Norddeicher Krabbenfischer zeigen lautstark Solidarität mit Landwirten
Die Fischer stehen Seite an Seite mit den protestierenden Landwirten. Das war das Zeichen, dass die Norddeicher Krabbenfischer am Mittwoch mit einem „Kutter-Ballett“ im Hafenbecken senden wollten. Fünf Kutter war dabei und machten lautstark auf Ihren Protest aufmerksam.
Die Kutter waren im Norddeicher Hafenbecken unterwegs.
Norden/Norddeich Fünf Norddeicher Krabbenkutter und ihre Mannschaften haben am Mittwochmorgen eine Protestfahrt in den Norddeicher Hafen unternommen. Die Schiffe waren mit Protestplakaten und rot-weißen Flatterband ausgestattet. Ihre Botschaft: Unterstützung für die Landwirte, die derzeit gegen die Politik der Ampelregierung und vor allem gegen die Kürzung von Subventionen demonstrieren.
Solidarität mit den Landwirten
Die Fischer üben sich in Solidarität; es könnte aber sein, dass Sie die Leidtragenden des Berliner Ampel-Kompromisses sind. Die Politik hatte Subventionsstreichungen für die Landwirte zum Teil zurückgenommen. Das Geld dafür will sie womöglich den Fischern nehmen. Es geht um die Erlöse aus den Versteigerungen von Offshore-Flächen in Nord- und Ostsee an künftige Windparkbetreiber. Ursprünglich sollten von den Milliardenerlösen rund 670 Millionen Euro an die Fischer in Ost und West gehen. Jetzt habe die Bundesregierung diesen Anteil auf 134 Millionen Euro eingedampft, rechnete die CDU Niedersachsen am Dienstag vor.
Fünf Kutter sind dabei
„Das ist zum Glück noch nicht beschlossen“, sagt Carsten Noormann. Dabei bedient er einen kleinen Hebel, das Schiff vibriert und dreht sich. Das Bugstrahlruder war in Aktion. Noormann ist der Sprecher der Norddeicher Krabbenfischer und er war am Mittwoch mit dabei. Sein Kutter „Nordstrom“ 1 ist von 1982 und läuft noch gut. Er wird regelmäßig gewartet, auf der Brücke ist modernste Technik, das alte Holzruder-Rad wird nicht mehr genutzt. Die anderen Schiffe im Hafen: Die „Helga“, die „Roswitha“, die „Hannes Kröger“ und die „Nordmeer“. Im Winter haben die Fischer Pause, weshalb sie auch Zeit für eine Protestfahrt haben. Die Krabben haben sich ins wärmere Wasser verzogen. Der Winter ist die Zeit für Reparaturen, Wartungsarbeit und auch ein bisschen Entspannung. Mitte März startet die Saison wieder.
Eine Dreiviertelstunde lang tanzen die Kutter im Norddeicher Hafen. Die große Fähre Frisia 1 wird vorbeigelassen, noch ein paar weitere kleinere Schiffe. Kurz vor Schluss dann ein lautstarkes Konzert der Schiffshörner, minutenlang. Die Frisia I stimmt mit ein, am Kai stehen ein paar Autos mit Flatterbändern, einer schwenkt eine Deutschlandflagge.
Angst vor der EU
Mitte vergangenen Jahres bangten die Fischer um ihre Fischgründe, der EU war in den Sinn gekommen, die Grundschleppnetzfischer vor den Küsten zu verbieten. Direkt an den Insel schon Anfang diesen Jahres, weiter entfernte Gebiete sollen bis 2030 gesperrt werden. Mit einer konzertierten Aktion aus Abgeordneten, Fischereiverbänden und den Nord-Agrarministern war es den Fischern gelungen, das sofort drohende Verbot abzuwenden; die EU ließ sich überzeugen, auch weil ein wissenschaftliches Gutachten des Thüne-Instituts belegt hatte, dass Grundschleppnetze kaum Schäden am Meeresboden anrichten. Doch das 2030-Szenario steht noch im Raum.
Die Fische sind weg
Ja, es gab Zeiten, in denen es den Fischern richtig gut ging, erinnert sich Noormann. Das muss so Mitte der 80er- und 90-Jahre des letzten Jahrhunderts gewesen sein. Im Moment drücken Kosten, Personalmangel und vor allem die unsichere politische Lage auf die Stimmung und auf die Gewinne. Von Subventionen, wie sie in die Landwirtschaft fließen, können er und seine Kollegen nur träumen. Für die Fischer gibt es eine Diesel-Beihilfe; der Kraftstoff für ihre Kutter ist steuerfrei, kostet zurzeit 68 Cent pro Liter. Das war‘s. Wer sich einen neuen Kutter kauft, bekommt eventuell einen staatlichen Zuschuss. „Ein neuer Kutter kostest zwei Millionen. Das hat hier niemand auf dem Konto“, sagt Noormann. Und überhaupt: Wer würde sich in diesem ungewissen politischen Fahrwasser noch einen neuen Kutter kaufen?
„Mal reich, mal arm, mal gar nichts.“
Carsten Noormann ist sieht es nordisch-gelassen: „Mal reich, mal arm, mal gar nichts. So geht es uns Fischern.“ Noormann muss es wissen, er arbeitet seit 35 als Fischer. Sein Berufsleben ist einem ständigen Wandel unterworfen. Er fischt vor der ostfriesischen Küste, manchmal geht es weiter raus. Er fischt Krabben. „Das das einzige, was uns hier geblieben ist“, sagt er. Fangbare Fische, Schollen und Seezungen, gibt es schon lange nicht mehr für sie vor den Inseln, manche Kollegen versuchen sich an Hummern. „Vielleicht sind Hummer ein gangbarer Weg“, sagt Noormann. Den Fischen aber ist es vermutlich zu warm geworden im Nordsee-Wasser. Sie laichen zwar an der Küste, es gibt genügend Brut. Doch sind sie geschlüpft, dann sind sie sind sie weg in Wasser, die kälter sind.
Die Kutter formieren sich langsam wieder in einer Reihe und tuckern zurück zu ihren Liegeplätzen seitlich des Fährterminals.
Ein Autokorso fährt hupend am Kai entlang.