Maike Salhofen auf Lesetour: „Das Kloster war immer im Hinterkopf“

Von Werner Jürgens

Autorin Maike Salhofen hat für ihren Roman sehr akribisch recherchiert.

Ostfriesland Was hatten die Piraten um den legendären Klaus Störtebeker mit der Klosterstätte in Ihlow zu schaffen? Auf diese Frage liefert Maike Salhofen in ihrem Roman „Bruder Enno und die Hand des Störtebeker“ ein paar interessante Antworten. Dabei kombiniert die Autorin, die in Aurich aufgewachsen ist, überlieferte Fakten mit fiktiven Geschehnissen und entwickelt daraus einen spannenden historischen Wirtschaftskrimi, in dem ein pfiffiger Mönch einen Mord aufklären muss. Jetzt ist Maike Salhofen unterwegs auf Lesereise auf der ostfriesischen Halbinsel.

Frage: Wie sind Sie auf das Thema für Ihren Roman gekommen?

Maike Salhofen: Ich hatte das Kloster in Ihlow schon während meiner Schulzeit mit meiner Klasse besucht, als dort gerade von den Archäologen die Grabstätte freigelegt wurde. Das war ein beeindruckendes Bild, das mich durch mein gesamtes Geschichtsstudium begleitet und bis heute nicht losgelassen hat. Das Kloster war immer in meinem Hinterkopf.

Frage: Was fasziniert Sie an diesem Schauplatz?

Salhofen: Das Kloster in Ihlow gehörte zu seiner Zeit zu den größten im gesamten Nordseeraum. Klöster waren damals hochmoderne Produktionsstätten. Wichtige Wirtschaftsbereiche wie das Agrarwesen oder die Schmiedekunst wurden dort auf einem Niveau betrieben, bei dem die einfachen Handwerker auf den Dörfern gar nicht mithalten konnten. Das hat gewisse Begehrlichkeiten geweckt, einerseits bei weltlichen Machthabern wie den ostfriesischen Häuptlingsfamilien, andererseits aber auch bei den Kaufleuten des aufkommenden Geldbürgertums. Die haben dann als Gegenleistung für Schutz oder einen Kredit ihre eigenen Söhne oder ihnen genehme Mittelsmänner in die Klöster eingeschleust, sodass die echten Priester und Äbte stetig weniger Einfluss hatten.

Frage: Und warum ausgerechnet Ostfriesland?

Salhofen: Ich wollte nicht noch einen langweiligen Mittelalter-Roman schreiben, in dem irgendein Tyrann eine holde Dame entführt, die sich nicht wehren kann und der nebenher die armen Bauern tyrannisiert. In Ostfriesland waren die politischen Verhältnisse ohnehin etwas anders. Das war damals die einzige bekannte Region auf der Welt, wo die Leute frei waren. Die Häuptlinge mussten von ihren Untertanen bestätigt werden. Das waren im Prinzip moderne Politiker, die sich nicht willkürlich alles herausnehmen konnten gegenüber ihrem Volk, sondern mit Augenmaß handeln mussten.

Frage: Wie sahen die Machtverhältnisse konkret aus?

Salhofen: Eine weitere Besonderheit ist, dass mit Widzeld ein uneheliches Kind als legitimer Nachfolger offiziell regieren durfte. Der machte seine Sache eigentlich recht ordentlich. Sein Volk im Brookmerland stand hinter ihm, und auch die Piraten um Klaus Störtebeker hatte er gut im Griff. Im Hintergrund spann allerdings seine vermeintlich ihn liebende Stiefmutter fleißig Intrigen, weil sie lieber ihren leiblichen Sohn auf den Thron sehen wollte.

Frage: Was hatten die Piraten damals in Ostfriesland zu suchen?

Salhofen: Die waren zunächst vorrangig in der Ostsee aktiv. Als sie von dort vertrieben wurden, und mit ihren flachen Schiffen in den engen Prielen entlang der ostfriesischen Küste Zuflucht fanden, kamen die großen Kriegsschiffe der Hanse erst einmal nicht hinterher. Die Häuptlinge haben nicht nur Geld von den Piraten bekommen. Sie haben mit denen auch so eine Art persönliche Privatarmee als Unterstützung gehabt.

Frage: Welche Rolle spielten die Kaufleute?

Salhofen: Die Piraten dürften kaum alles, was sie auf hoher See gekapert hatten, für sich behalten haben. Allein schon deswegen spielten damals auch die Kaufleute eine entscheidende Rolle, zumal auch sie verstärkt politischen Einfluss zu nehmen versuchten.

Frage: Was gibt es – ohne allzu viel vorwegzunehmen – zum Mordfall und zum Ermittler in Ihrem Roman zu sagen?

Salhofen: Enno ist ein Mönch, der in Paris Jura studiert hat und in sein Heimatkloster nach Ihlow zurückkehrt. Dort ist sein Onkel Abt. Mit dem hat er noch eine alte Rechnung offen. Als man den Mord entdeckt, wird Enno wegen seiner Qualifikation als Rechtsgelehrter als „Investigator“ eingesetzt. Der Abt möchte den Mord möglichst schnell aufgeklärt haben, bevor sich weitere Parteien einmischen. Neben den bereits genannten Interessengruppen besteht zudem die Gefahr, dass die Inquisition auf den Plan tritt, da das Gerücht kursiert, der Teufel hätte seine Hände im Spiel gehabt. Auch das entspricht dem damaligen Zeitgeist. Der Aberglaube war vielerorts noch sehr verbreitet.

Frage: Wie lange haben Sie an dem Roman geschrieben?

Salhofen: Das hat sich über einen Zeitraum von ungefähr drei Jahren hingezogen, wobei mindestens ein Jahr für die Recherche draufgegangen ist. Ich bin da wirklich sehr akribisch vorgegangen. Erst wenn ich genug Material unter den Füßen habe, fängt meine Fantasie so richtig an zu laufen, weil mir die Fakten meine Ideen liefern. Das meiste davon musste ich allerdings schnell wieder wegschieben, weil ich gemerkt habe, dass sich die Geschichte nicht unbedingt besser liest, wenn ich die Fakten zu groß werden lasse. Deshalb hat sich das im Laufe der Zeit ständig verändert und entwickelt. Letztlich habe ich fünf verschiedene Romane geschrieben, bis ich endgültig mit der Geschichte zufrieden war.

Das Buch „Bruder Enno und die Hand des Störtebeker“ ist erschienen im Emons Verlag. Die broschierte Originalausgabe umfasst 432 Seiten. Das Buch kostet 17 Euro oder 12,99 Euro als E-Paper.

Termine der Lesungen mit Maike Salhofen

19. Oktober Klosterstätte Ihlow (15 Uhr)

22. Oktober Blumenhalle Wiesmoor (19 Uhr)

24. Oktober Küstenmuseum Wilhelmshaven (19 Uhr)