlich – wie Erster Kreisrat Dr. Frank Puchert noch im vergangenen Jahr gegenüber den Hager Bürgern mitteilte – doch nun zeichnet sich eine überraschende Wendung ab: Der Großteil des historischen Gebäudekomplexes könnte erhalten bleiben. Statt eines kompletten Neubaus soll eine Machbarkeitsstudie klären, ob ein Teilabriss und eine Sanierung möglich sind. „Bei einem Neubau gehen wir von 3500 Euro pro Quadratmeter aus“, erklärt Puchert. Die neue Perspektive ist anscheinend eine Geldfrage.
Entsprechend müsse geprüft werden, was erhalten bleiben kann. Ziel ist es, Wohnraum für Menschen mit Unterstützungsbedarf zu schaffen – und damit dem sozialen Auftrag des Hauses treu zu bleiben.
Der Gesundheitsausschuss des Landkreises Aurich stimmte der Beauftragung der Studie in seiner Sitzung in Hage einstimmig zu. Rund 250000 Euro werden bereitgestellt; bis Mitte 2026 soll ein umsetzungsreifes Konzept vorliegen.
Kurswechsel nach Wirtschaftsprüfung
Ursprünglich war ein Neubau im Gespräch, nachdem die Pflege- und Betreuungszentren GmbH (PBZ) – eine Tochtergesellschaft des Landkreises – das Gebäude Ende 2024 wegen gravierender Brandschutzmängel aufgeben musste. Die verbliebenen Bewohner zogen in das Norder Klinikum.
Ein Neubau an der Stelle sei jedoch alles andere als wirtschaftlich. „Daher soll nun geprüft werden, ob eine Sanierung nicht deutlich günstiger und nachhaltiger ist“, erklärt Puchert. Erste Berechnungen sehen die Kosten bei etwa 1500 Euro pro Quadratmeter – also weniger als der Hälfte.
KVHS-Geschäftsführer und Geschäftsführer der neu gegründeten Holding für das Helenenstift Friedhelm Endelmann, selbst Hager, brachte es auf den Punkt:
„Ich tue mich schwer damit, immer gleich alles Alte abzureißen. Daher wollen wir intern prüfen, was mit dem Gebäude noch möglich ist.“
Teile des Komplexes sind schon heute in Betrieb: Die Kreisvolkshochschule bietet dort Sprachkurse an, eine Jugend-Wohngemeinschaft ist im hinteren Bereich untergebracht – alles in Absprache mit dem Brandschutz, wie Endelmann versichert – und in einem Nebengebäude wohnen derzeit Bauarbeiter der Zentralklinik in Uthwerdum – eine Übergangslösung, die zugleich Vandalismus vorbeugt. In Zukunft sollen die Nebengebäude von der KVHS und dem Amt für Jugend und Soziales weitergenutzt werden für Wohngemeinschaften und Kindertagesstätten. Auch die Außenanlagen werden weiterhin gepflegt, sodass der Zustand des Gebäudes sich nicht weiter verschlechtert. „Mehr geht in dem großen Gebäude absolut nicht“, versichert Endelmann. Mehr könne nicht verantwortet werden.
Vorhandene Ver- und Entsorgungsleitungen im Gebäude können auch in Zukunft noch verwendet werden und in das bestehende Konzept integriert werden. Wie weit das möglich sei, auch in den Nebengebäuden, soll in den kommenden sechs Monaten geprüft werden.
Perspektive, Sorge und endlich Bewegung
Im Ausschuss herrschte über Parteigrenzen hinweg Einigkeit, dass gehandelt werden müsse.
Sven Behrens (CDU) betonte: „Wir brauchen eine Perspektive und dafür ein verlässliches Zahlenwerk.“
SPD-Abgeordneter Hinrich Albrecht mahnte zur Eile und forderte, die Frist bis Mitte 2026 unbedingt einzuhalten und hofft, dass das Gutachten auch genutzt werden kann, wenn sich doch für einen Abriss entschieden werden müsse. Angelika Albers (Grüne) machte ihre Zustimmung davon abhängig, dass externe private Investoren nicht einbezogen werden. Dagegen argumentierte Wilhelm Reinken (Freie Wählergemeinschaft), Neubauten seien oft erfolgreicher als Sanierungen – eine Erfahrung, die jedoch nicht alle teilten.
Erster Kreisrat Dr. Frank Puchert betont die soziale Zweckbindung, die seit der Schenkung von 1881 gilt: Das Helenenstift dürfe ausschließlich für soziale Zwecke genutzt werden. „Wir lassen das Gebäude nicht leer stehen. Es soll kein Lost Place werden“, sagte Puchert.
Bürgerdialog: Zwischen Sorge und Aufbruch
Dass das Thema die Menschen bewegt, zeigte sich an der hohen Beteiligung – rund 20 Zuhörerinnen und Zuhörer verfolgten die Sitzung, einige äußerten ihre Sorgen offen. Ein Bürger forderte, die Belange junger Menschen stärker zu berücksichtigen. Endelmann sagte dazu: „Wir sind dafür offen. Aber man muss auch mit uns sprechen.“ Denn wenn Ideen die Diskussion verlassen und dem Kreis vorgetragen werden, können diese nicht mit einfließen.
Andere Stimmen spiegelten ein Unbehagen wider: In Hage kursiere die Befürchtung, das Gebäude könne zu einer Flüchtlingsunterkunft werden, wie Hilko Heuer sagt. Dr. Puchert wies diese Spekulationen zurück: „Das Helenenstift war immer für soziale Zwecke bestimmt – und daran wird sich nichts ändern.“ Vermeidet es aber, klare Versprechen zu geben.
Auch Hages Bürgermeister Egon Völlkopf (SPD) machte klar: „Wir wollen keinen Leerstand. Nächstes Jahr ist Wahlkampf – es wäre schön, wenn wir dann was vorzeigen könnten.“
Abriss wird letzte Möglichkeit
Nach fast einem Jahr der Unklarheit bekommt das Helenenstift wieder eine Perspektive. Noch in der Sitzung betonte Samtgemeindebürgermeister Erwin Sell: „Das ist ein wichtiger Beschluss für die Samtgemeinde und ein Zeichen, dass es vorangeht. Das Schlimmste wäre ein Leerstand.“
Der drohende Abriss ist damit erst einmal vom Tisch – stattdessen soll das Helenenstift wieder Ort des Miteinanders werden. Bis Mitte 2026 wird nun geprüft, wie viel des Gebäudes erhalten und sinnvoll umgebaut werden kann.