Ostfriesland: Einzigartiger Gulfhof öffnet die Pforten

Von Eva Requardt-Schohaus

Vor 30 Jahren restaurierte die Emder Architektin Luise Fauerbach-Geiken ihren ersten Gulfhof, den Rysumer Plaats, und schenkte ihm ein neues Leben als Restaurant. Unter dem historischen Ständerwerk, das durch gläserne Wände in Szene gesetzt wird, lässt es sich seitdem wunderbar speisen. Am Sonntag, 22. Oktober, wird der Gulfhof Fahnhusen in Wittmund, ihr zwölftes Gulfhof-Projekt, um 11 Uhr mit einem Tag der offenen Tür und einem Regionalitäten-Markt feierlich eröffnet. Zwei weitere Baumaßnahmen in Pilsum und Rysum stehen kurz vor der Vollendung.

In der über 25 Meter langen Scheune können künftig bis zu 30 Personen Zeit miteinander verbringen, erläutert Fauerbach das einzigartige Konzept – ihrer Ansicht nach ein Alleinstellungsmerkmal. So können weit verstreute Familien zusammen Feste feiern, ohne sich über die Unterbringung Gedanken machen zu müssen. „Wir wollten von der alten Bausubstanz so viel wie möglich erhalten, und das ist uns gelungen“, freut sich die Architektin. Der Raum wird durch ein Fensterband im First, das schon von Weitem erkennbar ist, mit Licht geflutet. Unter dem historischen Ständerwerk, das teilweise aufgearbeitet werden musste, können Familienfeiern, aber auch Hochzeiten und Workshops stattfinden – vieles ist in dem alten Gemäuer möglich, das bei der Restaurierung auf seinen Ursprung zurückgeführt wurde.

Dabei ist es gelungen, die historischen Materialien mit modernster Technik zu verbinden. Der große Festraum ist mit einer Musik- und Lichtanlage ausgestattet, die vom DJ von einer Empore aus, die sich in zehn Meter Höhe befindet, bedient werden kann. Bauherr Enno Hartmann hat auch für aufwendige Lüftungsanlagen gesorgt und viel Wert auf Dämmung und regenerative Energien gelegt, die der Gulfhof durch Erdwärme und Fotovoltaik erhält. „Wir haben KfW 40, das heißt Energiestandard 40“, teilt er mit.

Einzigartiger Kamin

Auch einen Kamin gibt es, der bei Bedarf – zum Beispiel wenn getanzt wird – eine Etage höher gefahren werden kann. „Das ist weltweit der erste mobile Kamin“, strahlt die Architektin. Lars Schrage von Kaminland Ostfriesland hat ihn inzwischen als Patent angemeldet. In der Scheune wird aber nicht nur gefeiert, hier können die Gäste auch in insgesamt 13 Appartements übernachten, die zwischen 13 und 32 Quadratmeter groß sind. Auf Fernseher wurde hier bewusst verzichtet, da es einen großen Beamer in der Scheune gibt, wo Filme und Videos gemeinsam geschaut werden können. Bei Bedarf können auch 140 Stühle aus dem alten Gulfhof aufgestellt werden, die teilweise noch aufgearbeitet werden müssen.

Um das leibliche Wohl der Festgesellschaft kümmern sich Caterer in einer voll ausgestatteten Profiküche beim Frühstücksraum, sodass es an nichts mangelt. Bei Hochzeitsfeiern kann das Brautpaar seine Hochzeitsnacht in einer Suite auf dem entkernten Oberboden verbringen. Von dort hat es einen wunderbaren Blick auf den liebevoll gepflegten Garten, der bereits vor der Restaurierung angelegt wurde. Für die Schleiereulen, die im Gulfhof heimisch waren, wurde dort ein Eulenhaus gebaut, das von ihnen sofort angenommen wurde.

Vorderhaus neu aufgebaut

Einen besonderen Blickfang bildet ein alter Baum auf der Empore, der vermutlich seit 1690 im Garten wuchs. Damit ist er so alt wie die Klosterformatsteine aus dem verfallenden Vorderhaus, das wieder aufgebaut wurde, wobei es neue Fenster und eine barocke Tür erhielt. 20 000 Steine mussten gesäubert, gestapelt und mit Muschelkalk neu aufgemauert werden. Auch der Fußbodenbelag der ehemaligen Upkamer, der aus Sandsteinplatten, sogenannten Bremer Floren, bestand, konnte gerettet werden. Teilweise erneuert werden mussten zudem die Dachsparren und Balken, wobei ein Teil des Holzes von abgestorbenen Fichten aus dem Wald stammt.

„Wir hatten Glück mit den Handwerkern“, betont Fauerbach-Geiken. Insgesamt 17 Firmen aus der Region beteiligten sich an der Restaurierung, die im Januar 2021 begann, überschattet von Corona-Epidemie, Ukraine-Krieg und den damit verbundenen Preissteigerungen. „Wir sind froh, dass wir die Baumaßnahme ohne Blessuren und Unfälle abschließen konnten – das hat wunderbar geklappt“, atmet die Architektin auf. „Es ist kein Rendite-Objekt“, betont Hartmann, „Es ist viel Herzblut darin, ein bisschen Sentimentalität und Emotionalität.“ Um die Geschäftsführung kümmert sich seine Tochter Sina Hartmann.

Seit 1890 in Familienbesitz

Bei diesem einmaligen Projekt geht es ihm in erster Linie darum, dass der historische Gulfhof erhalten und mit Leben gefüllt wird, den sein Urgroßvater Wilhelm Onnen 1890 erwarb; seitdem ist er in Familienbesitz. Bewirtschaftet wird er allerdings seit 1955 nicht mehr, seit sein Großonkel Ommo Ommen krank wurde und starb. In den 1990er-Jahren, als der letzte Mieter auszog, beschloss seine damals 75-jährige Tante Ilse Hartmann, in dem alten Gulfhof ihren Lebensabend zu verbringen. Sie starb 2020.

Schon 1997 hatten Enno Hartmann und Luise Fauerbach-Geiken erste Pläne geschmiedet, doch scheiterte alles am Denkmalschutz, der keine Veränderungen zuließ. Damals wäre kein Lichtband möglich gewesen, wie es jetzt in enger Absprache mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege verwirklicht wurde.

Die gelungene Restaurierung wird am Sonntag, 22. Oktober, mit einem Tag der offenen Tür und einem Regionalitäten-Markt ab 11 Uhr gefeiert. Enno Hartmann möchte in einem Kurzvortrag zur Geschichte des Gulfhofs einige Anekdoten erzählen, und eine kleine Ausstellung macht an den Original-Schauplätzen die Vergangenheit erlebbar. Von 14 bis 17 Uhr begleiten Helmut Bengen und Alexander Sziedat die Veranstaltung mit Livemusik.