Steuerlast: Baltrum langt am kräftigsten zu

Von Stefan Bergmann

Steuerlast: Baltrum langt am kräftigsten zu

Baltrum/Ostfriesland Alles wird teurer. Und das schon seit vielen Monaten. Während Verbraucher dies täglich schmerzhaft beim Gang in den Supermarkt merken, leiden auch die Kommunen darunter: Denn auch sie kaufen Leistungen ein – und die unterliegen ebenfalls der Inflation. Doch während Arbeitnehmer kaum eine Chance haben, von ihrem Arbeitgeber einfach mehr Geld zu verlangen, um das persönliche Inflationsloch zu schließen, haben Kommunen einen genialen Trick: Sie erhöhen einfach die Steuern.

In dieser Woche kam es darüber zum Streit im Finanzausschuss der Gemeinde Südbrookmerland. Im nächsten Haushalt klafft ein Loch in Höhe von 3,4 Millionen Euro. Bei einer normalen Familie könnte man sagen: Da hat einer kräftig über seine Verhältnisse gelebt. Die einen (SPD) wollen deswegen die Steuern erhöhen, die anderen nicht. Ähnliche Diskussionen dürften in den nächsten Monaten in vielen Kommunen des Landkreises entbrennen.

Die IHK Niedersachsen hat die Steuererhöhungen aller Kommunen zusammengetragen. Das Ergebnis in Kürze: Mehr als 20 Prozent aller rund 900 Kommunen in Niedersachsen haben 2023 die Grundsteuer B erhöht – also genau die Steuer, die die meisten Menschen zahlen müssen, weil sie ein Grundstück mit oder ohne Haus besitzen. Der Durchschnitt liegt landesweit inzwischen bei einem Hebesatz von 449 Prozent. „In der aktuellen prekären wirtschaftlichen Lage sind Steuererhöhungen das letzte, was Unternehmen und auch Bürger gebrauchen können. Wir appellieren daher an die Städte und Gemeinden, auf weitere Hebesatz-Steigerungen zu verzichten“, mahnt die IHKN-Hauptgeschäftsführerin Monika Scherf.

Für die Kommunen jedoch ist es bequem, die Steuern zu erhöhen: Denn kein Bürger kann sich wehren, niemand wird sein Haus deswegen verkaufen und umziehen. Die Einwohner sind verdammt, alles zu bezahlen, was gefordert wird.

Doch wie sieht es aus im Landkreis Aurich und in Emden? Welche Kommune hat bereits 2023 die Steuern erhöht? Im Mittelpunkt der Aufstellung steht die Grundsteuer B (für private Grundstücke und Gebäude).

Die höchsten Steuern im Landkreis bezahlen Grundstücksbesitzer auf Baltrum. Der Hebesatz beträgt 600 Prozent und ist damit genau so hoch wie in Hannover. Allerdings hat Baltrum nur 652 Einwohner, und entsprechend wenige Gebäude. Die Gesamtsumme der Einnahmen ist also ziemlich gering. Norderney dagegen ist vergleichsweise genügsam: 380 Prozent beträgt hier der Hebesatz.

Die stärksten Erhöhungen haben in 2023 die drei benachbarten Orte Osteel, Rechtsupweg und Wirdum hingelegt. Alle drei kommunalen Steuern stiegen an, und zwar kräftig: die Grundsteuer A von 350 auf 470 Prozent, die Grundsteuer B von 350 auf 420, die Gewerbesteuer von 380 auf 400.

Gleich geblieben sind die Steuersätze unter anderem in Norden. Mit Hebesätzen von 420, 450 und 380 ist man aber eh schon im gehobenen Bereich. Man liegt nahe an den Sätzen der kreisfreien Stadt Emden, die von privaten Grundbesitzern 480 Prozent verlangt.

Und wo ist es am billigsten? In Südbrookmerland. Der Hebesatz für alle drei Steuerarten beträgt dort 360 Prozent und ist damit unschlagbar niedrig. Doch das wird vermutlich nicht so bleiben. In der Diskussion ist eine Anhebung auf 400 Prozent. Laut Stadtverwaltung würde das eine Mehrbelastung von rund 40 Euro für Besitzer neuerer Häuser bedeuten.

Nicht viel, will man meinen. Doch es ist ein weiterer Betrag, der die ganz persönliche Inflation von Familien in die Höhe treibt. Und während man im Supermarkt einfach billiger einkaufen kann, hat man diese Möglichkeit bei Steuern nicht.

Gewerbetreibende müssen am meisten bezahlen in Emden, Hinte, Dornum, Großefehn und in Krummhörn (420 Prozent).

Emden hat überdies einen Sondereffekt: Die meisten Gewerbesteuern bezahlt Volkswagen. Die Kasse klingelt, wenn es Volkswagen gut geht. Doch seit dem Dieselskandal sind die rosigen Zeiten vorbei. Es geht auf und ab. Das alte Sprichwort gilt noch immer: Wenn VW hustet, hat Niedersachsen Grippe. Und in Ostfriesland kommen noch Gliederschmerzen, Schwindel und Kreislaufschwäche dazu.