Selbstbewusst. Henrik Janssen hat mit stabilen Leistungen beeindruckt. Jetzt will der ehemalige Norder seinen ersten Titel bei den Männern holen und das WM-Ticket lösen. Foto: Iris Hensel
Henrik Janssen ist ein begnadeter Langschläfer. Der Diskus-Hüne kann problemlos zehn oder auch einmal elf Stunden am Stück pennen – am liebsten im eigenen Bett. Deshalb verzichtet der ehemalige Norder, der für den SC Magdeburg startet, bei der heute beginnenden Deutschen Meisterschaft auch auf ein Hotel, sondern verbringt die Nacht vor dem Wettkampf zu Hause. „Ich fahre in gut zwei Stunden nach Kassel, da kann ich auch Sonntagmittag anreisen“, erläutert der 25-Jährige, der einst beim NTV ausgebildet wurde. Morgen Abend ab 18.15 Uhr will er dann den großen Wurf landen. Denn der 2,02 m große Athlet gehört zum Kreis der engsten Titelfavoriten und will endgültig die Fahrkarte zur Weltmeisterschaft im August in Budapest lösen.
Janssens Plan zum Titel – es wäre der erste bei den Männern – sieht wie folgt auf: Nach Aufstehen und Frühstück gibt es in Potsdam, wo er inzwischen wohnt und trainiert, eine leichte Einheit zum Anschwitzen. Um 12 Uhr wirft er den Motor des gesponserten BMW an und macht sich auf den Weg nach Hessen. Dort wird zu Mittag gegessen. „Anschließend werde ich mir im Auestadion ein schattiges Plätzchen suchen“, beton Janssen. Das wird auch dringend nötig sein, denn die Bedingungen sind alles andere als einfach. Für Sonntag sagen die Meteorologen Temperaturen bis 36 Grad voraus. In der Arena dürfte das Thermometer bei der Hitzeschlacht durchaus die 40-Grad-Marke knacken.
Nachdem Janssen die Ausbildung zum Bundespolizeibeamten erfolgreich beendet hat und er sich ganz auf den Sport konzentrieren kann, zeigt seine Formkurve kontinuierlich nach oben. Er hat fünfmal in Folge über die 64 m geworden. Seine Bestweite liegt bei 66,51 m, was ihm Platz zwei in der aktuellen deutschen Bestenliste hinter Daniel Jasinski vom TV Wattenscheid (66,75 m) einbringt. Der Wattenscheider, Bronzemedaillengewinner der Olympischen Spiele 2016, war zuletzt aber verletzt, sodass abzuwarten bleibt, was er zu leisten vermag. Seine Weite stammt noch von der Winterwurf-Meisterschaft im Februar, danach musste er passen.
Mit Steven Richter vom LV 90 Erzgebirge (65,88 m) und Mika Sosna vom TSV Bergedorf (65,57 m) folgen auf den Rängen drei und vier des zwölfköpfigen Teilnehmerfeldes die beiden besten deutschen Nachwuchswerfer. Olympiasieger Christoph Harting hat gerade in einem Bericht im Magazin Spiegel seine Depressionen öffentlich gemacht. Der 33-jährige Routinier will noch einmal angreifen. Sein großes Ziel ist ein Start bei den Olympischen Spielen nächstes Jahr in Paris – da will auch Henrik Janssen hin.
Mit der Favoritenrolle in Kassel hat der Ostfriese keine Probleme. „Ich weiß, was ich kann“, sagt er selbstbewusst. In der Weltrangliste hat er sich inzwischen auf Platz 20 vorgearbeitet. Damit sind seine Chancen weiter gestiegen, in der ungarischen Hauptstadt zum zweiten Mal in seiner noch jungen Karriere bei einer WM dabei sein zu dürfen. Vier seiner besten Freunde haben anscheinend vollstes Vertrauen in seine Fähigkeiten. „Die haben Flug, Hotel und Eintrittskarten schon längst gebucht“, lacht der Sportler.