Ohne Heizung in den Winter
Eine Stromheizung soll Wolfgang Wiets und seine Wohnung aufwärmen.
Norden Eine dicke Jacke hängt über dem Küchenstuhl, auf der Couch liegt eine speziell wärmende Decke. Wolfgang Wiets muss sich etwas einfallen lassen, wenn er es warm haben will. Seit Oktober funktioniert die Heizung in seiner Wohnung nicht mehr. Im Keller arbeitet sie ordentlich, wärmt die kargen Vorratsräume. Doch die rund 60 Quadratmeter große Wohnung ist kalt. Und nicht nur seine.
20 Parteien zählt das Haus am Jan-ten-Doornkaat-Koolman-Platz. Die eine Hälfte wird jetzt seit Wochen nicht mehr beheizt. Wiets und seine Nachbarn haben sich bei ihrer zuständigen Hausverwaltung beschwert, bislang ohne Erfolg. Die Mieter sagen, die Hausverwaltung käme an die Eigentümer nicht ran. Das, erwidert Verwalterin Ulrike Kuhlmann, stimme so nicht. Aber die Zusammenarbeit gestalte sich schwierig. Bei den Eigentümern handelt es sich um eine Gesellschaft mit Sitz in Lüneburg, die Eigentümer residieren aber in Katar.
Im warmen Katar sind die Probleme der Norder Mieter wohlbekannt. Verwalterin Kuhlmann hat den Eigentümern von dem defekten Hauptheizstrang berichtet. Die Katarer baten daraufhin um Reparaturangebote, die eingeholten stießen aber nicht auf Gegenliebe. Kuhlmann muss weiter suchen. Ein Norder Unternehmen will aktuell ein Angebot abgeben. Es ist höchste Eisenbahn: In Wiets‘ Wohnung bildet sich Schimmel.
Heute ist es draußen etwas milder, da reicht es ihm, wenn er nur den Pullover anzieht. In der vergangenen Woche, als es schneite, sah es anders aus. Wiets zeigt Handyaufnahmen, die er von seinem Thermometer gemacht hat. 13,9 Grad zeigte es einmal. Im Normalfall sollte es in einer winterlichen Wohnung um die 20 Grad warm sein. So, wie es ist, kann es nicht weitergehen.
Wiets ist nicht nur kalt, er macht sich auch Sorgen um seine Gesundheit und um die seiner Nachbarn. Er erzählt von den Kindern im Haus, von der Dame, die eine Lungenentzündung bekommen hat. Er selbst ist allergischer Asthmatiker.
Mietminderung bislang ohne Erfolg
Die Hausverwaltung hat Wiets und den anderen Betroffenen eine Stromheizung besorgt. Die bekommt die Wohnung nicht warm, aber die Stromrechnung hoch. Wiets zeigt seinen Stromstand; innerhalb von zwei Tagen ging er um 170 Kilowatt hoch. Die Hausverwaltung kündigte an, die zusätzlichen Kosten zu übernehmen. Das wird aber vermutlich nicht verhindern, dass Wiets‘ Abschläge hochgestuft werden. Er muss aber mit seinem Geld haushalten.
Die Hausverwaltung rät, das Geld einzubehalten. 108 Euro muss Wiets für Heizkosten bezahlen. „108 für nix“, sagt er. Natürlich zahlt er nicht mehr. An der Situation hat sich dennoch nichts geändert.
Die Situation sei „sehr unglücklich für uns“, sagt Verwalterin Kuhlmann. Sie könne die Bewohner verstehen, sei jetzt ein Prellbock für die Unzufriedenheit. Man versuche, was man könne.
Viele würden in dieser Situation vielleicht ihre Koffer packen und sich eine neue Bleibe suchen. Für Wiets, der sich auch schon erfolglos an die Stadt wandte, ist das keine Option. 530 Euro Warmmiete zahlt er. Für dieses Geld bekomme er gar keine andere Wohnung. Und schon gar nicht in dieser Lage. So zentral und doch so ruhig. „Draußen ist Totentanz“, nennt er es. Auch im Haus verstehe man sich gut. Man kennt sich, duzt sich. Das ist für ein Gebäudekomplex dieser Größe keine Selbstverständlichkeit.
Wiets geht durch das ganze Haus, klingelt überall, wo er weiß, dass die Heizung nicht funktioniert. Will berichten, dass er wie versprochen die Presse eingeschaltet hat. Doch viele Nachbarn sind nicht zu Hause. Weil sie arbeiten? Einkaufen? Oder weil sie zu Bekannten gehen, um sich aufzuwärmen? So wie Wiets, der tagsüber häufig zu einer Bekannten geht. Sie hat einen Ofen, kocht ihm was. Da kann er sich wärmen. Abends ist er wieder in der kalten Wohnung.