UGN Norden: Mit viel Musik gegen Mobbing an Grundschulen

Von Merlin Klinke

Zum Abschluss wird das Musikstück „Namene“ vom Polizeiorchester Niedersachsen präsentiert

UGN Norden: Mit viel Musik gegen Mobbing an Grundschulen

Das Polizeiorchester Niedersachsen präsentiert den Schülern die musikalische Geschichte „Namene“. Foto: Verena Pfaff

Norden Mobbing unter Kindern – ein ernstes Thema, das oft bereits im Grundschulalter beginnt. Äußerungen von Kindern, die für einige harmlos erscheinen mögen, können andere tief verletzen. Um frühzeitig zu intervenieren und präventiv zu handeln, startet die Polizeipuppenbühne Ostfriesland, mit Polizeioberkommissar Oliver Thiele an der Spitze, in Kooperation mit dem Polizeiorchester Niedersachsen regelmäßig einen speziellen Workshop für Grundschüler. In Norden haben in den vergangenen zwei Wochen die dritten und vierten Klassen der Grundschulen Im Spiet, Lintel und Wiesenweg teilgenommen. Ziel ist es, den Kindern die Bedeutung und Auswirkungen von Mobbing nahezubringen und ihnen konkrete Lösungsansätze aufzuzeigen. So sollen sie lernen, respektvoll miteinander umzugehen, damit jeder Schultag ohne Tränen endet.

In der Musikgeschichte geht es um Namene. Namene ist in Deutschland geboren und besucht die vierte Klasse, ihre Eltern kommen aus Afrika. Aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe und ihrer kulturellen Herkunft wird sie von einigen Mitschülern ausgegrenzt und beleidigt. Dies auch wegen ihrer afrikanischen Halskette, an der sich die drei Symbole Nserewa, Tekyerema Nase und Donno Ntoaso befinden. In der großen Pause kommt es in ihrer Schule zu einer Auseinandersetzung: Namene wird dabei verletzt. Gegen ihren Willen werden Handyfotos gemacht, die später im Internet auftauchen. Namene und ihre Eltern gehen auf ganz eigene Weise mit diesem Problem um. Bei einem Familienfest lernen die an dem Geschehen beteiligten Mitschüler nicht nur die Kultur kennen, sondern erfahren auch etwas über die Bedeutung der Symbole an Namenes Halskette.

„Für die Kinder ist es nur ‚ärgern‘“, sagt Thiele. Daher sei es wichtig, den Schülern zu Beginn ein Gefühl für Abstufungen zu geben, an denen sie ihr eigenes Verhalten und das der Mitschüler einschätzen könnten. Denn nicht jeder Spruch oder jede kurze Auseinandersetzung sei ein Mobbingfall. Immer wieder zu sticheln oder jemanden des Öfteren zu schlagen, sei die schlimmere Variante. „Das ist dann schon quälen“, sagt Thiele, „und das mag keiner.“

Im gemeinsamen Rollenspiel gibt er den Kindern Beispiele, wie Mobbing-Situationen aussehen können. Hier nimmt Thiele auch demonstrativ seine Polizeiembleme von der Kleidung und stellt sich als Stefan Meyer vor. Dann müssen die Kinder zeigen, was zu tun ist: Sei es, sich als Gruppe zusammenzuschließen; Courage zu zeigen und zu sagen: „Ich finde das blöd“; oder den Vorfall Lehrern oder Eltern mitteilen.

Dabei habe er schon öfter versteckte Mobbingfälle zwischen den Grundschülern aufdecken können, die die Lehrer nicht kannten oder bei denen selbst die Kinder nicht wussten, dass sie sich problematisch verhalten. So berichtet er von einem Grundschüler, der immer als dick bezeichnet wurde und irgendwann keine Geduld mehr hatte. Die Lehrer haben ihn dann „beim Hauen“ erwischt. Er bekam Ärger, obwohl er in der Kette nicht der Auslöser war. Und dem beleidigenden Mitschüler sei erst in dem Moment aufgefallen: „Ach, darum haust du mich immer“, wie Thiele berichtet. Das zeige aber auch, wie schnell aus dem Opfer ein Täter werden kann, wenn dieses keine andere Möglichkeit sieht.

Auch Cybermobbing spielt bereits eine Rolle bei den Grundschülern: „70 bis 90 Prozent der Viertklässler haben ein Smartphone“ und damit Zugriff auf diverse Chatprogramme. Mit diesen ist die Verbreitung von Bildern und Videos aller Art kein Problem mehr und wird nur von wenigen Eltern eingeschränkt. Wenn Thiele die Kinder fragt, ob sie schon einmal etwas Negatives online erlebt haben, melden sich in der Regel alle. Beleidigungen und Bedrohungen seien da leider fast normal.

Umso wichtiger ist es, möglichst früh für Aufklärung zu sorgen. Auch bei den Eltern. Denn diese wissen oftmals nicht, wie sie richtig reagieren sollen, oder wollen nicht ausreichend mit ihrem Kind über das Thema sprechen. Mit einem Spiele- oder Internetverbot würde man nur das Kind bestrafen für etwas, an dem es keine Schuld hat, und dafür sorgen, dass es zukünftig nicht mehr mit Problemen zu den Eltern kommt, so Thiele.