Norden: Das Leben – ein Theaterstück?
Für Hape Kerkeling ist das ganze Leben zumindest im Lied ein Quiz, für Gudula Zientek ist es vor allem Theater. Absurdes Theater, in denen Figuren ihr Eigenleben führen. Theater mit handelnden Personen, mit Menschen, mit ihren Geschichten. Ist nicht das ganze Leben ein einziges Theaterstück? Das man jetzt besuchen kann, wenn man den Weg findet in das Norder Kunsthaus, wo die Künstlerin seit dem Wochenende ausstellt.
Inspiration
Selbst in Ribnitz-Damgarten zu Hause, hat die Künstlerin ihren Figuren jetzt in diesem Kunsthaus ein vorübergehendes Zuhause geschaffen. Ein Zuhause für ein Theater der besonderen Art. In das Gerd-Dieter Köther im Rahmen der Eröffnung am Sonntag einführte. Und sich selbst unter anderem dieser Frage widmete: Ist das ganze Leben ein Theaterstück? Was ist echt, was gespielt, sind wir nur Figuren, die mal auf- und dann wieder abtreten? In welchen Rollen stecken wir, welche füllen wir aus?
Nun, Gudula Zientek ist keine, die liebliche Komödien aufführt, ihre Figuren spielen durchaus eklige Rollen, freche, ätzende. Oder sagen wir: Die Frau, die selbst lange am und mit dem Theater gearbeitet hat, die selbst lange Jahre Puppentheater gespielt hat, dort ihrer Fantasie einen Raum gegeben, schaut hinter die Kulissen. Hinter jede. Sucht und findet ihre ganz eigenen lebendigen Antworten. Und gibt ihnen jetzt neuen Raum. Manche ihrer Figuren steckt sie in Objektkästen, andere lässt sie frei von der Wand hängen, sie formt sie aus Draht, aus Pappe, Zeitung und Backpapier, lässt sie in der Art der Präsentation ihre Geschichte erzählen.
Immer neue Stücke, immer neue Gewänder. Vor drei Jahren noch eher gegenständliche Träume von Fantasieköpfen. „Maria“, „Werner“, „Walter“ und „Henriette“ sitzen in Fantasiezimmern – die es alle geben könnte. In Arbeits- und Jugendzimmer, in der Küche und im Wohnzimmer. Der Hintergrund: Bilder an der Wand, Geschirr in der Ablage, Computer und Arbeitsstuhl. Ein Leben in einem Zimmer. Platz für Träume.
Neues aus Schilda
Und für Gedanken, in welche Richtung sie auch immer gehen mögen. Gudula Zientek will mit den Bildtiteln nicht viel vorgeben. Und schickt die Betrachter doch in eine Richtung: „Neues aus Schilda. Wie die Schildbürger einig wurden, die Welt zu retten.“ heißt es da beispielsweise. Und dann die Linoldrucke auf Chinapapier – Apotheker und Richter, Künstler, Bauer, Schulmeister und mehr. Schilda, die Schildbürger, was war da noch? Ihre Streiche? Der Fantasie Raum lassen, ihr aber auch ein Gesicht geben, ein nicht immer einfaches und nettes – das ist Gudula Zienteks künstlerische Arbeit. Menschen in Funktionen, Gestalten, skurrile Figuren, ein ewiges Spiel, das Zientek spielt. Auch mit dem Betrachter. Den sie schon gern auch verwirrt, in Irrgärten-Rapsfelder führt oder auf „Spaziergänge“ mitnimmt, die nicht immer sogleich oder nur schlicht einladend sind. Auch schon mal das Gegenteil... Es ist viel Raum für eigene Assoziationen – die Künstlerin gibt Impulse mit mehrfarbigemLinoldruck, aber eben auch mit den ganz einfachen Dingen, die jeder zu Hause hat. Papier nämlich, Draht, Leim… Das macht das Besondere dieser Ausstellung aus, diese Gegensätze in der Darstellung und Ausarbeitung, die Kontraste zwischen Objekten und Bildern, die (Aus-)Gestaltung des Ganzen.
Gudula Zienteks Figuren und Gestalten können Interessierte noch bis zum 5. November im Norder Kunsthaus an der Großen Neustraße begegnen – der letzten Ausstellung des Kunstvereins in diesem Jahr.