Zahnärzte nehmen an Demo teil - Praxen am Freitag und Mittwoch geschlossen

Von Stefan Bergmann

Zahnärzte nehmen an Demo teil - Praxen am Freitag und Mittwoch geschlossen

Dr. Andreas Dohle in seiner Praxis in Norden: Wer arbeitet schon, ohne dass er dafür bezahlt wird? Foto: Stefan Bergmann

Ostfriesland Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Zahnbehandlungen sind bis 2022 auf 274 Milliarden Euro gestiegen. 2018 waren es noch 226 Milliarden. Das hat der Spitzenverband der Krankenkassen errechnet. Um diesen Anstieg zu deckeln, plant Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine grundlegende Änderung der Zahnarzt-Honorierung. Und die bringt die Kollegen in Weiß gerade auf die Barrikaden.

Am Freitag, 8. September, werden auch Mitarbeitende der ostfriesischen Praxen nach Berlin zu einer Demo fahren, am Mittwoch nächster Woche dann nach Hannover. Das wird Auswirkungen haben. „Ich vermute, dass rund 90 Prozent der Zahnarztpraxen in Ostfriesland an diesen Tagen geschlossen bleiben werden“, sagt Dr. Andreas Dohle. Er ist Zahnarzt in Norden und Sprecher der Kreisstelle Aurich der Zahnärztekammer Niedersachsen.

Die Zahnärzte befürchten, dass sie künftig Leistungen erbringen müssen, die aber von den Krankenversicherungen nicht mehr bezahlt werden.

Jeder Zahnarzt hat – genau wie jeder Hausarzt – ein Budget pro Patient und Quartal. Ist dieses Budget aufgebraucht, werden weitere Behandlungen nicht mehr bezahlt. Doch Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat nun einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der es in sich hat. Im Jahr 2021 wurden die langwierigen Parodontose-Behandlungen in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen. Zuvor musste man sie privat bezahlen. Bisher liefen sie jedoch außerhalb des Budgets, weil man in Berlin die Wichtigkeit dieser Vorsorge erkannt hat. Das soll sich nun ändern. Das Ergebnis: Bei jedem Zweiten – so verbreitet ist Parodontose in der Bevölkerung – ist das Budget ruckzuck aufgebraucht.

Die Zahnärztekammer läuft Sturm gegen das Vorhaben; heute gibt sie dazu in Hannover eine große Pressekonferenz. Doch auch vor Ort ist der Unmut groß. Der Tenor: Niemand arbeite, ohne dafür Geld zu bekommen. Warum dann die Zahnärzte?

Andreas Dohle legt die Stirn in Falten, er rechnet. „Ich befürchte, dass dieses Gesetz dafür verantwortlich sein könnte, dass bis zu einem Drittel der Zahnärzte ihre Praxen aufgeben. 350 Praxen gibt es derzeit in Ostfriesland.

„Die Zahngesundheit der Menschen steht gerade auf dem Spiel“, sagt Dohle. Parodontose führe zu Zahnverlust und hohen Folgekosten. „Ärzte und Patienten sollten sich das nicht gefallen lassen“, appelliert Dohle. Er hofft auf Solidarität im Kollegenkreis und bei den Patienten. Damit alle morgen noch kraftvoll zubeißen können.