Mit den Bildern der Künstlerin Doet Boersma kann man so richtig in die Natur eintauchen
Die Niederländerin Doet Boersma stellt im Norder Kunsthaus aus. Fotos: Irmi Hartmann
Norden Der erste Eindruck? Einfach nur imposant. Großformatige Bilder, riesige Bilder lassen einen eintauchen und sich fragen: Bin ich noch im Kunsthaus oder schon mitten in der Natur? Aber das ist nur der Anfang, eben der erste Eindruck. Doet Boersma möchte mehr bieten, viel mehr. Und nahezu jedes ihrer Gemälde ist eine Einladung dazu. Seit gestern stellt die Niederländerin ihre Arbeiten im Norder Kunsthaus an der Großen Neustraße aus.
Einen Zweck, den die Künstlerin im Gespräch immer mal wieder nennt, weil er ihr so wichtig ist, erfüllen ihre Werke tatsächlich schon beim flüchtigen Blick darauf: man atmet automatisch erstmal tief ein. Als sei man irgendwo zwischen all diesen Pflanzen, die sie auf der Leinwand festgehalten hat, als stehe man mitten in der Natur. Und ertappt man sich auch dabei, dass man etwas zu riechen meint? Von der Frische des Grüns, von den diffusen Gerüchen, die einen anfliegen, wenn man sich draußen aufhält im Wald, beim Spaziergang durch Felder und Wiesen?
Riechen – auch davon spricht Doet Boersma sogleich, wenn man wissen will, was ihre Arbeit ausmacht, was sie bewegt, die Natur so intensiv auf Leinwänden zu bannen. Sie sei auf dem Bauernhof groß geworden, erzählt sie und beschreibt kurz, wie ihre Eltern ihr die Tiere und Pflanzen erklärten.
Hat sie alles behalten, kann wie selbstverständlich jedes Kraut, jede Blüte benennen. Pflanzen, Landschaft, das Grün, die Natur, das Leben, das sich darin spiegelt, die Welt, die hier in einem Mikrokosmos erkennbar wird – das alles kennt sie von Kindheit an, hat sie, betrachtet man diese Kunst, in sich aufgesogen. Inzwischen ist seit fast vier Jahrzehnten die Kunst, ist die Malerei das Zuhause von Doet Boersma - in der die Pflanzenwelt dominiert.
Sie selbst will in ihren Bildern spüren, was Natur ausmacht, will die Gerüche wahrnehmen, die sie auf Leinwand gebannt hat, die Luft. Ihr sei der Prozess wichtig, sagt sie, spricht von Photosynthese und macht damit einmal mehr deutlich, dass sie Zusammenhänge künstlerisch ausdrücken möchte, dass ihre Arbeiten schon für sie selbst mehr bedeuten und aussagen als „nur“ leuchtendes Grün und strahlendes Licht, das sich geheimnisvoll in Blättern bricht. Sie ist fasziniert von dem, was sich ihr als Motiv zeigt. Wenn sich am Rand von Wiese und Wasser an der Oberfläche alles spiegelt, wenn sich diffus und undeutlich Fantastisches vor dem eigenen Auge abspielt. Selbstverständlich stecken in jeder Arbeit ihre Gedanken, geht sie in vielen Werken dem Ganzen buchstäblich auf den Grund, aber - als müsse man erst die großen Blätter zur Seite schieben oder sich einen Weg durchs Dickicht bahnen – da ist noch mehr. Boersma spricht von Sinnlichkeit, vom Kreislauf der Natur, den sie gleich auf mehreren Leinwänden festgehalten hat.
Das Leben in einer Pflanze, das Leben um die Pflanze herum. Die Bewegung im Wind einfangen, wenn Blüten fortgeweht werden, die Blätter schaukeln und rascheln, das Vergehen im Herbst, erkennbar an bräunlichen Tönen. Alles steckt in allem – und die Betrachter sind eingeladen, dieses Ganze im Einzelnen zu entdecken oder auch das Einzelne im Ganzen...
Die Ausstellung, die Irene Ecke und Stefan Neese am Sonntag musikalisch begleiteten, ist noch bis zum 30. Juni im Norder Kunsthaus zu sehen.