Klimaschutz: Der Natur sind Politik und Wirtschaft egal
„Wir kämpfen an allen Fronten“, sagt Obersielrichter Reinhard Behrends. Foto: Werner Jürgens
Ostfriesland Der steigende Meeresspiegel ist nicht das einzige Problem, das uns der Klimawandel beschert. „Wir kämpfen an allen Fronten“, sagte Obersielrichter Reinhard Behrends am Donnerstag auf der Ausschusssitzung vom Ersten Emder Entwässerungsverband Emden. Das Treffen fand im Siel- und Schöpfwerk Knock statt. Und nicht nur dort arbeiten die Pumpen längst hart am Limit.
„Klimaschutz ist zwingend notwendig, auch wenn es aktuell den Anschein hat, als würden nur noch andere Probleme existieren“, meinte Behrends während der Sitzung am Donnerstag. „Der Natur ist es ziemlich egal, was geopolitisch und wirtschaftspolitisch passiert. Die geht ihren Weg. Die durch Starkregenfälle bedingten stetig zunehmenden Niederschlagsmengen im Binnenland bedeuten eine große Herausforderung für die Entwässerungssysteme. Besonders hart traf es letztes Jahr Moordorf. Dort wurde binnen drei Jahren zum zweiten Mal ein sogenanntes 100-jähriges Ereignis erreicht, also ein Rekordwert, der sich bisher normalerweise lediglich alle 100 Jahre eingestellt hat. Und damit nicht genug. Innerhalb nur eines Jahres gesellten sich allein in dieser Region darüber hinaus auch noch ein 30-Jahres-Hoch und ein Zehn-Jahres-Hoch hinzu. „Das sollte uns zu denken geben“, warnte Behrends.
Zwar habe der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer für den Küstenbinnenschutz eine Viertelmilliarde Euro zugesichert, allerdings gestaffelt bis 2048 und natürlich für ganz Niedersachsen. Als der Obersielrichter das kundtat, ging ein Raunen durch den Ausschuss, weil sich wohl alle Anwesenden schnell ausrechnen konnten, dass das sehr wahrscheinlich nicht reichen wird. Trotzdem betonte Behrends ausdrücklich: „Wir sind für jeden Euro dankbar. Unsere Mitarbeiter waren in diesem Jahr teilweise Tag und Nacht draußen.“ Doch nicht nur das Personal will bezahlt werden. Zudem belasten die hohen Energiekosten das Budget. Obwohl die Abrechnung für 2024 erst im Frühjahr kommt, hätten seine Rendanten schon jetzt „Schweißperlen auf der Stirn“, erklärte der Obersielrichter.
Ein weiterer Knackpunkt ist, dass die Wintermonate extrem nass sind, während es im Sommer vermehrt trocken bleibt. Ab einem bestimmten kritischen Punkt müssen manche Pumpen kapitulieren und abgeschaltet werden. Aus diesem Grund plädierte Reinhard Behrends vehement für zusätzliche Pump- und Schöpfkapaziäten. Sinn machen würde das seiner Ansicht nach zum Beispiel im Emder Hafen, um dort einen besseren Schutz vor Niederschlagsereignissen zu schaffen. Es gab auch bereits erste Gespräche in dieser Richtung mit der Industrie, wo man die Notwendigkeit inzwischen ebenfalls erkannt habe, so Behrends.
Ähnliche Gesprächsbereitschaft seitens der Wirtschaft würde sich der Obersielrichter mit Blick auf die Erschließung des Rysumer Nackens wünschen. Das wachsende Verkehrsaufkommen hat die Außenfassade vom Siel- und Schöpfwerk Knock arg in Mitleidenschaft gezogen, weswegen sie saniert wurde. „Wir können froh sein, dass das Gebäude nicht mehr Schaden genommen hat“, monierte Behrends verbunden mit der dringenden Empfehlung, unbedingt über alternative Anfahrtswege nachzudenken. Ohnehin sind die meisten Siel- und Schöpfwerke nicht nur an der Knock in die Jahre gekommen, was zur Folge hat, dass die Pumpen regelmäßig überholt oder nachgerüstet werden müssen. Und auch das kostet jedes Mal viel Geld.
Zwar wurden zu diesem Zweck zwischenzeitlich neue Förderrichtlinien veröffentlicht. Die Ausstellung der Förderbescheide kann sich aber noch bis zum Herbst 2025 hinziehen. Deswegen hat der Erste Emder Entwässerungsverband für die Grundinstandsetzung seiner Pumpe 1 im Hauptschöpfwerk Knock einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn beantragt. In einer ersten Kostenschätzung geht der Verband von einem Investitionsvolumen von 410000 Euro aus. Darüber hinaus wird ein weiterer Förderantrag für die Grundinstandsetzung des Hauptunterschöpfwerks Forlitz-Blaukirchen für das Jahr 2026 gestellt. Die Kosten hier belaufen sich auf etwa 130000 Euro zuzüglich Honorarkosten.