Mehr Pflege - weniger Menschen, die pflegen: Wie soll das gehen?

Von Heidi Janssen

Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig, doch es gibt immer weniger Menschen, die diesen anspruchsvollen und anstrengenden Beruf ausüben wollen. Der Landkreis Aurich will aber doch nicht von einem „Schreckensszenario“ sprechen.

Ostfriesland Immer mehr Menschen im Landkreis Aurich werden zukünftig auf Pflege angewiesen sein. Bis zum Jahre 2035 wird die Anzahl der Pflegebedürftigen, so die Prognose, um 23,6 Prozent steigen. Waren im Jahr 2021 rund 14400 Personen auf Unterstützung im Alter angewiesen, werden es in elf Jahren mehr als 19200 sein. Ein besonders hoher Anstieg wird bei den hochbetagten Pflegebedürftigen im Alter zwischen 80 und 90 Jahren erwartet.

Gesamtgesellschaftliche Herausforderung

„Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen – als Kreisverwaltung, aber auch gesamtgesellschaftlich“, so Enno de Vries vom Amt für Jugend und Soziales. Er stellte am Montag im zuständigen Fachausschuss den Pflegebericht 2023 für den Landkreis Aurich vor. Alle vier Jahre wird der Bericht neu aufgelegt. In dem am Dienstag vorgelegten 60-seitigen Papier werden die Daten der Jahre 2018 bis 2021 betrachtet und bewertet.

Der Altersdurchschnitt im Landkreis Aurich ist bereits jetzt überproportional hoch. Zum einen werden die Menschen immer älter, zum anderen gibt es einen hohen Zuzug älterer Personen. Mit Eintritt des Rentenalters ziehen viele Menschen nach Ostfriesland, um hier ihren Lebensabend zu verbringen.

Fachkräftemangel wird weiterhin Thema sein

Gleichzeitig nimmt die erwerbsfähige Bevölkerung im Landkreis Aurich ab. „Damit wird sich der Personalmangel weiter verstärken“, so de Vries. Dabei sei der Fachkräftemangel bereits jetzt allgegenwärtig. „Die Situation ist prekär.“ Zwar sei die Anzahl der Pflegekräfte im betrachteten Zeitraum moderat gestiegen, vor allem im stationären Bereich. Dem stehe jedoch seit 2017 eine stetig wachsende Zahl an Pflegebedürftigen gegenüber. „Und die Schere wird weiter auseinanderklaffen“, mahnte de Vries. Pro Pflegekraft müssten stetig mehr Personen versorgt werden. „Sie sind im Landkreis Aurich überproportional belastet.“

Grundsätzlich sei das pflegerische Angebot im Landkreis Aurich vielfältig und in der Breite auch noch bedarfsdeckend. Nicht ausreichend bedient werden kann laut Pflegebericht aktuell die Nachfrage nach Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Angebote zur Überbrückung nach einem Krankenhausaufenthalt und der Rückkehr in die eigenen vier Wände fehlt. Auch für die Betreuung von Demenzkranken stehen zu wenig Plätze zur Verfügung, sowohl in der Dauer- als auch in der Kurzzeitpflege.

Neue Angebote zu schaffen ist, nach den Worten von de Vries, aufgrund des Personalmangels in der Pflege jedoch schwierig. Bundesweit würden die Ausbildungszahlen sinken, die Konkurrenz um Fachkräfte sei groß. „Aber ich will hier jetzt kein Schreckensszenario malen.“

Mit den Pflegeschulen und den Kliniken verfüge der Landkreis grundsätzlich über gute Voraussetzungen in der Pflegeausbildung. Und man dürfe nicht vergessen, dass 80 Prozent der Pflegebedürftigen zu Haus gepflegt würden, von Angehörigen oder anderen Personen. Hier sah de Vries einen Ansatz für Präventions- und Unterstützungsarbeit, damit die zu Pflegenden möglichst lange in ihrem Zuhause leben können. Auch den Aufbau von Netzwerken hielt er für unerlässlich. Mit den Themen Fachkräftesicherung und Ausbildungssteigerung beschäftigt sich auch der Verein Gesundes Ostfriesland, wie Andreas Epple, Vorsitzender des Gesundheitsnetzwerkes, auf Nachfrage im Ausschuss erläuterte. Aktuell werde an einer Imagekampagne gearbeitet, um mehr junge Leute für den Pflegeberuf zu begeistern. Auch sei man mit der Agentur für Arbeit im Gespräch über Qualifizierungsmaßnahmen.