Viele Kinder fühlen sich bereits im Grundschulalter beim Lernen überfordert. Foto: Jürgens
Laut aktuellen Studien zeigt fast jedes vierte Kind im Alter von sieben bis zehn Jahren ein erhöhtes Risiko für psychische Auffälligkeiten. Zudem droht ein ähnlich hoher Anteil der Viertklässler abgehängt zu werden, weil sie die Mindeststandards für Lesen und Mathematik nicht mehr erreichen. Dieser besorgniserregenden Entwicklung will die Norder Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern nun mit einem neuen Konzept namens „de Hülp“ etwas entgegensetzen. Der Leiter der Einrichtung Björn Kiedrowski stellte es am Mittwoch im Jugendhilfeausschuss des Landkreises Aurich vor.
Auch Kiedrowski wusste aus seiner alltäglichen Praxis von einigen dramatischen Fällen zu berichten, an denen sehr konkret nachvollziehbar wurde, wie überfordert manche Kinder und zum Teil auch deren Eltern mit der Schule sind. „Die sitzen dann stundenlang zusammen an den Hausaufgaben, und am Ende streiten sich alle nur noch“, erzählte der Leiter der Norder Beratungsstelle. Ein Schüler habe sich gar im Badezimmer eingeschlossen und immer wieder verzweifelt geklagt: „Ich bin so dumm.“ Für solche Fälle, wenn Kinder und Eltern an ihre Grenzen stoßen, ist „de Hülp“ gedacht. Das Angebot richtet sich an Grundschüler/innen mit Lernschwierigkeiten in Lesen, Rechtschreiben oder Mathematik. Es versteht sich allerdings ausdrücklich nicht als reine Nachhilfe oder Maßnahme zur Zensurenverbesserung.
Vielmehr zielt „de Hülp“ darauf ab, den konkreten Hilfebedarf eines betroffenen Kindes zu identifizieren, um mit den verfügbaren Fachkräften und Ressourcen gemeinsam für eine emotionale Entlastung zu sorgen. Das schließt auch die Familien mit ein. Ein wichtiger Baustein besteht z.B. darin, die Eltern zu befähigen, ihre Kindern bei deren Hausaufgaben besser zu unterstützen. Die eigentliche Förderung umfasst zwei bis drei wöchentliche Sitzungen von etwa 45 Minuten. Geleistet werden soll sie von einem „Helferpool“ ehrenamtlicher Kräfte, die entweder bereits pädagogische Kenntnisse mitbringen oder von der Beratungsstelle geschult werden. Die Kooperation zwischen Familie, Schule und Beratungsstelle wird in einem Protokoll festgehalten und regelmäßig überprüft. Die Förderdauer ist auf maximal drei Bewilligungszeiträume von je einem halben Jahr begrenzt.
Um herauszufinden, welche Maßnahmen sich für das jeweilige Kind und dessen Eltern eignen, werden standardisierte Testverfahren durchgeführt. Als Budget für „de Hülp“ sind laut Björn Kiedrowski pro Kalenderjahr 25000 Euro erforderlich. „Damit wäre es möglich, etwa 20 Kinder mit einer individuellen Einzelförderung zu unterstützen“, meinte der Leiter der Norder Beratungsstelle am Mittwoch. Eine entsprechende Beschlussvorlage wurde von den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses einstimmig verabschiedet, wobei Kiedrowski einschränkend anmerkte, dass die von ihm vorgelegte Berechnung eine vorläufige ist. Hauptsächlich wird das Geld benötigt, um die ehrenamtlichen Kräfte zu entlohnen. Und deren Pool ist noch „ausbaufähig“, wie es Kiedrowski am Mittwoch formulierte. Falls sich das Budget doch noch ändern sollte, würde aber nichts verloren gehen, da nur auch tatsächlich von den Helferinnen und Helfern geleistete Stunden bezahlt werden müssten.