Norder Erntedankfest trifft auf riesige Resonanz
Der Erntewagen des Neuwesteeler Dörpvereins führte mit dem Spielmannszug „Sea Dogs“ den Korso an.
Norden Vielleicht hätte Christian Neumann am Sonnabend beim Norder Erntedankfest vorab Halt machen sollen beim Landwirtschaftlichen Hauptverein. Dort konnte man zuordnen: Was ist Raps, was Ackerbohne oder Mais, was Hafer und Roggen? Der Superintendent bekannte in seiner kurzen Andacht, dass er, obwohl Gärtnersohn, die Getreidesorten vermutlich nicht erkenne und auch nicht wisse, was im Frühjahr auf den Feldern wachse. Ehrliche Worte, denen mahnende folgten. „Wir können nicht so weitermachen wie bisher“, sagte er auf der Bühne des NDR am Neuen Weg vor vielen, sehr vielen Gästen. Neumann sprach die ungestillte Gier nach immer mehr Wachstum an – dass es stattdessen wichtig sei, einiges zu verändern. Der Wandel müsse miteinander angegangen werden, um die Erde zu bewahren. Heute werde nur noch 15 Prozent des Einkommens für Lebens- und Genussmittel ausgegeben. Das sei vor Jahrhunderten noch ganz anders gewesen, appellierte Neumann auch daran, dem, was wir zu uns nehmen, mehr Wert beizumessen.
Zumal, und das betonte Carl Noosten in seiner Rede anlässlich der Eröffnung des Festes, die Ernte in diesem Jahr sehr schlecht ausgefallen sei. „Die Versorgungssicherheit ist nicht selbstverständlich“, sagte der Vorsitzende des Kreisverbandes Norden-Emden vom Landwirtschaftlichen Hauptverein, als er an die ausgiebige Regenzeit zwischen September und April erinnerte. Er wünsche sich bessere Rahmenbedingungen und gab zu bedenken: Es könne nicht sein, dass aggressive Demonstrationen, so wie es sie europaweit gegeben habe, nötig seien, um Veränderungen zu bewirken. „Das ist das falsche Signal.“
Auch Hayo Wiebersiek, stellvertretender Bürgermeister, wünscht sich Bürokratieabbau und bessere Bedingungen für alle, die im Bereich der Landwirtschaft arbeiten. Das Interesse an „grünen Berufen“ müsste, wenn es nach dem Interesse der Bevölkerung geht an diesem Wochenende, riesig sein. Denn schon weit vor der Eröffnung durch Günter Schneider als Vorsitzendem des Wirtschaftsforums waren die Straßencafés bis auf den letzten Platz besetzt, schoben sich die Leute durch die Osterstraße und den Neuen Weg. Bei strahlendem Sonnenschein genossen alle die entspannte Atmosphäre. „So viel los war in den ganzen letzten Jahren nicht“, war Luise Oldewurtel überzeugt. Die Vertreterin des Kreislandfrauenvereins muss es wissen – seit über zwei Jahrzehnten betreut sie einen Stand beim Norder Erntedankfest. Und lud diesmal zusammen mit Hannelore Jabben ein, es sich auf der Demokratiebank gemütlich zu machen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
So gab es überall Angebote: Dorina Munzel von der Landwirtschaftskammer klärte mit Bezug auf das Motto „Grüne Berufe“ unter anderem darüber auf, wie wichtig der Beruf der Hauswirtschafterin nach wie vor ist. „Er hat ein negatives Image“, ein Grund, der Bevölkerung näher zu erläutern, wie umfangreich das Berufsbild tatsächlich ist. Über andere Berufe vom Pferdewirt bis zum Schäfer, Arbeit in der Landwirtschaft oder Gartenbau klärten Infoblätter auf, die am Neuen Weg an verschiedenen Stellen befestigt worden waren.
40 Aussteller hatten einiges zu bieten
Aber: Es ging am Tag des Dankes für die Ernte auch um Vergnügen und Spaß. Da wurde die Erntekrone durch die Stadt gefahren, angekündigt vom Spielmannszug der „Sea Dogs“ und auf der NDR-Bühne von der Jagdhorn-Bläsergruppe Altkreis Norden. Der festlich geschmückte Wagen voller Obst und Gemüse vom Neuwesteeler Dörpverein fand viele Bewunderer. Die bei mehr als 40 Ausstellern den Tag über genug zu tun hatten: Kaninchen und Hühner bewundern, bei Flohmarktständen stöbern, bei der Danzkoppel selbst das Tanzbein schwingen, Suppen, Würste, Kartoffelpuffer kosten, Waffeln probieren und sich unbedingt als Sommersaisonabschluss ein Eis gönnen. Nach reichlich frischen Temperaturen am Morgen war es zur Festzeit noch einmal richtig warm – bestes Erntedankfestwetter.
Das sicher auch Andreas Kuhlage auf der NDR-Bühne genossen hat. Der Moderator suchte immer mal wieder direkten Kontakt mit Gästen, fragte hier, erkundigte sich da – und fand natürlich auch Gelegenheit, die Angebote des Senders näher vorzustellen.