Knapp 4000 VW-Beschäftigte streiken vor dem Emder Werk

Von Stefan Bergmann, Till Oliver Becker, Hauke Eilers-Buchtamit Material von dpa

Feuertonnen, Flaggen und ein wichtiger Funktionär: Wie an allen anderen VW-Werken bundesweit streiken die VW-Beschäftigten auch in Emden. Sie haben den Haupteingang blockiert und den inneren VW-Kreisel.

Tausende VW‘ler zogen zum Warnstreik.

Emden Tausende VW-Mitarbeitende blockieren seit etwa 9.30 Uhr den Zugang zum Emder Werk im Larrelter Polder. Nach Auslaufen der Friedenspflicht in der Nacht zu Sonntag lässt die IG Metall jetzt die Muskeln spielen und zeigt, dass sie durchaus noch Streiks organisieren kann - laut Gewerkschaftsangaben sind etwa 4000 Menschen vor Ort. Nach und nach kommen immer mehr Menschen zusammen, Schätzungen gehen bereits über 4000 Teilnehmer hinaus.

Die Emder Beschäftigten sind besonders sauer und auch in Angst, das kann man auch auf den Plakaten und Fahnen ablesen. Das Emder Werk steht unbestätigten Gerüchten zufolge auf einer internen „Streichliste“ des VW-Konzern - den milliardenschweren Investitionen ins Werk zur Umrüstung auf die Produktion von E-Autos zum Trotz.

Emder Oberbürgermeister streikt mitUnter den Streikenden befindet sich auch Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff, den die IG Metall zu dem Streik eingeladen hat. Kruithoff will mit der Teilnahme seine Solidarität mit den Beschäftigten zeigen, zumal ein Schließen oder auch nur Herunterfahren des Emder VW-Werks unmittelbare Auswirkungen auf die Seehafenstadt habe.

Gewerkschaftschef Daniel Friedrich schwört die Belegschaft auf Kampf ein„Wir sagen Nein zu diesen Plänen, wir wollen Zukunft!“: Daniel Friedrich, Chef der mächtigen IG Metall Küste, lehnt Lösungen „auf dem Rücken der Beschäftigten“ pauschal ab. Im Gegenteil, er schwört die Volkswagen-Mitarbeiter auf Kampf ein und stimmt an: „Hurra, Hurra, die Emder sind da!“ Er kritisiert massiv, dass Volkswagen Pläne von Personalabbau und sogar Werksschließungen noch unmittelbar vor den anstehenden Tarifverhandlungen kommuniziert hat. Abschließend fordert er das Management auf: „Nehmen Sie diese Pläne vom Tisch, sonst brennt Weihnachten nicht nur der Baum, sonst brennt jedes einzelne VW-Werk!“ Da fördert jemand die großen und klarsten Worte aus seinem Repertoire zutage.

Die Stimmung unter den Streikenden ist motiviert und entschlossen, man ist bereit für einen großen Arbeitskampf. Miteinander reden? Das ist mittlerweile schwer vorstellbar, dazu wurde zu viel Porzellan zerdeppert, zu weit liegen die Positionen noch auseinander.

Emder Stimmen auf der Bühne

Jetzt ist Franka Helmerichs auf der Bühne und wendet sich an die VW-Mitarbeiter. Die Emder Gewerkschaftsbevollmächtigte betont, dass derzeit in ganz Deutschland die Bänder bei Volkswagen stillstünden. Das erinnert ein wenig an alte Zeiten: „Alle Räder stehen still...“ Auch Helmerichs ist in Kampfstimmung. Auf sie folgt der lokale VW-Betriebsratsvorsitzende Manfred Wulff. Ihm ist es wichtig klarzustellen, dass man immer die angebotenen Flächenverträge angenommen habe, also nix mit „Taschen vollmachen“. Und ein großer Arbeitskampf? „Wir wollen nicht, dass es eskaliert. Aber notfalls sind wir dazu bereit.“ Und: Man stehe nicht allein in Emden, alle zehn Standorte stünden zusammen. Wulff: „Wir sind die Mauer in Ostfriesland!“

Das ist die Position von VW

In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120 000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen mehr als 10 000 Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde. Die IG Metall war mit ihrem Konzept für Einsparungen in der vergangenen Woche gescheitert. „Zwar können sich kurzfristig auch positive Effekte ergeben, jedoch führen die genannten Maßnahmen überwiegend zu keiner finanziellen nachhaltigen Entlastung des Unternehmens in den kommenden Jahren“, hatte der Konzern mitgeteilt.

VW lehnt weiterhin jede Lohnerhöhung ab

VW lehnt bisher jede Erhöhung ab und fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns stattdessen zehn Prozent Lohnkürzung. Auch Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen im Raum. Am 9. Dezember treffen sich beide Seiten zur nächsten Tarifrunde.

Zu möglichen Ausfällen in der Produktion machte Volkswagen zunächst keine Angaben. Man wolle die Auswirkungen so gering wie möglich halten, sagte ein Sprecher. „Deswegen hat das Unternehmen bereits im Vorfeld gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellen.“ Das Unternehmen setze weiterhin auf den konstruktiven Dialog mit der Arbeitnehmerseite, um eine nachhaltige und gemeinsam getragene Lösung zu erreichen.

Gegen 11.30 Uhr war die Demonstration beendet, um 12 Uhr müssen die Streikenden wieder an die Arbeit gehen. Helmerichs schätzt, dass es letztlich um die 4000 Demonstranten waren, die sich in Emden beteiligt haben. Für die Spät- und Nachtschicht gibt es ebenfalls noch Planungen: Zwar soll es keine weiteren Demonstrationen an diesem Montag geben, doch die Mitarbeitenden sollen früher aus ihren Schichten geholt werden.