Juist: Hundehalter bleiben stur

Von Stefan Erdmann

Ein nach einer Attacke verendeter Rehbock am Strand von Juist – mehrmals im Jahr erfährt der Hegering der Insel von solchen Funden.

Am Sonntagmorgen hatte eine Joggerin bei den Rettungsschwimmern auf Juist einen Rehbock gemeldet, der sich auf einer Sandbank befand und zu ertrinken drohte. Sofort hat sich ein Rettungsschwimmer auf den Weg zu der genannten Position Höhe Hundestrand aufgemacht. Der Rehbock war nass und erschöpft. Er stand schon bis zur Brust im Wasser und versank mit den Beinen immer wieder im weichen Sand, sodass bei dem auflaufenden Wasser Eile geboten war. Der Rettungsschwimmer packte das hilflose Tier beherzt am Geweih und trug den Rehbock sicher durch den Priel an Land.

Allerdings war das Tier so erschöpft, dass die zuständige Jägerschaft, welche kurz darauf eintraf, es nur noch erlösen konnte. Wie sich allerdings kurze Zeit später herausstellte, hatte der Bock frische Bissspuren am Spiegel (Gesäß), sodass, da es keine Wölfe auf den Inseln gibt, vermutlich ein Hund das Tier angefallen hatte.

Der KURIER sprach über diesen Fall mit Lutz Bohlen, Hegeringleiter auf Juist. Er hatte sich das Tier ebenfalls angesehen und bestätigte, dass der Rehbock von einem Hund angefallen worden ist. Kein Einzelfall, wie er uns berichtet: „Immer wieder werden wir – aber nie von den Verursachern selbst – über angefallene Rehe und vor allem kleine Seehunde informiert.“ Zum Beweis zeigt er uns verstörende Fotos von Rehen mit offenen Wunden oder Seehunden, deren Achterläufe unter Blut waren. Bohlen: „Das ist typisch für einen Hund, die gehen immer hinten an die Tiere ran.“

Drei- bis viermal erlebe er so etwas in jedem Jahr, so Bohlen, und sicher gebe es eine hohe Dunkelziffer: „Die Rehe tauchen verletzt unter, wo man sie nicht sieht und wo sie nach ein paar Tagen dann qualvoll sterben.“ Die Unvernunft einiger Hundehalter, die sich nicht an das Leinengebot halten, sieht die Jägerschaft als das große Problem an, nicht der nicht entsorgte Hundehaufen am Straßenrand, über den sich bevorzugt in den sozialen Medien in diversen Juist-Gruppen wieder und wieder in unzähligen Kommentaren ausgelassen wird.

Der Hegering selbst sitze mit dem Problem indes relativ allein da, so Bohlen weiter. Zwar würden Verwaltung, Ausschüsse und Rat nicht müde werden, immer wieder Beschlüsse zu fassen und zu verkünden, wann, wie und wo das Anleingebot gelte, Kontrollen fänden aber nicht statt. Bohlen: „Ordnungsamt und Polizei werden nur tätig, wenn jemand Anzeige erstattet.“

Erwische man selbst die Hundehalter und macht sie darauf aufmerksam, bekäme man zumeist noch dumme oder pampige Antworten. Bohlen: „Den Herrchen oder Frauchen ist es meistens gar nicht bewußt, dass es sich juristisch gesehen um eine Straftat, nämlich den Tatbestand der Wilderei handelt, wenn die Hunde anderen Tieren nachstellen.“

Ein Beispiel an dummen Antworten ist ihm noch besonders im Sinn: „Ich habe den Herrn am Strand angesprochen und aufgeklärt, etwas missmutig leinte er seinen Hund an, um ihn nach zwanzig Metern schon wieder von der Leine zu lösen. Nachdem ich nun energischer wurde und mit dem Einschalten der Polizei drohte wurde mir gesagt, dieser Hund müsse frei laufen, es sei schließlich ein Trüffelhund.“