Vier Jahre Haft für Datendiebstahl und Betrug
Für vier Jahre muss ein Wittmunder nach dem Urteil des Auricher Landgerichts ins Gefängnis.Foto: Ute Bruns
Wittmund/Aurich Vier Jahre Freiheitsstrafe sprach das Landgericht Aurich gegen einen 52-jährigen Wittmunder aus. Die Strafkammer befand den Angeklagten des Computerbetrugs und Fälschung beweiserheblicher Daten in 144 Fällen sowie des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 108 Fällen für schuldig. Seine ehemalige Freundin erhielt wegen Anstiftung in sieben Fällen sowie Beihilfe zu den Taten ihres Ex-Freundes eine Bewährungsstrafe von acht Monaten. Ihr Urteil wurde durch Zustimmung der 43-jährigen Wittmunderin und des Staatsanwalts bereits rechtskräftig.
Beide Angeklagten hatten ein Geständnis abgelegt und man kaufte ihnen ab, dass sie ihr kriminelles Handeln tatsächlich bereuen. Allerdings war die Beweislage auch recht eindeutig. Das lag daran, dass die Polizei den Server eines kriminellen Forums sicherstellte. Während dieses Vorgangs war der Wittmunder eingeloggt, sodass seine Spur von den Cybercrime-Spezialisten schnell verfolgt werden konnte. Der Angeklagte hatte im besagten Forum Adressen und Kontodaten von echten Kunden diverser Internet-Shops für wenig Geld gekauft. Mit diesen Daten bestellte wiederum er selbst Waren unter falscher Identität. Die Waren ließ er an verschiedene Packstationen liefern. Dann verkaufte der Wittmunder die Waren im Internet weiter – wiederum unter Verwendung gestohlener persönlicher Daten.
Seine damalige Freundin bat ihn in sieben Fällen darum, bestimmte Dinge für sie auf diese Weise zu besorgen. Allerdings waren es keine Luxusgüter, die die 43-Jährige begehrte, sondern Sachen, die sie für ihre Kinder brauchte. Beihilfe leistete sie ihm zudem, indem sie ihre beiden Konten für den Eingang der illegal erworbenen Gelder zur Verfügung stellte.
Das Schicksal der Frau bewegte alle im Gerichtssaal. Sie war alleinerziehende Mutter zweier Kinder und bewältigte dabei noch zwei Jobs. Ihr Sohn war schwerstbehindert und starb wenige Tage vor Prozessbeginn. „Sie kommen hierher und stellen sich dem Verfahren, obwohl Sie in der Woche ihr Kind verloren haben. Das hat auch uns bewegt“, sagte Richter Björn Raap. Es war sicherlich auch dem Schicksal dieser Frau, die zuvor nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, geschuldet, dass die Kammer mit ihrem Urteil vier Monate unter dem Antrag des Staatsanwaltes blieb. „Sie sind auf den Zug aufgesprungen“, meinte der Vorsitzende. Als Bewährungsauflage muss die Angeklagte innerhalb von zwei Wochen 17000 Euro an die Staatsanwaltschaft Osnabrück überweisen. Das Geld hatte sie durch Kredite aufgebracht und auf einem Konto ihres Verteidigers deponiert, um den Schaden wiedergutmachen zu können.
Für eine mildere Strafe reichte es bei dem Angeklagten trotz Geständnisses und anderer mildernder Umstände nicht. Der 52-Jährige hatte zur Zeit der Taten, die sich von 2013 bis 2020 hinzogen, ein Alkohol- und Drogenproblem und litt an psychischen Beeinträchtigungen. Vermindert schuldfähig sei er deshalb aber nicht gewesen, befand der psychiatrische Sachverständige Egbert Held. Die Taten hätten vielmehr Vorbereitung, technisches Know-how und durchdachtes Vorgehen verlangt. Außerdem sei er auch noch seiner Arbeit nachgegangen.
Der Verteidiger drängte auf eine mildere Strafe. Man dürfe den Angeklagten, nicht „vernichten“, denn er sei dabei, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Der Wittmunder will sein räumliches Umfeld ändern, hat einen neuen Arbeitsplatz gefunden und konsumiert keine Drogen mehr, so der Anwalt. Der Wittmunder selbst bat in seinem letzten Wort um Entschuldigung und eine milde Strafe – nicht für sich, sondern für die Mitangeklagte.
Den Begriff der „Vernichtung“ des Angeklagten durch das Urteil ließ Richter Raap aber nicht unwidersprochen im Raum stehen. „Wir vernichten keinen Angeklagten, weil wir eine Strafe verhängen, sondern entscheiden, was tat- und schuldangemessen ist. Verantwortlich für eine Strafe ist am Ende der Angeklagte selbst“, stellte der Vorsitzende klar. Denn der Wittmunder hatte sich seinerzeit weder durch eine polizeiliche Hausdurchsuchung noch durch eine einschlägige Verurteilung durch das Amtsgericht Wittmund von weiteren Taten abhalten lassen.