Sie machen ihr Herz für Kinder zum Beruf - und zur Berufung

Von Merlin Klinke

Norden Nur wenige in der neuen Klasse an der Cornerus-Schule in Norden haben denselben Hintergrund, aber dafür eine große Gemeinsamkeit. Sie alle haben ein Herz für Kinder und sich entschieden, noch einmal den Berufswechsel zur sozialpädagogischen Assistenz zu wagen. Denn nach langer Zeit erneut die Schulbank zu drücken, ist nicht einfach und auch nicht selbstverständlich. Ohne das neue Modell, welches parallel zur klassischen Schulausbildung angeboten wird, würden die meisten nicht in der Klasse sitzen.

Träger kooperieren

Denn nicht nur wird die Ausbildung zum sozialpädagogischen Assistenten oder Assistentinnen (SPA) vergütet, sie findet in Kooperation mit den verschiedenen Trägern berufsbildend statt. Bedeutet, die Schüler sind an zwei Tagen in der Woche in der Schule und an zwei weiteren Tagen in dem Betrieb, der ihnen durch ihre Träger zugewiesen wurde. „Es wurde ein Extra-Fachbeirat gegründet“, so Norbert Göttker, Abteilungsleiter Sozialpädagogik an der Cornerus-Schule. Hier suchen die Träger, die Schule und auch die Auszubildenden gemeinsam nach Lösungen, wenn Probleme auftreten, und sprechen sich ab, wenn es zum Beispiel um die Höhe der Vergütung geht. Auf diese Weise werde kein Träger von den Auszubildenden bevorzugt und alle würden gleichberechtigt werden, so Göttker. Ab dem Jahr 2025 sollen auch werdende Erzieher die Möglichkeit haben, sich berufsbegleitend ausbilden zu lassen.

„Ich wollte schon immer etwas anderes machen“, sagt Nadine Branding, „es musste aber für mich als Mutter mit den Kindern vereinbar sein.“ In ihrem alten Beruf konnte sie durch die Kinder nicht mehr im benötigten Umfang arbeiten. Der 32-Jährigen wurde durch Bekannte und Freunde auf die Ausbildungsmöglichkeit aufmerksam gemacht. Zwar wird es insgesamt eineinhalb Jahre dauern – ein halbes mehr als in der Vollzeitausbildung zur SPA – dafür wird sie für ihre Tätigkeiten bei ihrem Träger bezahlt. Branding sieht in der Ausbildung ein Sprungbrett, dass ihr eine neue Branche eröffnet. Denn SPA ist die Basis, auf der im Anschluss eine Ausbildung zum Erzieher folgen kann.

Über Umwege zur Uni

Das ist auch für Iara Amorim der Weg, den sie verfolgen möchte. Die 21-jährige Portugiesin wollte ursprünglich Marketing studieren, jedoch hat keine deutsche Universität sie angenommen, da ihre Deutschkenntnisse unzureichend seien. Daraufhin hat sie an einem Bindungsvorbereitungskurs der KVHS teilgenommen. Hier und in einem Praktikum bei dem Kindergarten Weltentdecker entdeckte sie ihre Leidenschaft für die Erziehung und Psychologie. „Mit der Erzieherausbildung kann es an die Uni gehen“, sagt Göttker. Denn der Erzieher hat denselben Stellenwert wie eine Meisterausbildung.

Die Schülerinnen und Schüler der Klasse, zwischen 20 und 50 Jahren, kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Vom Chemielaborant mit Ingenieurstitel bis zur Zahnarzthelferin ist aus fast jeder Branche jemand in der Klasse vertreten. Die meisten haben bereits vorher bei einem der möglichen Träger gearbeitet. In den meisten Fällen aber nicht als pädagogische Fachkraft, sondern als ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, Hauswirtschaftshilfe oder Putzkraft. Dabei seien sie der jeweiligen Leitung durch den guten Umgang mit den Kindern aufgefallen, sodass ihnen ein Berufswechsel vorgeschlagen wurde. „Das ist auch, worauf das Ministerium setzt“, betont Göttker.

Durch das Mitwirken im täglichen Betrieb bekommen die Leiter der Trägerschaften bereits einen Eindruck von den jeweiligen Mitarbeitern und können abschätzen, ob diese für den Beruf SPA geeignet seien. „Da haben sich schon welche mit einem Augenzwinkern über den Wegfall der Mensakraft beschwert“, sagt Göttker.

Zurück zur Schule

Während vor allem die jungen Berufsanfänger lieber die rein schulische Ausbildung bevorzugen, da sie so schneller mit der Ausbildung fertig sind und schneller ihr eigenes Geld verdienen können, bevorzugen die Quereinsteiger die vergütete Variante. Auch wenn bereits ein FSJ oder BFD die Teilnahme an der berufsbildenden Variante ermöglicht. Für das ältere Semester ist der Wiedereinstieg in die Schule ebenfalls eine Herausforderung. „Die Belastung ist groß“, sind sich die Schüler einig. Denn die eigenen Kinder müssen zu Hause versorgt und unterstützt werden, Aufgaben im Betrieb und im Haushalt wollen erledigt werden, und dann müsse abends, wenn alle bereits im Bett sind, noch für die Schule gelernt werden. Aber auch das sei nebenbei schaffbar, wenn es gewollt wird.

Auch für die Träger bereite die zweigleisige Arbeit einen Qualitätsschub: Denn die Auszubildenden an den Schulen tragen mehr Informationen zum aktuellen Stand der Branche weiter, sagt Göttker. Zudem müssen die Träger Praxismentoren bestimmen, die sich um die Ausbildung im Betrieb kümmern. „Der neue Kurs ist eine dreifache Win-Situation“, so Göttker. Für die Träger, für die Schulen und natürlich für die Auszubildenden. Mehr Informationen gibt es auf der Webseite https://www.bbsnorden.de/.