Streit um die Bildungslandschaft in der Krummhörn
Elternvertreterin Melanie Blum aus Loquard äußerte Kritik und Unverständnis. Foto: Nicole Frischlich
Krummhörn Die Sitzung des Bildungs-, Sport- und Kulturausschusses der Gemeinde Krummhörn am Mittwochabend hat die Diskussion um die künftige Bildungs- und Betreuungslandschaft der Region erneut angeheizt. Mit dem Tagesordnungspunkt 13 stand ein besonders brisantes Thema auf der Agenda: die geplante Schließung der Grundschulen in Loquard und Greetsiel zugunsten eines Ausbaus der Kita-Infrastruktur. Die Debatte offenbarte tiefgreifende Differenzen zwischen den Beteiligten, die von praktischen Sorgen bis hin zu grundsätzlichen Fragen des Vertrauens in die Gemeindepolitik reichten.
Ein Ratsbeschluss mit weitreichenden Folgen
Die Grundlage für die geplante Umstrukturierung bildet ein Ratsbeschluss vom 6. Juli 2023, der eine zukunftsorientierte und standortbasierte Neuausrichtung der Kita- und Grundschullandschaft vorsieht. Mit Unterstützung des Beratungsunternehmens BiRegio wurde ein umfassendes Konzept entwickelt, das insbesondere auf den dringenden Bedarf an Ganztagsbetreuungsplätzen reagiert.
Nach den Plänen sollen ab dem Schuljahr 2026/27 keine Kinder mehr an den Grundschulen in Loquard und Greetsiel eingeschult werden. Stattdessen werden sie auf die verbleibenden Grundschulen in Jennelt und Pewsum verteilt. Bereits 2027/28 sollen die letzten Jahrgänge umgesiedelt werden, womit die beiden Standorte endgültig als Grundschulen geschlossen werden. Die frei werdenden Gebäude werden anschließend in Kindertagesstätten umgewandelt, um den akuten Platzmangel zu beheben.
Der Ausbau der Kita-Landschaft
„Mit dem Beginn des neuen Kindergartenjahres hat sich die Lage in der frühkindlichen Betreuung dramatisch verschärft“, erklärte Bürgermeisterin Hilke Looden (parteilos). „Wir müssen Prioritäten setzen, und derzeit hat der Ausbau der Kitas Vorrang.“ Die Umbauarbeiten an den Grundschulen in Loquard und Jennelt zu Kindertagesstätten sollen bereits im Jahr 2026 beginnen, wobei der Baustart für November 2027 geplant ist. Ziel ist es, bis 2028 eine bedarfsgerechte Betreuung zu gewährleisten.
Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen sollen die verbleibenden Grundschulen umfassend modernisiert werden. Besonders die Grundschule Pewsum steht dabei im Fokus, da sie bereits jetzt Kapazitätsprobleme hat und sanierungsbedürftig ist. Ein Erweiterungsbau für Jennelt wird ebenfalls geprüft.
Eltern und Schulleiter äußern Bedenken
Die Pläne stoßen insbesondere bei Eltern und Schulleitungen der betroffenen Grundschulen auf heftige Kritik. Melanie Blum, eine Vertreterin der Elternschaft in Loquard, zeigte sich enttäuscht über die Prioritätensetzung: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum funktionierende Schulen zu Kitas umgebaut werden sollen, während unsere Kinder in sanierungsbedürftigen Gebäuden unterrichtet werden. Das Vertrauen der Bürger in die Gemeindepolitik schwindet.“
Auch die Schulleiterin der Grundschule Loquard, Heidi Smidt, äußerte sich kritisch. Sie bemängelte die mangelnde Transparenz im Entscheidungsprozess: „Dass der Standort Loquard geschlossen werden soll, habe ich aus der Zeitung erfahren. Anfänglich war lediglich von einem Neubau oder einer Sanierung der Grundschule Jennelt die Rede. Die jetzt getroffenen Entscheidungen haben die Beteiligten vor vollendete Tatsachen gestellt.“
Herausforderungenund Forderungen
Neben den politischen und emotionalen Aspekten wurden auch praktische Herausforderungen thematisiert. Der Schulleiter der Grundschule Jennelt, Hauke Pieper, wies auf den dringenden Bedarf an Instandhaltungsmaßnahmen hin: „Unabhängig von den langfristigen Plänen müssen wir bereits jetzt investieren. Fenster, Böden und Mobiliar sind in einem schlechten Zustand.“
Auch der Platzmangel am Standort Pewsum wurde angesprochen. Die Mensa der Grundschule Pewsum sei bereits jetzt überfüllt. „Wir brauchen dringend zusätzliche Räume, um die wachsende Zahl an Schülern angemessen unterbringen zu können“, kritisierte Schulleiter Thomas Ukena und fügte hinzu: „Zudem fehlen essenzielle Räume wie beispielsweise ein Erste-Hilfe-Raum.“
Verwaltung verteidigt Priorisierung
Bürgermeisterin Hilke Looden verteidigte die geplante Reihenfolge der Maßnahmen: „Die bauliche Substanz der Grundschulen in Loquard und Greetsiel ist gut, weshalb wir sie zu Kindertagesstätten umfunktionieren können. Die verbleibenden Grundschulen können ohne Gefahr mehr Kinder aufnehmen, auch wenn sie in Teilen sanierungsbedürftig sind.“ Gleichzeitig stellte sie klar, dass dringende Reparaturen bei den Schulen selbstverständlich kurzfristig umgesetzt würden.
Politische Uneinigkeit im Rat
Während die SPD die Pläne als „vernünftige Grundlage“ bezeichnete, äußerten andere Ratsmitglieder Skepsis. Ralf Ludwig von der SWK kritisierte den Zeitplan scharf: „Es entspricht nicht dem, was der Rat damals beschlossen hat. Wenn wir erst 2027 beginnen und die Maßnahmen 2029 abschließen, wird die dringend benötigte Sanierung der Grundschulen immer weiter hinausgezögert.“
Dennoch wurde die Beschlussvorlage am Mittwochabend mit drei Gegenstimmen angenommen und wird bei der nächsten Gemeinderatssitzung erneut auf dem Tisch liegen.
Die Diskussion um die Zukunft der Kita- und Bildungslandschaft in der Krummhörn bleibt also komplex und polarisiert die Beteiligten. Mit dem geplanten Baustart 2027 bleibt die Gemeinde vorerst auf einem Kurs, der nicht alle Bürger überzeugen konnte.