Ostfriesland: Auftragserpressung im Drogensumpf geht schief

Von Martina Ricken

Es sieht aus wie Kandis für den Tee, ist aber eine lebensgefährliche Droge: Derart genutzte Methamphetamine werdenumgangssprachlich als Crystal Meth, Panzerschokolade oder Ice bezeichnet. Foto: dpa

Als bedrohlicher Geldeintreiber für eine in der Krummhörn und Emden agierenden Drogenbande betätigte sich ein 30-jähriger Auricher im Dezember 2019. Das Landgericht Aurich sah die Tat als besonders schwere räuberische Erpressung und Beihilfe zum Drogenhandel an. Hinzu kamen eine Sachbeschädigung an und versuchter Diebstahl aus einem Auto in Wittmund sowie zwei einzubeziehende Strafbefehle. Unter dem Strich kam für den Auricher eine Freiheitsstrafe von insgesamt sieben Jahren heraus. Zwei Jahre und acht Monate muss der Auricher im Gefängnis verbüßen, ehe er die Drogenentziehungstherapie im Maßregelvollzug antreten kann, die das Landgericht gegen den süchtigen Angeklagten anordnete.

Amphetamine landenbei der Polizei

Das spätere Erpressungsopfer hatte als Teil der Drogenbande zwei Emdern ein Kilo Amphetamin zur Aufbewahrung und zum Weiterverkauf übergeben. Aber mit Drogenhandel wollten die Männer nichts zu tun haben und gingen stattdessen zur Polizei. Die Ordnungshüter stellten die Drogen sicher.

Damit waren auch die Einnahmen aus dem geplanten Weiterverkauf futsch. Der Auricher soll daraufhin – von wem ist unklar – beauftragt worden sein, 3000 Euro von dem Erpressungsopfer einzuziehen. Das Opfer hatte das Geld nicht und wandte sich schließlich an seinen Schwiegervater, der ihm das Geld borgte, ohne den Verwendungszweck zu kennen.

Im weiteren Verlauf traf sich der Angeklagte mit dem Opfer, stieg zu ihm ins Auto mit einem Cuttermesser in der Hand. Das Opfer händigte ihm das Geld aus.

Der Angeklagte hatte diese Tat bestritten. Sein Verteidiger versuchte in seinem Plädoyer, das Opfer und dessen Schwiegervater als unglaubwürdige Zeugen darzustellen. Für den Oberstaatsanwalt war aber klar, dass sich die Sache so zugetragen hat, wie vom Opfer und seinem Schwiegervater vorgetragen wurde.

Auch das Gericht hatte keinen Zweifel daran, dass das Erpressungsopfer und sein Schwiegervater die Wahrheit gesagt haben. „Der Schwiegervater hat anschaulich erzählt, welch große Angst sein Schwiegersohn hatte. ‚Er war klatschnass, obwohl es nicht geregnet hat‘“, zitierte Richterin Karsta Rickels-Havemann aus der Aussage des Schwiegervaters.

Opfer erinnert sichsehr detailreich

Beim Erpressungsopfer verwies die Vorsitzende vor allem auf den Detailreichtum seiner Schilderung. „Details in der Tiefe und Fülle denkt man sich nicht aus, wenn die Geschichte erfunden ist“, so Richterin Rickels-Havemann.

Dass er ein Auto in Wittmund beschädigt und versucht hatte, eine Geldbörse daraus zu stehlen, hatte der vielfach vorbestrafte Auricher zugegeben. Er habe zu der Zeit unter Entzugserscheinungen gelitten und Geld für neue Drogen gebraucht, so seine Einlassung. Deshalb wurde ihm für diesen Fall auch verminderte Schuldfähigkeit zugebilligt.

Wie auf die Drogensucht des Angeklagten zu reagieren sei, war ein großes Diskussionsthema zwischen den Prozessbeteiligten. Der Oberstaatsanwalt war der Ansicht, dass es an Erfolgsaussichten einer Therapie mangele. Schließlich habe der Angeklagte in der Zwischenzeit seinen Konsum um eine weitere Droge, nämlich Heroin, erweitert. Außerdem konsumiere er sogar in der Justizvollzugsanstalt, in der er gerade eine Haftstrafe verbüßt.

Gericht stelltTherapiemotivation fest

Doch das Gericht wollte dem Angeklagten diese letzte Chance, von den Drogen loszukommen, nicht verwehren. Immerhin habe es der Angeklagte nach einer vorherigen Therapie schon einmal geschafft, drei Jahre abstinent zu leben. Und eine Therapiemotivation könne man dem 30-Jährigen nicht absprechen, argumentierte die Vorsitzende.