Kartoffelrosen auf den Inseln: Die Schöne mit dem bösen Beinamen

Von Stefan Bergmann und Hauke Eilers-Buchta

Ein Blütenteppich so weit das Auge reicht: Die Kartoffelrose scheint zu Ostfriesland zu gehören wie Sand und Dünen und das Meer. Doch die Pflanze mit den hübschen rosa Blüten wurde eingeschleppt. Und sie spielte eine wichtige Rolle für die Nationalsozialisten.

Die Kartoffelrose auf Baltrum. Ist schön, gehört dort aber nicht hin. Ihre Früchte - Hagebutten - sind schmackhaft und sehr groß.

Ostfriesland Die Kartoffelrose - oder auch Apfel-Rose genannt - überzieht weite Felder auf den Ostfriesischen Inseln, und auch am Festland ist sie immer häufiger zu sehen. Sie breitet sich immer weiter aus. Inzwischen wird sie von Touristen genauso für Ostfriesland-typisch gehalten wie der gelbe Raps und der ständig nieselnde Regen. Doch die Rose (lateinisch rosa rugosa) kommt eigentlich aus China, Russland, Japan und Korea. Irgendwann wurde sie nach Europa gebracht, weil sie so schön aussieht – und eigentlich überall wachsen kann. Selbst, wenn der Boden salzig ist. Doch sie birgt ein Problem: Sie verdrängt heimische Arten. Sie ist ein „Neophyt“ (also eine Pflanze, die dort wächst, wo sie eigentlich nicht hingehört.)

Doch wie sieht es konkret auf den Ostfriesischen Inseln aus? Laut Baltrums Nationalpark-Rangerin Anette Müller ist die Kartoffelrose auf der Insel nicht überall, allerdings „an ein paar Stellen“ zu finden. „Mir sind bisher keine Probleme mit der Pflanze begegnet“, so die Rangerin auf KURIER-Anfrage. Sie verweist allerdings an den Nationalpark sowie an die niedersächsische Küstenschutzbehörde, den NLWKN.

Sie hat den Beinamen „Adolf-Hitler-Rose“

Die Kartoffelrose wächst so schnell, ausdauernd und großflächig, dass sie schnell die heimische Vegetation überdeckt, ihr das Licht wegnimmt, ganze Landstriche dominiert und alles unter ihr zum Absterben bringt, heißt es dort. Der NLWKN hat der Rose deshalb den Kampf angesagt. Doch es ist oft ein Kampf gegen Windmühlen.

Dass die Rose so schnell und dicht wächst, hat ihr einen üblen Beinamen eingebracht. Sie heißt im Volksmund auch „Adolf-Hitler-Rose“ – was ihrer Schönheit nicht gerecht wird. Jedoch: Sie war in der Lage, die im Zweiten Weltkrieg neu gebauten Bunker auf den Inseln binnen kürzester Zeit zu überwuchern und sie deshalb aus der Luft unsichtbar zu machen. Die Nazis fanden das prima und pflanzten, was das Zeug hält.

Der Küstenschutz mag diese Rose nicht

Doch auch der Küstenschutz hatte lange Freude an der Rose, denn er setzte sie auf Deichen und in Dünen ein, damit ihre Wurzeln den Untergrund verfestigen. Auch als Windschutzhecke wurde sie gerne angepflanzt, sagt Fabian Buß, Pressesprecher des NLWKN mit Sitz in Norden. Erst nach und nach wuchs die Erkenntnis, dass die Rosen eher schaden als nützen: „Die Wurzeln sorgen weder in Schutzdünen noch in Deichen für Stabilität, sondern beeinträchtigen die Sicherheit gegen Wassererosion, Winderosion und Wühltiere“, sagt Buß. Deshalb würde man sie gerne großflächig bekämpfen, was jedoch mit einem gewissen Frustpotenzial einhergeht: Sie schlägt einfach immer wieder aus. Allein das Herausrupfen der gesamten Pflanze samt Wurzeln verspricht Erfolg. Doch dieses rabiate Vorgehen destabilisiert oft die Dünen und Sandflächen, sagen Fachleute. Deshalb wird die Rose nur einzelnen kleinen Abschnitte gezielt bekämpft.

Die Kartoffelrose unter Dünen- und Deichschützern längst vom Paulus zum Saulus entwickelt. Der NLWKN setzt lieber auf Strandhafer und Strandroggen, um Dünen beispielsweise nach Schäden wieder zu begrünen. Das einzige, was sicher hilft gegen das buschige Gewächs: Hungrige Schafe, die alles wegfressen, was grün ist. Doch die weiden meist nicht da, wo die Blume wächst.