Prostitution – das Elend der Frauen

Von Irmi Hartmann

Prostitution – das Elend der Frauen

Norden Wie viele es in Deutschland wirklich sind, weiß niemand genau. 250.000? 400.000? Ordnungsgemäß angemeldet beim zuständigen Ordnungsamt sind 25.000 Prostituierte. Freiwillig? Wirklich? „Gesichtslos“ heißt eine Ausstellung zum Thema Frauen in der Prostitution, die ab dem 7. September in der Norder Kreisvolkshochschule auf Initiative der Norder Vertretung von Terre des femmes gezeigt wird. Bis zum 13. Oktober sollen die Bilder, aber auch eine Lesung, ein Vortrag und eine Podiumsdiskussion untermauern, was Prostitution vor allem ist.

Nämlich ein Leben in Angst und unter Druck, ein Leben mit Schmerzen und ohne Ausweg, ein Leben des Ausgeliefertseins und der Gewalt, ein Leben, das man nicht wirklich Leben nennen kann. Eva Requardt-Schohaus hat sich intensiv mit dem Thema Prostitution auseinandergesetzt und weiß heute, dass auch hier, vor der eigenen Haustür, in Norden und Umgebung Prostituierte ein unwürdiges Dasein fristen müssen. Allein 58 angemeldete Wohnungsbordelle gebe es im Landkreis Aurich, 72 Frauen böten rund um Norden ihre Dienste an. Wie viele es tatsächlich sind? „Die Dunkelziffer ist hoch“, sagt auch Roswitha Homann, die Sprecherin der Norder Terre des femmes-Gruppe. Die aufmerksam machen, die wachrütteln möchte. Zuallererst mit den Bildern von Hyp Yerlikaya, der zwei Jahre lang ein Projekt zum Thema „Frauen in der Prostitution“ mit der Kamera begleitet hat. Aus mehr als 1400 dokumentarischen Fotos wurden 40 für Ausstellungen ausgesucht, angereichert mit Begleittexten aus Interviews mit betroffenen Frauen. Sie alle tragen eine Maske – deshalb der Titel: gesichtslos.

Die Aufnahmen sind vor allem ein Anstoß, damit Prostitution wieder auf die Agenda kommt. Seit 2002 ist sie in Deutschland dank eines Gesetzes legalisiert. Man wollte sie aus der Illegalität holen, Frauen damit einen „Beruf“ ermöglichen. Das Gegenteil sei der Fall, erklärt nicht nur Kriminaloberrat a.D. Helmut Sporer, der in Norden einen Vortrag zur Prostitutions-Gesetzgebung halten wird. Deutschland gelte heute als das Bordell Europas. Viele Frauen, junge Mädchen aus Osteuropa, vor allem aus Rumänien und Bulgarien seien nach dem EU-Beitritt der Staaten gekommen: „Damit wurden alle Schleusen geöffnet.“ Es gebe keine gesetzlichen Regularien, die Frauen seien hier ohne Visum, Wohnsitz und Arbeitserlaubnis. Das sei ein wahres Paradies für Geschäftemacher, schreibt Sporer in einem Beitrag. Andere Länder, sagt Roswitha Homann, hätten Bordelle verboten, Schweden schon vor 20 Jahren. „Da weiß jedes Kind, dass man eine Frau nicht kaufen kann.“ Entsprechend sei dort Gewalt an Frauen, seien Morde an Frauen zurückgegangen.

Frauen aus Osteuropa können in der Regel die deutsche Sprache nicht, wissen oftmals nicht, worauf sie sich einlassen, wenn sie hierher kommen, um für ihre Familien daheim Geld zu verdienen. Sie sind ihren Freiern ausgeliefert, die nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihrer Familien bedrohen, um die Frauen gefügig zu halten. Die sich entsprechend auch nicht trauen, in möglichen Prozessen gegen die Zuhälter auszusagen.

Aber auch junge Mädchen hierzulande können in die Prostitution abrutschen. Huschke Mau hat ein Buch darüber geschrieben. In „Entmenschlicht“ erklärt sie das System und warum Prostitution abgeschafft werden sollte. Huschke Mau war selbst im Teufelskreis gefangen, weiß, was es heißt, einem Freier ausgeliefert zu sein. Sie liest im Rahmen der Ausstellung in Norden.

Direkt in die Schulen geht die Journalistin Barbara Schmid mit ihrem Buch „Schneewittchen und der böse König“, ist in diesem Herbst zu Gast in der IGS Marienhafe und der KGS Hage.

Ohne finanzielle Unterstützung sei eine so breite Information der Bevölkerung nicht möglich, betonte Roswitha Homann im Pressegespräch. Deshalb habe man die 2.500 Euro des Samon-Gedächtnispreises, den die Terre des femmes-Gruppe in Norden vom hiesigen Verein zur Förderung der Präventionsarbeit erhalten hat, für dieses Projekt eingesetzt. Auch vom Bundesprogramm „Demokratie leben“ sei man unterstützt worden. Zudem ist neben der KVHS, die die Räumlichkeiten stellt, die Stadt Norden mit im Boot