In Upleward geht die erste echte Wasserstoff-Produktion in Betrieb
Start in die Wasserstoff-Zukunft (v. l.): Wirtschaftsminister Olaf Lies, OGE-Chef Dr. Thomas Hüwener, Krummhörn Bürgermeisterin Hilke Looden (am Steuer), Landrat Olaf Meinen und Saskia Buschmann, Landtagsabgeordnete für die ostfriesische CDU.
Krummhörn Das Unternehmen Open Grid Europe (OGE) hat in Upleward mit der Herstellung, Speicherung und Nutzung von grünem Wasserstoff begonnen. Gestern wurden der dazu notwendige Elektrolyseur, eine Tankstelle sowie Speichertanks in Betrieb genommen. Das Projekt kostet sechs Millionen Euro; 2,8 Millionen schoss das Land dazu. Deshalb war auch Wirtschaftsminister Olaf Lies dabei, als Dr. Thomas Hüwener, Chef der OGE, den Betrieb startete. Die OGE, eigentlich Betreiberin von Gasnetzen in Deutschland, will an der Verdichterstation in Upleward im Kleinen zeigen, wie grüner Wasserstoff die Energiewende befeuern kann. „Sektorenkopplung“ heißt das Zauberwort: Überschüssige Windenergie wird genutzt, um in einem Elektrolyseur aus Wasser Wasserstoff herzustellen. Dieser wird dann vor Ort in Tanks gelagert, in die eigenen Wasserstoff-Autos getankt oder auch wieder zurückverwandelt in Energie. Das Projekt heißt KRUH2.
„Wir müssen endlich vom Reden ins Machen kommen“, sagte Hüwener vor Gästen aus der Politik, der Mitarbeiterschaft und vor Geschäftspartnern. Man werde im Kleinen zeigen und erproben, wie Wasserstoff künftig im Großen genutzt werden könne.
Sperrig, aber sinnvoll auf den zweiten Blick
Der Name ist etwas sperrig, KRUH2, aber das Projekt doch ziemlich smart. Zum ersten Mal will ein Unternehmen im Kleinen zeigen, wie Wasserstoff als natürlicher Teil der Energieversorgung von morgen genutzt werden kann.
KRUH2, gesprochen „Kruhtuh“, das ist die Kombination aus KRUmmhörn und H2, dem chemischen Zeichen für Wasserstoff. Schlau erdacht von Marketingstrategen. Wasserstoff ist derzeit so etwas wie die Wunderwaffe der Energieindustrie. Atom fällt aus, Kohle demnächst auch, Gas und Öl sind pfui – aber was tun, wenn der Wind keine Windräder antreibt und die Sonne keine Fotovoltaikanlagen unter Strom setzt? Es ist das Standardargument der Neue-Energie-Gegner.
Wasserstoff ist die Lösung. Er lässt sich leicht aus Strom und Wasser herstellen, leicht speichern, er transportiert viel Energie und lässt sich wieder in Strom zurückverwandeln. Doch die Herstellung benötigt viel Strom. Kommt der aus regenerativen Energien, dann darf sich der Wasserstoff „grün“ nennen. Und darum geht es.
Beim Pilotprojekt Wasserstoff nur für den Eigengebrauch
Wenn Ostfrieslands Windenergieanlagen mehr Strom produzieren, als benötigt wird, kann man mit ihm Wasserstoff herstellen. Und genau das macht das Unternehmen Open Grid Europe (OGE) seit gestern in Upleward. Allerdings nur für den Eigengebrauch, zum Testen, ob es funktioniert.
Die Anlage ist eher unspektakulär anzuschauen: Ein weißer Container, ein Gebäude mit Rohrleitungen, zwei Tanks – und eine Tankstelle, die einer E-Ladesäule ähnlich sieht. Im Hintergrund: sehr viel Computertechnik. Auf die ist man mächtig stolz bei der OGE, der Betreiberin. Man nennt sie den „digitalen Zwilling“. Sie soll überwachen, berechnen, überschüssige Windenergie vorhersagen, die Produktion steuern.
Hilke Looden, Krummhörns Bürgermeisterin, war eine der ersten, die ein Wasserstoff-Auto mit Wasserstoff, hergestellt mit ihrem eigenen Krummhörner Wind fahren durfte. In ihrem Grußwort hatte sie betont, dass die Krummhörn neuer Energie gegenüber aufgeschlossen sei, und das nicht nur wegen der Steuereinnahmen. Bereits 2002 habe die Krummhörn den größten Windpark Deutschlands ausgewiesen. Doch sie appellierte auch an die Politik: „Bitte gehen Sie mit Augenmaß vor, überfordern Sie die Bürger nicht.“ Trotzdem sei man stolz, diese neue Anlage jetzt auf dem Gemeindegebiet zu haben.
Man sieht sie nicht, man riecht sie nicht, sie wirft keinen Schatten
Man darf behaupten: Sie ist unproblematisch. Man sieht sie nicht, man riecht sie nicht und sie wirft auch keine Schatten im Millisekundentakt, wie die Windräder. Das spielte Wirtschaftsminister Olaf Lies in die Hände: „Akzeptanz erziele ich, wenn die Eingriffe in die Natur so gering wie möglich sind“, sagte er vor den Festgästen. Er lobte den systemischen Ansatz der OGE. Will heißen: Man probiert zum ersten Mal aus, wie die gesamte Wasserstoffnutzung funktionieren könnte in einem in sich geschlossenen System: Erzeugung, Lagerung, Nutzung und Zurückverwandlung in Strom. „Damit können wir all‘ den Zweiflern etwas entgegensetzen, die die Energiewende immer nur kritisieren. Wir zeigen hier im Kleinen: Es funktioniert!
Das Pilotprojekt war dem Land fast drei Millionen Euro wert. Das solle ein Zeichen dafür sein, so Lies, dass Niedersachsen „ein Teil der Zukunft“ sein möchte – auch mit dem Wasserstoff-Projekt der OGE.